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Recht auf Straflosigkeit?

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Die Versuchung liegt nahe, Informationen über Kindesmißhandlungen zwar mit Schaudern zur Kenntnis zu nehmen, sie gleichzeitig abei als das besondere Problem von Randgruppen abzutun. Wer mißhandelt denn schließlich schon seine Kinder? Gewalttäter oder Säufer vielleicht!

Einigermaßen betroffen aber war ich kürzlich von der Tatsache, daß in mehreren Vorträgen einer Tagung zum Thema Schutz der Kinder vor Mißhandlungen die Rede von gewaltloser Erziehung war. Die gesunde Watsch'n dürfte wahrscheinlich doch nicht so gesund sein.

Heißt das, daß wir alle, oder doch die überwiegende Mehrzahl von uns, unsere Kinder falsch erziehen?

Schweden hat dem Anliegen der gewaltfreien Kindererziehung sogar schon durch Anpassung der Gesetzeslage scheinbar Rechnung getragen. Die Züchtigung von Kindern ist dort von Gesetzes wegen verboten. Sicher, - so wurde erklärt -wolle man nicht mit Mitteln des Strafrechts in die Familien hineinagieren.

Aber Kinder, die sich über ihre Eltern beim Lehrer oder der Kindergärtnerin beschweren wollen, können sich auf eine gesetzliche Bestimmung stützen. Ob das der Weg ist, den auch die österreichische Gesetzgebung beschreiten sollte?

In gewisser Hinsicht muß man, was die Anwendung von Sanktionen in der Kindererziehung anbelangt, zwei Aspekte des Problems sehen.Einerseits wurde mir bei der Beschäftigung mit diesem Thema bewußt, wie leichtfertig ich nur allzu häufig mit Strafen gegen meine Kinder vorgehe.

Wie oft wird doch lautstark argumentiert oder ein Klaps verabreicht, weniger deswegen, weil die Kinder besonders schlimm gewesen wären, sondern vor allem weil ich schlecht aufgelegt oder nervös gewesen bin. Die Nachteiligkeit solchen Verhaltens sollte immer wieder in Erinnerung gerufen werden.

Strafen aber grundsätzlich zu verbieten, ist sicherlich übertrieben. Besonders bedenklich aber ist es, wenn womöglich ein mit Rechtssanktionen versehener Anspruch der Kinder auf eine Erziehung ohne Ohrfeigen institutionalisiert wird.

Sollen Kleinkinder, die von ihren Eltern gewaltsam vor einer Gefahr bewahrt worden sind, diese nun klagen dürfen? Oder sollen Teenager in der Sturm- und Drangphase ihre Eltern wegen einer heftigen Auseinandersetzung vor einer Kommission zur Rechenschaft ziehen dürfen? Ob damit der Eltern-Kind-Beziehung gedient ist?

Man kann eben nicht alle Probleme durch Rechtsnormen lösen. Es kann sogar dem Grundanliegen schaden. Was wir vielmehr brauchen, ist das wachsende Bewußtsein möglichst vieler, daß Erziehung dann die größte Wirkung hat, wenn sie liebevoll ist.

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