7016018-1988_26_15.jpg
Digital In Arbeit

Neue Technik im Dienst der Kunst

Werbung
Werbung
Werbung

Als man nach der Französischen Revolution allmählich begann, die Kunstschätze in Museen zu sammeln und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, entstanden unzählige Probleme: es galt, die Erhaltung und Restaurierung zu ermöglichen und die Echtheit der Kunstwerke zu'beweisen.

Diese Probleme zu lösen wurde zu einer wichtigen Aufgabe, und zwar vor allem wegen der Seltenheit der echten Werke, die zum Großteil durch Ikonoklasmus, Kriege und Revolutionen zerstört worden waren. Das, was heute übrigbleibt, ist nur ein kleiner Teü des riesigen Kunstschatzes, der seit der Antike bis in unsere Zeit von der Menschheit geschaffen worden ist, und muß als Humus unserer gemeinsamen Kultur aufbewahrt und erhalten werden. Die Verteidigung dieser Werke gegen Verschmutzung und Verfälschung ist zugleich Verteidigung der kulturellen Ursprünge unserer Zivüisation.

Um die Echtheit und den Konservierungszustand eines Werkes feststellen zu können, um dann die bestmögliche Restaurierung an der richtigen Stelle vorzunehmen, verwendet man heute die sogenannte zerstörungsfreie Prüfung, das heißt, man kann den Kunstgegenstand mit modernsten Techniken behandeln, ohne ihn in irgendeiner Weise beschädigen zu müssen. Dieselben Methoden werden in der Flugzeugindustrie, in der Marine und bei Raumschiffen—um nur einige der vielen Anwendungsbereiche aufzuzählen — angewandt. Der Flügel eines Flugzeuges oder eine Schiffsschraube können nur mittels zerstörungsfreier Prüfung kontrolliert werden, da die Entnahme auch nur kleinster Teü-chen das Objekt und seine Funktion beeinträchtigen würde.

Heute stehen diese modernen Techniken auch im Dienste der Kunstwerke. Neuigkeiten und Fortschritte auf diesem Gebiet und dem der Untersuchung der Verschmutzung und deren Einflüssen auf im Freien stehende Monumente sind auf der Zweiten Internationalen Konferenz über zerstörungsfreie Prüfung bei Kunstwerken kürzlich in Perugia besprochen worden. Organisatoren dieser Konferenz waren sowohl das staatliche zentrale Restaurierungsinstitut Italiens und für dieses Maurizio Marabelli als auch die private italienische Gesellschaft für zerstörungsfreie Prüfung und für diese ihr Präsident Giuseppe Nardoni.

Vor einem Publikum aus Kunsthistorikern, Archäologen, Restauratoren, Studenten und Industriellen aus 32 Ländern wurden in 104 Referaten die Probleme beleuchtet.

Man sprach über Röntgenogra-phie, die den inneren Zustand von Gemälden und eventuelle Ausbesserungen oder sich darunter befindliche Bemalungen erkennen lassen. Anhand dieser Methode konnten Fälschungen von Bildern Van Goghs festgestellt werden.

Man berichtete über Neuigkeiten im Bereich der Endoskopie, die zur Restaurierung der Akro-polis in Athen dient. Dieselbe Technik wurde bereits von Maurizio Marabelli bei den berühmten aus dem 6. Jahrhundert v. Chr. stammenden Bronzestatuen von Riace angewendet, die vor wenigen Jahren von Unterwasserfischern im Meer von Kalabrien gefunden worden waren. Die Reiterstatue Marc Aurels, die bis vor kurzem auf dem von Michelangelo entworfenen Platz des Kapitols in Rom gestanden ist, wird gegenwärtig mit Hüfe einer neuen chemisch-physikalischen Methode zur Messung der Aggressivität der städtischen Luftatmosphäre restauriert.

Ein Referat illustrierte die im Museum von Berlin mit einem elektronischen Mikroskop entdeckten Fälschungen von etruski-schen Schmuckstücken. Die raffinierten Fälscher des vorigen Jahrhunderts hatten nicht geahnt, daß man ihnen einmal durch zerstörungsfreie Prüfung auf die Schliche kommen würde. Großes Interesse erregte die Beschreibung der Restaurierungsarbeiten an der Freiheitsstatue in New York.

Es gibt auch Neuigkeiten auf dem Gebiet der Verpackungsmethoden, die es ermöglichen, Kunstwerke in alle Welt zu verschicken. Die Hüllen werden mit einem Monitor versehen, der den jeweiligen physikalischen und mechanischen Zustand des transportierten Werkes kontrolliert. Auf diese Weise konnten zum Beispiel die berühmten Pferde von San Marco, die Anfang des 13.

Jahrhunderts während des vierten Kreuzzuges als Kriegsbeute von Konstantinopel nach Venedig gebracht worden waren, unlängst in die USA und nach Mexiko gebracht und dem amerikanischen Publikum präsentiert werden.

So fördern die modernen Techniken im Dienste der Kunstwerke die Verbreitung und Kenntnis der verschiedenen Kulturen in der Welt. Sie sind Instrumente des Friedens. Es ist also kein Zufall, wenn Papst Johannes Paul II. unlängst im Gespräch mit einer Gruppe von Wissenschaftlern sagte: „Eure Arbeit bringt euch oft in verschiedene Teüe der Welt, wo ihr Kontakt mit anderen Menschen aufnehmen und neue und verschiedene Kulturen kennenlernen könnt; wo die Kulturen sich treffen - und dies ist mein Glückwunsch -, trifft der Mensch den Menschen, und es wachsen die Möglichkeiten der Achtung voreinander, des gegenseitigen Verständnisses und der Freundschaft.“

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung