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Österreichische Themen: unbeliebt?

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Jedes Jahr, wenn ich die Frankfurter Buchmesse besuche, leiste ich mir einen makabren Scherz: an einem freien Abend bummle ich durch die Stadt und zähle die Bücher aus österreichischen Verlagen, die sich in den Auslagen der Frankfurter Sortimente befinden. Voriges Jahr fand ich in 28 Auslagen sechs Werke. Vor zwei Jahren waren in 37 Auslagen neun Bücher zu Anden. Und ähnlich war es alle Jahre vorher, wobei ich bemerken darf, daß ich seit 1953 regelmäßig die Messe besuche. Aber ähnlich sieht es nicht nur bei den Frankfurter Buchhandlungen, sondern auch bei den übrigen Sortimenten in Deutschland aus. Nicht einmal dem, Molden-Verlag mit seiner enormen Propaganda ist es gelungen, diese merkwürdige Mauer des Schweigens wesentlich zu durchbrechen. Worauf diese Erscheinung zurückgeht, dies zu ergründen ist mir bisher nicht möglich gewesen. Aber durch diese Tatsache entgeht dem österreichischen Verlagswesen eine entscheidende Propagandamöglichkeit beim deutschen Publikum. Auslieferungsflrmen, die in Deutschland österreichische Verlage vertreten, geben immer die Meinung wieder, daß es furchtbar schwer sei, Bücher mit österreichischen Themen innerhalb des deutsehen Sortiments unterzubringen, österreichische Geschichte, österreichische Kunst und österreichische Literatur stoße weithin auf kein Interesse. Nun ist dies eine Behauptung, die nur teilweise stimmt. Bücher, die sich mit österreichischer Geschichte, Kunstgeschichte oder Literatur befassen, stoßen zwar beim deutschen Sortiment weitgehend auf Ablehnung. Nicht dagegen beim deutschen Publikum. Denn der einen Tatsache steht eine andere gegenüber: österreichische Themen finden weitestgehend Anklang beim deutschen Publikum. Erscheint ein Werk mit einem österreichischen Thema in einem deutschen Verlag, dann geht es meistens glänzend, erscheint es in einem österreichischen Verlag, dann lehnt es das deutsche Sortiment ab. Gerade aus letzter Zeit gibt es hier schlagende Beweise für diese Behauptung: da gab der bekannte Verlag Hoff mann & Campe in Hamburg, innerhalb seiner Reihe „Merian-Hefte“ ein Heft über Oberösterreich heraus. Die „Merian-Hefte“ des Hamburger Verlages haben eine riesige Auflage. Mindestens 240.000 haben diese Hefte abonniert und beziehen sie laufend. Weitere 30.000 werden im Buchhandel abgesetzt. Das „Merian-Heft“ über Oberösterreich ist wunderschön ausgestattet wie alle anderen „Merian-Hefte“. Exquisite Autoren, wie Wiokenburg, Scheibenpflug, Eisenreich, Fussen-egger, Lernet-Holenia, Sotriffer, Plechl, füllen mit ihren Beiträgen das Heft. Aber so gut kann keine Ausstattung sein, und so gut kann kein Autor sein, daß dies den Hoff-mann-&-Campe-Verlag verleiten könnte, ein Heft über Oberösterreich herauszubringen, wenn dasselbe nicht todsicher gehen würde. Ein Beweis, daß auch ein abseits liegendes österreichisches Thema das deutsche Publikum interessiert.

Ein zweites Beispiel: da gab vor kurzem die bekannte Baronin Johanna Herzogenberg, die ein wunderschönes Buch über Prag im Pre-stel-Verlag geschrieben hatte, ein Werk über die Salzachstadt heraus, mit dem Titel, „Einladung nach Salzburg“, erschienen im Verlag Längen-Müller. Es ist ein glänzender Essay, den hier die bekannte Autorin über die Festspielstadt vorlegt, der manchmal nur von zu grellen, farbigen Bildern begleitet ist. Sicher wird dieses Buch auch ein großer Erfolg sein, sonst hätte der bekannte Münchner Verlag, obwohl sein Inhaber Dr. Fleissner, ein Deutschböhme aus Eger, ein großes Faible für Österreich hat, dieses Buch dennoch nicht herausgebracht, wenn es nicht versprochen hätte, ein kaufmännischer Erfolg zu werden.

Ein drittes und letztes Beispiel: Dr. Martin Hürlimann, der bekannte Schweizer Verleger, Autor und Photograph, dem wir schon außerordentlich viele hervorragende Bildbände verdanken, gab auch einen Bildband über Wien heraus, dessen Photos die große Meisterschaft Doktor Hürlimanns verraten und dessen Text nicht minder dazu beiträgt, Wien in seinen Wurzeln zu erkennen und zu erfassen. Dr. Hürlimann ist Schweizer und alle Schweizer sind gute Kaufleute. Er hätte trotz aller persönlichen Vorliebe für Wien, die aus dem Werk spricht, das Buch nicht herausgebracht, wenn es für seinen Verlag ein Mißerfolg hätte werden können.

Drei Beispiele, die verraten, wie sehr das deutsche Publikum sich für österreichische Themen interessiert und wie sehr sich das deutsche Sortiment für solche Themen interessiert, wenn sie in einem deutsehen und nicht in einem österreichischen Verlag erscheinen. Und es ist ein schwacher Trost für österreichische Verleger, daß es ihren Schweizer Kollegen im deutschen Sortiment nicht besser geht.

Merian-Heft: OBERÖSTERREICH AN TRAUN UND ENNS. Verlag Hoffmann und Campe, Hamburg, 116 Seiten Text, viele Abbildungen, teils farbig.

EINLADUNG NACH SALZBURG. Von Johanna von Herzogenberg. Verlag Langen-Müller, München. 196 Seiten, 24 Abbildungen.

WIEN. Von Martin Hürlimann, Atlantis-Verlag, Zürich. 272 Seiten, 154 Abbildungen.

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