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Das gute Jugendbuch

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Die W underhorn-Reihe des Eduard Wancura-Verlages, Wien-Stuttgart, ist um zwei glückliche Neuerscheinungen bereichert worden. „Da s wunderbare Geißleinbuch" von Ina Seidel (96 Seiten) unternimmt das Wagnis, Grimm und Andersen zu „verlängern" —- wem anders dürfte man dieses heikle Unterfangen anvertrauen als der Dichterin Ina Seidel? Es ist gelungen. Es wäre noch besser gelungen, wenn diese Lizenzausgabe noch einige wenige harte deutsche Ausdrücke in unseren südlichen Tonfall eingeschmolzen hätte. —- Die Kärntnerin Maria Messiner-Minini, die schon mit zwei sehr schönen Märchenbüchern für die Kleineren in der Wunderhorn-Reihe vertreten ist, hat diesmal für 12- bis 18jährige Mädchen „D ie alte Truhe" geschrieben (329 Seiten, Preis 54 S). Was diese Chronik aus Urgroßmutters Zeiten so stark erzieherisch macht, ist die saubere gerade Haltung und das Loblied auf Familie und Vorfahren, das unseren jungen Leuten nicht früh genug gesungen werden kann. — „Abenteuer in der Fremde" (Frau und Mutter Verlag. Wien. 148 Seiten. Preis 38.50 S), die Geschichte zweier Kinder und ihres Hundes, hat alle Vorzüge des überaus geschätzten Verfassers Michael Waldegg, wenngleich das Buch mit Begebenheiten etwas verstopft erscheint. Wenig glücklich sind die über 600 (!), jeweils die halbe Seite füllenden Illustrationen, die das Kind vom Lesen ablenken und zudem in ihrem Abziehbilderformat künstlerisch unfertig wirken. Die Gesamtausstattung ähnelt unrühmlichen Vorbildern aus Uebersee. — Bezaubernde Illustrationen dagegen schmücken „Goderich in der Wildnis — Seltsame Geschichten von einem seltsamen heiligen Manne" (von Joseph Bernhart, Buchschmuck und Bilder von Itta Hildebrandt, Verlag Herder, Freiburg, 42 Seiten), die nach alten Quellen sorgfältig gestaltete legendäre Geschichte des Einsiedlers Goderich (gestorben 1170), mit dem der Verlag Herder seine religiösen Jugendbücher um einen wertvollen Band bereichtert hat.

Dr. F. Hermann

Ein ausgezeichneter Gedanke, die erste Entdeckung Amerikas durch die Norweger um das Jahr 1000 zum Gegenstand eines Jugendbuches zu machen! Es wir vielen Kindern als ihr erster historischer Roman lange in Erinnerung bleiben. Ebenso gut geschrieben und gut ausgestattet wie dieses Buch, „G rünes Land im Westen" von Walter M. Ludwig, ist

„Sprung in die Wolken" von Heinz R. Alexander, ein Gegenstück zu dem ersten: Moderne technische Romantik über dem Atlantik. Beide Jugendbücher sind im Verlag Waldheim- Eberle, Wien, erschienen.

Die Verlagsbuchhandlung Julius Breitschopf jun., Wien, legt uns wieder einige sorgfältig und geschmackvoll hergestellte Kinderbücher vor, mit mehrfarbigen hübschen Bildern und netten Versen, „Immer vergnügt" und „Fröhliche Tage" von Buzek, „Peter und Inge suchen das Christkind" und „M ü11er, Müller, Sacker1" von Hoffmann. Sie sind durchaus empfehlenswert. Für die Größeren von ungefähr zehn Jahren eignet sich ausgezeichnet die lustige, abenteuerliche Geschichte „D i e roten Schuhe" von Kaindl, Bilder von Kutzer.

Der 3. Jahrgang von „D er Onkel-Tobias- Kinderkalender" aus dem Aufwärts-Verlag, Berlin-Wannsee, ist ein wirklich reichhaltiges Buch mit köstlichen Geschichten, naturkundlichen Belehrungen. Spielen und Rätseln.

Prof. Dr. Friedrich Wallisch

Schani, der Mistbub. Von Alexander Witesch- nik. Verlag Kremayr & Scheriau, Wien 1953. 173 Seiten.

Die Jugend braucht Bücher, die lebendig und — in jedem Genre — auch spannend geschrieben sind. Dem und der Forderung nach jugendtümlicher, doch nicht primitiver Formung gerecht zu werden, ist besonders in einem Buch, das künstlerischkulturelle Gestalten darstellt, nicht leicht. Alexander Witeschnik ist es in seinem Johann-Strauß- Roman für die Jugend gelungen, das Thema wahrheitsnah, gehaltvoll und dem jugendlichen Denken und Wünschen entsprechend zu gestalten. Das Buch, das von der Jugend Johann Strauß’ junior und dessen Schicksalen bis zu jenem Tag erzählt, an dem er in seinem ersten öffentlichen Konzert mit einem Schlag die Wiener für sich gewann, aber auch vom „alten" Strauß berichtet, atmet wienerische Atmosphäre, gibt ein nettes, keineswegs süßliches Bild von der damaligen Zeit und der Familie des Walzerkönigs. Die Darstellung, in die auch eine kleine Liebesepisode eingebaut ist, hat auch „Gemüt", wie z. B. die liebevoll-sympathische Darstellung der Mutter beweist. Trockene Ueberlieferungstatsachen werden, besonders durch Einkleidung in Gespräche,' belebt.

Dr. Norbert Tschu1ik

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