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Licht auf eine Epoche

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Der Titel, den Linda — der wahrscheinliche Mitautor der Königin-hofer Handschrift — seinem Roman über die Zeit des hl. Wenzel gegeben hat, würde wohl auch für das Werk passen, das Professor Zagiba dem Zeitabschnitt bis zum Entstehen der kirchenslawischen Literatur widmet. Über die Umstände, unter denen die heiligen Cyrill und Method ihr Lebenswerk geschaffen haben, ist in den letzten Jahrzehnten viel erforscht worden; von der Auffassung des vergangenen Jahrhunderts mußte man vieles korrigieren. Damals bestand unter chauvinistischen Historikern deutscher und slawischer Sprache sozusagen eine stillschweigende Verschwörung, dasselbe, und zwar falsche Bild jener Urzeiten zu verbreiten. Slawische Autoren brachten rührende Schilderungen, wie erst die heiligen Brüder für das Christentum Verständnis fanden — denn erst sangen sie Gottes Lob in der angestammten Sprache, wie es ein schönes Kirchenlied aus der Zeit unserer Urgroßväter ausdrückt; deutsche Missionare hatten nur deutsch gepredigt, etwa wie die Lehrer der k. k. josephinischen Hauptschulen. Und deutsche Autoren gaben dieser Schilderung recht und stimmten mit begeisterten Freudensprüngen mit ein; jawohl, so war es, deutsche Herrenmenschen hatten mit dem Schwert deutschem Volkstum (und christlicher Gesittung) neuen Lebensraum im Ostland geschaffen. Eine deutsche Autorität in Sachen Mittelalter war ja Felix Dahn, von dem die Verse stammen, die so mancher Turner las:

„Und seither ist es Germanenrecht, mit dem Hammer Land zu erwerben; wir sind des Hammergottes Geschlecht und wollen sein Weltreich erben...“

Der Hammergott war freilich Thor; die Deutschen des 9. Jahrhunderts aber bekannten sich zu Jesus Christus, und verstanden ihre Aufgabe nicht ganz so. Gewiß, die verschiedenen Markgrafen in den Dstmarken waren keine Philanthropen — aber da war auch die Geistlichkeit. Der Typ des ungeweihten, vexweiuiuucu ruisiuiauiuis, au naufig vor der Reformation, wich damals zurück vor dem Typ des Mönchsbischofs und Missionsbischofs; die schufen die Kathedralen, welche die Renaissancefürsten ruinierten. Sie schufen vor allem slawische Texte: Gebete, Predigten, Beichtsprüche, und kurz, sie bereiteten den Boden für die Glaubensboten aus Thessalo-nike. All diese Entwicklung schildert Prof. Zagiba, dem seine Preßburger

Schulung dabei wohl zustatten kommt; und im Kreis katholischer Geschichtsfreunde wird sein Werk hoffentlich den verdienten Anklang finden.

DAS GEISTESLEBEN DER SLA-

WEN IM FRÜHEN MITTELALTER. Die Anfänge des slawischen Schrifttums auf dem Gebiet des östlichen Mitteleuropa vom 8. bis 10. Jahrhundert. Von Franz Zagib a. Annales Instituti Slavici, Bd. 7. Verlag Böhl-au, Wien, 1971. 228 Seiten, 12 Tafeln.

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