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Rückblick auf 75 Jahre ÖAMTC

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Mit einem Festakt im Wiener Konzerthaus, bei dem Bundespräsident Jonas das Wort ergriff, sowie mit der Indienststellung von rund 50 neuen Pannenhilfsfahrzeugen beging der ÖAMTC seinen 75. Geburtstag. Zugleich wurden verdiente Mitarbeiter des ÖAMTC von der Bundesregierung und vom Roten Kreuz durch die Verleihung hoher Auszeichnungen geehrt. Die Generalpostdirektion brachte eine Sondermarke mit dem Bild des Marcus- Wagens heraus. Der Präsident des „großen Bruders“, des ADAC, Hans Bretz, schenkte dem österreichischen Klub, dem er .viele wertvolle Anregungen“ verdankt, ein VW- Pannenfahrzeug, welches am Großglockner Dienst machen wird. Bretz hob in einer Pressekonferenz im Intercontinental die großen Verdienste des ÖAMTC um die internationale Zusammenarbeit der Klubs hervor.

Mit dem Jubiläumsprogramm wurde der Tatsache gedacht, daß sich 1896 als Gründungsmitglied des österreichischen Touring Clubs

236 Persönlichkeiten zusammengefunden hatten, um eine Verbesserung der Verkehrswege, die Kennzeichnung von Gefahrenstellen im Straßennetz, eine Versicherung für Radfahrer, Erleichterungen im grenzüberschreitenden Verkehr und eine Betreuung der Mitglieder zu erreichen. Die zweite Organisation war der 1898 gegründete Österreichische Automobil Club. Diese beiden Vereinigungen sind die „Ahnherren“ des heutigen ÖAMTC: Sie schlossen sich nach den Wirren des zweiten Weltkrieges zum ÖAMTC zusammen.

Blättern wir weiter in der Chronik: Um die Jahrhundertwende zählte der ÖTC zu den Gründungsmitgliedern der Internationalen Liga der Touristenvereinigungen mit dem Sitz in Luxemburg, dem Vorläufer der heutigen Alliance Internationale de Tourisme (AIT), die 30 Millionen Kraftfahrer (mit ihren Familienangehörigen rund 100 Millionen Menschen) in der ganzen Welt vertritt. 1901, zu einer Zeit, zu der Treibstoff meist nur in Apotheken und „Droguerien“ erhältlich war, stellte der österreichische Touring Club die ersten Verkehrszeichen auf: Warnungen vor Gefahren mit den Mitteln der damaligen Zeit, In der Folge sorgte der ÖTC beispielgebend für Wegweiser und Ortstafeln, während der ÖAC bis zum Jahre 1936 in Österreich nicht weniger als 15.000 Verkehrs- und Warnungstafeln auf eigene Kosten aufgestellt hatte.

Am 1. Oktober feierte der ÖAMTC also das Fest seines 75jährigen Bestandes. Aus diesem Anlaß haben wir in den vergilbten Bänden der Klubbibliothek, in der „Allgemeinen Automobilzeitung“, geblättert und den Anfängen der österreichischen Autoindustrie nachgespürt, wobei auch auf dem Nutzfahrzeugsektor einige Kostbarkeiten entdeckt wurden. In die Zeit um die Jahrhundertwende und in die Jahre knapp danach, fällt die Gründung einiger Werke, von denen sich vier bis in die jüngste Zeit trotz zweier Weltkriege und des Zusammenbruches der alten Monarchie gehalten haben: Graf & Stift, die österreichische Auto- mobilfabriks AG (früher Austro-Fiat, beide sind jetzt fusioniert und Auslandsbesitz), die österr. Saurerwerke und die Steyr-Daimler- Puch AG.

Saurer, die schon seit vielen Jahren zu Steyr gehörten und im Vorjahr völlig in unser größtes Autowerk integriert wurden, waren die einzigen, die von allem Anfang an (seit 1906) ausschließlich Lastwagen und Omnibusse, letztere für die Postverwaltung bauten, während die andern ursprünglich Personenwagen herstellten und erst 1911 mit der Produktion von Lastwagen im Zuge der Subventionierung von Nutzfahrzeugen seitens der österreichischen Heeresverwaltung begannen. Aus einer Werks Vertretung der Daimler- Motorengesellschaft in Cannstatt waren 1898 die „Wiener Neustädter Daimler-Werke“ (später Austro-Daimler) hervorgegangen; sie bauten den ersten Lastwagen mit einem 8-PS- Motor, der übrigens an Julius Meinl geliefert wurde, 1901 erhielt diese Firma einen weiteren „elektrisch betriebenen Warenwagen, System Lohner-Porsche““. Apropos Porsche: Dieser geniale Konstrukteur wurde zwar durch den Volkswagen weltbekannt, seine Großtaten aber lagen ebenso auf militärtechnischem Gebiet (z. B. die berühmten C-Züge für 42 cm Mörser des ersten Weltkrieges oder die Militärsanitätswagen 1915). Die Probefahrten der schweren C-Züge fanden unter größter Geheimhaltung statt, sie wurden als Möbelwagen getarnt. Und geradezu rührend mutet der erste

Oberleitungsbus, System Daimler-Stoll an: Die Nabenmotoren der Hinterräder stammten von Löhner, das Fahrgestell und der Aufbau von Daimler. Die erwähten Saurer-Auto- busse hatten sich so gut bewährt, daß die Postverwaltung sie für die Südtiroler Linien — Eröffnung 6. Juli 1907 — bestellte. Die Busse wiesen schon damals die heute selbstverständlichen Motorbremsen auf, was sie für das gebirgige Terrain besonders geeignet machte.

Nicht mehr auf österreichischem Gebiet liegen drei Lastwagenwerke aus dieser Ze’t, die ebenfalls alle Umstürze überstanden haben: Die „Nesselsdorfer Wagen- und Waggonfabrik“ in Mähren, heute Tatra, in der der überragende Autokonstrukteur Hans Led- winka seine Laufbahn begann (er war später maßgebend bei Steyr tätig, kehrte aber wieder nach Mähren zurück), ferner die 1911 gegründeten Pragawerke in Prag, eine Schwesterngründung der „Böhmisch-Mährischen Maschinenfabrik AG und schließlich die alte Waffenschmiede Skoda, welche das seinerzeit ebenso berühmte Motorradwerk Laurin & Klement in Jungbunzlau übernahm. Alle drei Werke liegen zwar in der CSSR, ihre Erzeugnisse aber werden von der übrigens ebenfalls über ein halbes Jahrhundert bestehenden Importfirma Tarbuk & Co bei uns eingeführt.

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