7000749-1987_24_15.jpg
Digital In Arbeit

Rückblick und Aufbruch

Werbung
Werbung
Werbung

Bekanntlich kehrt man immer zurück zu seiner ersten Liebe!

Für Fritz Molden, der nun auch schon im siebenten Jahrzehnt seines Erdenlebens steht, bestand lange bevor er als Verleger durch Jahre reüssierte, diese erste berufliche Liebe ohne Zweifel im Schreiben. Und auch nach einem Thema mußte er diesmal nicht lange Ausschau halten. Worüber konnte, j a mußte ein Fritz Molden in Zeiten wie diesen zur sprichwörtlichen Feder greifen? Für den Sohn der Dichterin der Bundeshymne, in der wir auch den Satz „heiß umfehdet, wild umstritten“ finden, konnte dieses Thema nur Österreich heißen.

Die in den letzten Monaten erhobenen Pauschalurteile gegen Österreich und die Österreicher, die Versuche, die Geschichte der wiedererstandenen Republik umzuschreiben, das Gefasel von einer Lebenslüge provozierten einen Mann, der in seiner Jugend mit dabei war, als es galt, vor und nach 1938 für dieses Land einzustehen.

Für seine Antwort wählte Molden als Waffe nicht die schwere Feldhaubitze, sondern die leichte Kavallerie. Einmal im Sattel, galoppierte er, angespornt von be-

rechtigtem Zorn, durch die Jahrhunderte unserer Geschichte - herauf bis in die Frühjahrswo- chen anno 1986.

Das Ergebnis ist für Österreicher und für jene, die dieses Land und seine Menschen ohne Vorurteile kennen und verstehen lernen wollen, eine in gleicher Weise an-

regende wie auch amüsante Lektüre. Die Freude an ihr wird zwar durch eine Reihe von Flüchtigkeitsfehlern ein wenig getrübt, jedoch nicht verdorben. Für sie hat gewiß der Autor, mehr jedoch das Verlagslektorat die Verantwortung zu tragen. Zwei Beispiele mögen für einen nicht allzu kurzen Lasterkatalog stehen. Auf der Skizze, welche die Rückseite des Einbandes bedeckt, entspringt die Elbe schon im Böhmerwald und fließt bei Prag vorüber. Smetana hat sich also anscheinend geirrt, als er die Moldau dort fließen ließ ... Ein zweiter, schon ärgerlicherer Fehler: Schuschnigg pil- gerte keineswegs, wie auf Seite 197 zu lesen ist, zum Abschluß des Juliabkommens 1936 nach Berlin.

Hier liegt ohne Zweifel eine Verwechslung mit Berchtesgaden 1938 vor.

Nach dem Parforceritt durch die Geschichte und der in diese eingebundenen Antwort an jene, die unser Land als Skandalrepublik und Eldorado für Antisemiten und Nazi sehen wollen, kommt der Autor auch auf die Zukunft zu sprechen. Er will jener unleugbaren Politikverdrossenheit, die vor allen Dingen eine Parteienverdrossenheit ist, steuern, bevor aus ihr Demokratieverdrossenheit wird.

Manches von seinen Vorschlägen „Unterwegs zur Dritten Republik“ hat man schon in steirischen Papieren gelesen, andere hört man auch bereits in einzelnen Wortmeldungen sowohl aus der linken wie aus der rechten Reichshälfte in Wien. Einige, wie die Rückkehr zu dem in der Monarchie geltenden Majorzwahl- reeht, dürften vor allem am sozialistischen Widerstand scheitern. Alle diese Gedanken sind jedoch beherzigenswerte Beiträge für eine Grundsatzdiskussion, die nicht lange auf sich warten lassen sollte.

DIE ÖSTERREICHER ODER DIE MACHT DER GESCHICHTE. Von Fritz Molden. Lan- gen-Müller Verlag, München-Wien 1987. 384 Seiten, geb., öS 296,40.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung