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Ort der Entfaltung

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Seit zehn Jahren gibt es in Linz, in der Volksgartenstraße 18, das „Haus der Frau”. Es dient ihrer Bildung und personalen Entfaltung und somit einer richtig verstandenen Emanzipation.

Marianne Maier, die das „Haus der Frau” seit 1970 leitet: „Also nicht der kämpferischen Emanzipation gilt unser Bemühen. Wir sehen im Vordergrund die Persönlichkeit und partnerschaftliche Rolle der Frau in der Gesellschaft und befassen uns mit allen Fragen und Problemen der Frau.”

Hier sucht man alle Frauen anzusprechen. Ohne Unterschied der Bildung und der Stellung in der Gesellschaft. Entsprechend umfangreich ist das Angebot der Veranstaltungen. Im Zentrum der Landeshauptstadt, ganz in der Nähe des Volksgartens, treffen sich Industriearbeiterinnen und Akademikerinnen, junge Mütter und Alleinstehende, ältere Frauen, musisch begeisterte Frauen und Hausfrauen, die in einem Kochkurs ihr Können noch verbessern wollen.

Die Idee für die in Österreich bislang einmalige Einrichtung, die heute von jährlich rund 10.000 Frauen besucht wird, hatte die Leitung der Katholischen Frauenbewegung (KFB) der Diözese Linz zu Beginn der Sechzigeijahre. In anderen Bundesländern gab es damals Mütterschulen der KFB, diese hatten aber keine eigenen Häuser. In der Bundesrepublik Deutschland sah man das Beispiel, das man dann in Linz verwirklichte: dort hatten katholische Frauen für ihre Arbeit in der Gesellschaft eigene Bildungsstätten.

Finanzielle Grundlage sind heute neben einer diözesanen Beihilfe in der Hauptsache Mitgliedsbeiträge der in Oberösterreich immerhin 51.000 Frauen umfassenden Katholischen Frauenbewegung, die Kursbeiträge selbst und - heuer erstmals - eine größere Subvention des Landes aus Mitteln der Erwachsenenbil dung. Das Land stellt 1979 erstmals rund 1,1 Millionen Schilling für die kirchliche Erwachsenenbildung bereit, ein Teil kommt im Jubiläumsjahr auch dem „Haus der Frau” zugute.

Marianne Maier über den Schwerpunkt der Arbeit: „Im Vordergrund steht die persönliche Entfaltung der Frau; sie soll ihre Aufgaben in der Familie ebenso bewältigen wie ihre Stellung in der Gesellschaft. Darüber hinaus dient das Haus den verschiedensten Formen der Begegnung. Gespräche sind ebenso wichtig wie die Bildungsvorgänge.

Schließlich dient das ,Haus’ zum Erproben neuer Bildungsmodelle, die dann auf regionaler Ebene ange- boten werden können. So dient es auch jenen Gebieten, die wegen der weiten Entfernung keine direkte Beteiligungsmöglichkeit haben.”

In einem Protokoll über die langfristige Planung der Ziele aus dem Jahre 1976 heißt es: „Die Frau wird nicht isoliert gesehen, sondern auch immer mit jenen, mit denen sie lebt oder eine Aufgabe zu erfüllen hat. Ist es zielführend, werden diese auch miteinander eingeladen. Darüber hinaus ist es offen für jedermann, der sich angesprochen fühlt.” Für die Programmerstellung legte man drei wichtige Punkte fest, an die man sich heute noch hält: ein christliches Menschen- und Gesellschaftsbild zu vermitteln; ein ausgewogenes emanzipiertes Frauenbild zu schaffen; und ein „waches Ohr an der Zeit” zu halten - mit anderen Worten: sich auch mit der jeweiligen Entwicklung in Kirche und Gesellschaft auseinanderzusetzen

Daß das Haus im Jubiläumsjahr wirklich lebt, zeigt auch, daß e$ in nächster Zeit einen Ableger bekommt: in einem Teil des Dominikanerhauses in Steyr wird ein zweites „Haus der Frau” geschaffen.

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