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Motorisierte Banden und Rassismus

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Mit dem Wort „Raggare“ bezeichnet rungen von Cafės und Gaststätten (am man in Schweden jene jungen Leute, liebsten solcher, die von alleinstehen- denen der zwei- oder vierrädrige moto- den Frauen oder älteren Leuten geleitet risierte Untersatz zum Inbegriff unbe- werden), dann war man noch geneigt, gjrenzter Möglichkeiten der Bewe- diese Exzesse als einen Ausdruck ju- gungsfreiheit, der Handlungsfreiheit gendlichen Übermutes, der Tatenlust und auch der Machtausübung gewor- oder gar nur der Langeweile zu deuten, den ist. Treten die Anhänger dieser Geschehen ist nach jedem derartigen benzin- und abgasduftenden Heils- Überfall jedenfalls nichts. Jene Bürger lehre in geschlossenen Kolonnen auf, so einer stillen Stockholmer Vorstadt, die werden sie zu einer Plage für die Mit- sich zu einer freiwilligen Bürgerwehr menschenund-inextremenFällen-zu mit regelmäßigen nächtlichen Pa- Terroristen ärgster Sorte. Die für die trouillengängen zusammengeschlossen Aufrechterhaltung der Ordnung im hatten, wurden auch von angesehenen Lande zuständigen Behörden-Polizei, Zeitungen wegen ihrer „Eigenmäch- Innenministerium, Gerichte und auch tigkeit“ und ihrer „Anmassung von Po- die Regierung - haben bisher gegen- lizeigewalt“ kritisiert. Die „Raggare“ über den Auftritten dieser motorisier- plünderten, mißhandelten und vanda- ten Banden eine Nachgiebigkeit und lisierten munter weiter, mitunter unter eine Geduld gezeigt, die unbegreiflich den Augen einer ohnmächtigen Polizei, ist, wenn man die Schwere der Über- die, hoffnungslos unterlegen, es auch in griffe in Betracht zieht, die sich diese lebensgefährlichen Situationen nicht auf Ąbwege geratenen Kinder der wagen durfte, von der Schußwaffe Ge- Wohlstandsgesellschaft zu Schulden brauch zu machen. Es gibt viele Mutkommen lassen. maßungen über die Gründe für die

Handelte es sich „nur“ um Plünde- Passivität verantwortlicher Instanzen,

gare mit blutigen Köpfen in die Krankenhäuser geschickt hätten. Zahlreiche Zeitungen des Auslandes, verschiedene auch solche recht beunruhigender Rundfunkstationen und das Fernsehen Art… berichteten darüber, und der Vertreter

Es mußte zu Vorfällen kommen, die der USA in den Vereinten Nationen be- intemationales Aufsehen erregten, be- zeichnete Schweden als ein Land, das vor man in Regierungskreisen bemerk- auf dem Weg zu einem Rassismus übel- te, daß hier wirklich ein innerpoliti- ster Sorte sei. Tief betroffen und beun- sches Ordnungsproblem großen Aus- ruhigt über die Entwicklung, erklärte maßes entstanden war. Kurz nachein- auch der Leiter des schwedischen Amander kam es in einer Reihe von schwe- tes für die Einwanderung, Botschafter dischen Städten zu Raggare-Überfäl- Kjell Oberg, daß er diese Zusammen- len auf ethnische Minderheiten. In Bor- Stöße seit langem befürchtet habe, da länge bei Falun, Lulea, in Malmö und von zuständiger Stelle, trotz mancher- inSödertäljebei Stockholm sah sich die lei Warnungen, nichts geschehen sei, Polizei außerstande, schwere Zusam- um ihnen vorzubeugen, menstöße zu verhindern. In Malmö war Es soll auch gar nicht verschwiegen ein vorwiegend von Zigeunern be- werden, daß Schweden durch lange wohntes Stadtviertel das Ziel der An- Zeit der illegalen Einwanderung gro- griffe, die bis zu einer Terrorisierung ßer Gruppen von Kurden keinen wirk- auch der schwedischen Bewohner gin- samen Riegel vorgeschoben hat. Die gen. In allen anderen Städten waren es vom damaligen neuernannten Minikurdische Einwanderer, die niederge- ster für Einwanderungsfragen, Per schlagen wurden. Vielleicht wäre auch Ahlmark, verfügte Aufenthaltsgeneh- das noch nicht über die Grenzen migung für 2000 ohne Visum in das Schwedens hinaus bekanntgeworden, Land gekommene Kurden hat einen wenn sich nicht diese Gruppen zur Ge- Strom von neuen illegalen Einwandegenwehr gesetzt und auch einige Rag- fern ins Land gelockt, der von einer gut funktionierenden Organisation vor allem nach Södertälje gelenkt wird, das damit ein Einwanderungsproblem ungeahnten Ausmaßes an den Hals bekommen hat. Viele dieser Kurden hatten bis zu ihrer Ankunft in Schweden nicht einmal gewußt, daß es dieses Land gibt. Nach den schwedischen Einwanderungsbestimmungen kann die Polizei unerwünschte Emmigran- ten nur unmittelbar nach ihrem Grenzübertritt wieder des Landes verweisen, gelingt es dagegen diesen Leuten, sich einige Tage verborgen zu halten, dann muß ihr Fall vom Einwandererwerk geprüft werden, mit all der Verzögerung und den Kosten, die das mit sich bringt.

Alarmierend ist auch, daß nun anscheinend auch die kleine schwedische (nationalsozialistische) gordische Reichspartei“ sich in die Aktionen der Raggare gegen ausländische Minderheiten eingeschaltet hat. ,Versehen mit Hieb- und Stichwaffen, wachsen hier Gruppen von Terroristen heran, deren Erscheinen zu tiefer Sorge Anlaß geben muß!

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