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Lernen mit Familie

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Viele potentielle Teilnehmer wägen ab, ob sie Geld für ihre Weiterbildung oder lieber für die Familie verwenden sollen. Wie können Bildungsheime hier helfen?

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Viele potentielle Teilnehmer wägen ab, ob sie Geld für ihre Weiterbildung oder lieber für die Familie verwenden sollen. Wie können Bildungsheime hier helfen?

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Die Angebote der Bildungsheime umfassen meist ein Wochenende oder noch längere Zeit. Dadurch wird die Teilnahme an Bildungsveranstaltungen in den Heimen erschwert, da sie zeit-und auch kostenintensiv ist. Nun wäre es nicht nur seitens der Heime, sondern vor allem seitens der Gesellschaft wünschenswert, würden mehr Teilnehmer die längerdauernden Bildungsvorhaben der Heime besuchen. Auch die Menschen selber wünschen sich sehr oft, an längeren Bildungsveranstaltungen der Heime teilzunehmen. Aber es scheint die Zeit und oft auch das Geld zu fehlen. Was können Heime, was kann die Gesellschaft tun?

1. Die Heime bieten Veranstaltungen für die ganze Familie an. Entweder sollen beide Eltern und die Kinder, die in eigenen Gruppen betreut werden, kommen, oder die Kinder werden einbezogen (zum Beispiel bei Seminaren über Familienkultur, Fest und Feier, Spiel und so weiter). Die Bildungszeit der Familie wirkt dann nicht trennend, sondern verbindend.

Es ist aber zu betonen, daß auch eine Bildungszeit, die ein Vater oder eine Mutter von der Familie entfernt verbringt, später wieder fördernd auf die Familie einwirkt, da ja jede/jeder für sich selbst oder eben für das Zusammenleben in Gemeinschaft sich wertvolles aneignet.

Wenn aber beide kommen — etwa zu Partnerschafts- oder Erziehungsfragen, zu Erziehungsseminaren, zu Familienkultur, zu sozialen, politischen oder jedweden anderen Problemen—und sie nehmen die Kinder mit, dann wird das Wochenende, ganz zu schweigen von Wochenveranstaltungen, doch relativ teuer.

2. Die Bildungsheime richten Kinderräume ein, geschulte Betreuerinnen spielen mit ihnen, stärken ihre Kreativität. Manche Heime sind noch aus finanziellen Gründen zu wenig darauf eingerichtet. Auch die Betreuerinnen müssen bezahlt werden—was den Aufenthalt für die Eltern wiederum verteuert.

3. Die Heime geben für Famüien Ermäßigungen. Das tun fast alle Heime sowieso bei den sogenannten hauseigenen Kursen, besonders bei Familienseminaren.

Sonst wäre es gar nicht möglich, daß alle Bevölkerungsschichten in ein Bildungshaus kommen können — die Selbstkosten wären für viele zu hoch.

Das heißt aber, daß der Träger des Heimes, meist eine Diözese, das Defizit tragen muß. Das kann wiederum nicht in zu hohem Ausmaß verlangt werden..Eigentlich müßte auch die Gesellschaft daran interessiert sein, daß sich möglichst viele Menschen personal, sozial, kulturell weiterbilden. Man sollte es ihnen durch wirklich spürbare Subventionen ermöglichen, dies auch zu tun (ähnlich den Beiträgen einiger deutscher Bundesländer. Niederösterreich hat auch schon einen Anfang gemacht, indem es Familienbildungsveranstaltungen gesondert fördert).

4. Eine besonders dringende Hilfe für alle wäre die Einführung des sogenannten Bildungsurlau-bes, wie er in einigen deutschen Bundesländern bereits gehandhabt wird. Dabei wird dem Arbeitnehmer garantiert, daß er pro Jahr zwei bis drei Tage zusätzlich zu seinem Gebührenurlaub für die Teilnahme an Bildungsveranstaltungen frei bekommt. Dies ist außerdem eine alte Forderung vieler katholischer Institutionen.

Auch das Unterrichtsministerium hat sich mit den Erwachsenenbildungsverbänden Österreichs schon vor zehn Jahren intensiv mit diesem Problem auseinandergesetzt. Da hatte Sozialminister Alfred Dallinger versprochen, als eine der nächsten sozialpolitischen Maßnahmen den Bildungsurlaub zu verwirklichen. Seither ging nichts mehr weiter. Es wurde wohl eine fünfte Urlaubswoche eingeführt, man verhandelt mit Erfolg über die Reduzierung der Wochenarbeitsstunden. Bildungsurlaub wird nicht mehr erwähnt. Obwohl er einen Anreiz gäbe, Bildungsveranstaltungen zu besuchen.

Natürlich weiß man, wenn man Bildungsurlaub gewährt, müßte erstens der Arbeitgeber die Zeit und der Staat einen Großteil der anfallenden Kosten bezahlen. Man brauchte nur statt der Reduzierung der Wochenarbeitszeit auf 38,5 Stunden eine halbe Wochenstunde weniger geben und man hätte zeitmäßig die drei Tage pro Jahr bereits eingebracht.

Auch das finanzielle Argument ist nicht wirklich stichhaltig. Denn Bildung amortisiert sich innerhalb kurzer Zeit, auch für die Gesellschaft, nicht nur für den einzelnen. Diese Ausgaben kommen materiell und immateriell bald wieder herein.

Dies aber nur dann, wenn wirklich alle sozialbezogenen Themen auch zu Inhalten der Bildungsurlaubsveranstaltungen gemacht werden können, nicht nur solche der beruflichen Bildung. Denn in der heutigen Gesellschaft muß der einzelne gesamtmenschliche Büdung besitzen, Haltungen, Wissen und Können, die ihn befähigen, sich auch für die Gesellschaft und ihr gutes Gedeihen einzusetzen. Auch in seinem persönlichen Leben ist ständige Weiterbildung bedeutsam, damit er die sich stets wandelnden Voraussetzungen seines Lebens positiv bewältigen kann.

Auch die Wirtschaft hat große Vorteile von Menschen, die in ihrem privaten Leben, zum Beispiel in ihrer Ehe und Familie, geborgen und angenommen sind, die nicht ständig ihre privaten Probleme auch in den Beruf mitschleppen müssen.

Gerade die Bildungsheime könnten bei einem Bildungsurlaub, bei dem pro Jahr zwei bis drei Tage für Bildung freigegeben werden, Wochenseminare anbieten, die dann auch für den einzelnen erschwinglich und für die Familie tragbar wären, vor allem dann, wenn die ganze Familie mit dabei sein könnte.

Vielleicht setzt sich doch auch bei den Politikern und den Wirtschaftern langsam die Erkenntnis durch, daß Lebensqualität nicht nur von der Geldmenge abhängt, sondern auch von der Qualität der. Persönlichkeit, die zu stärken und zu entfalten eine wesentliche Aufgabe auch der“ Erwachsenenbildung ist.........

Der Autor ist Direktor des Büdungshauses St. Hippolyt in St. Pölten.

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