Dieser FURCHE-Text wurde automatisiert gescannt und aufbereitet. Der Inhalt ist von uns digital noch nicht redigiert. Verzeihen Sie etwaige Fehler - wir arbeiten daran.
Römische Zukunftsvisionen
Als der römische Senat dieser Tage das Gesetz „Roma Capitale" („Hauptstadt Rom") verabschiedete, rückte die Geburtsstunde eines Riesenprojektes näher, das seit dreißig Jahren in den Schubladen lag und nun endlich unter dem Manager-Bürgermeister Franco Carraro Wirklichkeit werden soll. Es trägt den komplizierten Namen „Sistema direzionale Orientale" (etwa: nach Osten gerichtetes System - kurz SDO genannt) und soll
vorerst siebenhundert Milliarden Lire kosten, wobei jährliche Aufstockungen vorgesehen sind, die im Lauf der Zeit Tausende von Milliarden Lire für städtebauliche, kulturelle und soziale Projekte ausmachen werden.
Was bedeutet SDO, für den 1988 sogar der japanische Stararchitekt Kenzo Tange nach Rom berufen wurde? Das Projekt sieht eine Verlegung von Ministerien, öffentlichen Einrichtungen und Kasernen in vier, im Osten der Stadt gelegene Gebiete (Pietralata, Tiburtina, Casilino und Centocelle) vor. Auf einer Fläche von 855 Hektar und mit 13 Millionen Kubikmetern verbauten Raumes sollen Gebäude und dazugehörige Straßen errichtet werden. Gleichzeitig ist die Errichtung archäologischer Parks rund um das Forum Romanum und an der Via Appia geplant, sollen Universität, Kongreß- und Ausstellungszentren erweitert werden.
Das ist eine stolze Aufgabe, wenn
man bedenkt, daß dabei der größte und bedeutendste archäologische Park der Welt Wirklichkeit werden soll. Pläne dafür wurden von einem Team von Architekten, Archäologen, Stadt- und Verkehrsplanern ausgearbeitet und in einem Buch veröffentlicht. Denn was nützt es, wenn Monumente wie die Säulen Trajans und des Antonin, der Konstantinbogen oder die Tempel des Hadrian, des Vespasian oder des Saturn, um nur einige zu nennen, die zu den eindrucksvollsten Monumenten der römischen Kunst gehören, sechs Jahre hindurch mit den neuesten, raffiniertesten Techniken restauriert und von dicken
Ablagerungskrusten befreit werden, wenn weiterhin allein über die von Mussolini errichtete Straße zwischen den Kaiserforen sechzigtausend Autos täglich rollen, deren Vibrationen und Auspuffgase ihr Zerstörungswerk fortsetzen.
Diese große Straße soll - so das Projekt - aufgelassen und abgebrochen werden, die Foren des Caesar, des Trajan, des Augustus und der Nerva sollen an die Oberfläche geholt werden. Zwischen diesen Kaiserforen und dem Forum Romanum soll ein Park entstehen, der das historische Zentrum Roms um einen kulturträchtigen Bereich erweitern wird. Der Park soll auch
Besuchern zur Erholung und zur Neuentdeckung der Stadtgeschichte dienen. Der Velia-Flügel soll beispielsweise wiedererrichtet und in ihm das Museum der Foren angelegt werden. Auch der Luxus des Spazierengehens soll in der Stadt Rom wieder möglich werden.
Das Gebiet zwischen dem Kolosseum und den Mauern des Forum soll wiederhergestellt werden, die Straße zwischen Palatin und dem Zirkus Maximus entfernt und der Celio-Hügel von Bauten befreit werden. Ein Pendelverkehr wird die Besucher von außerhalb ins Zentrum bringen. Auch auf der Via Appia Antica soll auf 3.000 Hektar ein großer Park entstehen, eine Fortsetzung des zentralen archäologischen Parks, womit der berühmteste Teil der römischen Campagna gerettet ist, der jahrhundertelang das Reiseziel der Kulturliebhaber aus der ganzenWelt war. Die sich wie Ölflecke ausbreitenden Neubauten sollen gestoppt und den Bewohnern der grünlandärmsten Stadt der Welt soll so ein Raum-und Luftreservoir gesichert werden. Das neue Gesetz, soll Rom zu einer richtigen europäischen Hauptstadt machen, deren Kennzeichen das Zusammenwirken von Natur, Landschaft und historischen Monumenten ist.
Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.
In Kürze startet hier der FURCHE-Navigator.
Steigen Sie ein in die Diskurse der Vergangenheit und entdecken Sie das Wesentliche für die Gegenwart. Zu jedem Artikel finden Sie weitere Beiträge, die den Blickwinkel inhaltlich erweitern und historisch vertiefen. Dafür digitalisieren wir die FURCHE zurück bis zum Gründungsjahr 1945 - wir beginnen mit dem gesamten Content der letzten 20 Jahre Entdecken Sie hier in Kürze Texte von FURCHE-Autorinnen und -Autoren wie Friedrich Heer, Thomas Bernhard, Hilde Spiel, Kardinal König, Hubert Feichtlbauer, Elfriede Jelinek oder Josef Hader!