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Reiseliteratur

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Für Reisende nach den Balearen hat der Prestel-Verlag in seiner Reihe „Landschaftsbücher“ nun auch einen Band über Mallorca, Menorca und Ibiza herausgebracht. Im Umfang handlich und mit einer brauchbaren Landkarte ausgestattet, widmet si$h dieser Reiseführer vor allem dem Leser, der ein waches, geschichtliches Bewußtsein besitzt. Er wird aufgefordert, über den Ursprung der mysteriösen Steintürme, „Talayots“ und „Taulas“ genannt, nachzudenken und das ungemein abwechslungsreiche Schicksal der Inselvölker durch die Zeiten der Phönizier, Karthager und Römer bis in die kulturelle Blütezeit der arabischen Herrschaft zu verfolgen. Kunst- und Kulturdenkmäler legen von all diesen frühen Perioden Zeugnis ab, und nach jahrhundertelanger Zugehörigkeit zu Spanien haben die Inselbewohner eine Kultur aufbewahrt, die ihr eigen ist und keiner anderen gleicht. Auf Seite 17 ist die „Madonna von Lluch“ abgeoildet, eine Marienfigur in mallorquinischer Tracht, die in ihrer Anmut schwer zu übertreffen ist; allein eine Reise wert ist das auf ihrem Schoß sitzende, einen breitkrempigen Strohhut tragende Jesuskind.

MALLORCA, Menorca, Ibiza, von W. M. H e aly. Ein Führer, nach dem unveröffentlichten englischen Manuskript übersetzt von Klaus Bud- zinski. 504 Seiten mit 4 Färb- und 40 Phototafeln sowie 11 Textillustrationen. Prestel-Verlag, München.

Gründlich belesen in der griechischen Geschichte und Kenner des heutigen Griechenland aus eigener Anschauung, versucht der Verfasser, die zwiespältige und oft wiedersprechende Beurteilung, die das Land in abendländischen Augen findet, und viele Züge seiner neueren Geschichte aus dem Paradox zu erklären, daß man den Griechen einerseits in philhellenischer Verklärung, anderseits mit der dem „Levantiner“ entgegengebrachten Geringschätzung betrachtet, und auch während der neueren Zeit, seit der Befreiung Griechenlands vom türkischen Joch, betrachtet hat. Das eine wie das andere sind Fehlurteile. Wie unheilvoll sich die verständnislose Einmischung des Abendlandes in die griechische Befreiung ausgewirkt bat, da man die Wiedererweckung der ‘alten griechischen Demokratie srwartete, während in Wirklichkeit das nationale und religiöse Bewußtsein des Griechentums von der unter türkischer Herrschaft weiterlebenden byzantinischen Reichs- und Kaisertradition geprägt war, zeigt ein zweites, an viel zuwenig bekannten

Details aus diesem Zeitraum reiches Kapitel (1821 bis 1922). Ein weiteres Kapitel (146 v. Chr. bis 1821 n. Chr.) läßt uns den Weg verfolgen, den das Griechentum unter römischer Herrschaft in dem in vieler Hinsicht römisch konzipierten Byzantinischen Reich (das auch keine antike Polis war) und unter türkischer Herrschaft gegangen ist. Der Vorwurf des Le- vantinertums muß verstummen gegenüber einer Selbstbehauptung, die das griechische Wesen durch die Situation des vom Römer verachteten graeculus, des byzantinischen Reichsuntertanen und des türkischen Ra- jah hindurch beinahe zweitausend Jahre lang bewiesen hat, und das macht es verständlich, daß das Griechentum nicht einfach 1821 an seine (vielfach auch zu ideal gesehene) Frühzeit anknüpfen konnte (die im letzten Kapitel geschildert wird),

wie es das naive Abendland (das den ungen Staat gleichzeitig als politi- :che Schachfigur benützte) von ihm ■rwartet hat. Trotzdem ist das Grie- hentum, durch all diese Bedrohung lindurch, ein Hort persönlichen freiheitsbewußtseins und einer tief nenschlichen Gleichheitsgesinnung ‘eblieben, und das wird im Abend- and oft übersehen. So kommt es zu len üblichen Fehlurteilen über grie- hische Zustände und Haltungen, an leren Entstehung das Abendland oft elbst mitschuldig war.

Natürlich geht es bei einer solchen Übersicht über so riesige Zeiträume md so vielfältige Umstände nicht >hne allzu globale und manchmal1 vidersprechende Urteile ab; aber [er große Durchblick eröffnet den 31ick auf Zusammenhänge, die selten ;esehen und gewürdigt werden, und lötigt, mit der Originalität der neu- Töffneten Gesichtspunkte zu ernst- ichem Nachdenken über Dinge, die riel zuwenig bekannt sind und über lie doch, angesichts der Aktualität lieser Dinge, allzu vorschnell geurteilt wird.

Univ.-Prof. Endre v. Ivdnka

GRIECHENLAND. Ein europäischer kill. Von Lorenz Gyömörty. ‘aul-Zsolnay-Verlag, Wien-Ham- mrg, 1970. Oktav, 355 Seiten.

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