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Wie soll es weitergehen?

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Kritische Zeiten für Hellforunn? Man muß es annehmen. Denn Sparmaßnahmen haben die Organisatoren bereits das diesjährige „Fest in Hellbrunn“ zusammenstutzen lassen. Und eine Schuldenlast von 800.000 S und der erst noch bevorstehende Kampf um die notwendigen 2,5 Millionen für das nächste Jahr stellen das Fest 1976 überhaupt ein wenig in Frage. Bis heute nicht in Frage gestellt ist allerdings die Funktion dieses Festes, das zu den erfolgreichsten Veranstaltungen am Rande der Salzburger Festspiele zählt.

Jahr für Jahr wird es wieder von Tausenden besucht. Ja, seit seiner Gründung (1970) gilt es als etwas unverwechselbar Salzburgisches, als eine Attraktion, zu der Leute selbst aus dem Ausland anreisen, weil hier ein märchenhafter Rahmen für Oper, Ballett, Schauspiel, Serenaden, Literarisches und Kleinkunst aller Art belebt, das heißt zum Gesamtkunstwerk überhöht wird. Wie das auch schon zu Zeiten des Erbauers von Hellforunn, des Fürsterzbischofs Marcus Sitticus üblich war, wenn hier etwa die „Frechtin“ die erste Opernprimadonna des deutschen Sprachraums, Werke von Monteverdi sang, oder wenn hier für erlauchte Gesellschaften im Steintheater die ersten italienischen Opern nördlich der AI-

pen mit allem Pomp aufgeführt wurden.

Schaulust und die Freude am nostalgischen Schwelgen in diesem „totalen Kunstpragramm“, wie wohl hier einst gefeiert worden sein mag, haben auch heuer wieder taiusende Gäste gebracht (Wiederholungen: 9. und 10. August). Aber sie mochten wohl ein wenig enttäuscht worden sein. Denn das sonst so reiche Kleinkunstprogramm war stark reduziert: gerade noch, daß Maria Schell, Elfriede Ott und Gerhard Bronner, Boris Rubaschkin, der Pantomime Rudolf Schaffe und ein paar Musikanten im engsten Schloßbereich sich produzierten. Die Überraschungen, daß wie früher in jeder Grotte und auf den Wiesen Attraktionen geboten worden wären und daß zum Beispiel das Straßentheater mit seinem Wagen durch den Park gezogen wäre, finden heuer nicht statt, Statt dessen hat man das Budget vor allem auf drei gewichtige Produktionen konzipiert: Oscor Fritz Schuh adaptierte zum Gedenken an Paul Claudel dessen geistliches Spiel „Tobias und Sara“ fürs Steintheater; Vittorio Patane inszeniert im Schloßhof Rossinis Oper „Die seidene Leiter“ (Dirigent: Tito Gotti), und William Miliö cho-reographiert für das Wiener Staatsopernballett ein Programm aus Klavierwerken von Franz Liszt.

Für Hellbrunn beziehungsvoll und passend wirkte aber bloß Rossinis Buffa, die von einem italienischen Sängerteam animiert gesungen und mit komödiantischen Gags vorgespielt wurde. Bei Claudel wurde hingegen allzudeutlich, daß dieses Stück zum Steintheater keinerlei Beziehungen hat, ja daß hier auch aus akustischen Gründen eine Oper imposanter wirkt. Die Aufführung enttäusche um so mehr, als Schuh seine Darsteller Claudels mystische Liebe und Verklärung in einem gar nicht angemessenen Konversationston sprechen läßt. Besonders die Kostüme wirkten für das imposante Theater zu farblos, zu kontrastarm.

Optisch ergiebiger war das Liszt-Ballett, auf dem Podium mitten im Teich, vor der Kulisse des nächtlichen Parks. Aber Milies Choreographie traf präzise an der Lichtregie vorbei. Der kühne Mephistowalzer etwa spiegelt nichts von der Phanta-stik des Themas, eine „Valse oubliee“ und das Sonett 104 sahen bloß nach veräußerlichter Show aus. Die Widmung an George Balanchine wirkte einigermaßen hochgestochen. Immerhin bemühten sich Gisela Cech, Susanne Kirnbauer, Karl Musil, Ludwig M. Musil, Milan Hatala, Ludwig Karl und andere um Präzision, was ihnen aber auch nur teilweise gelang.

Für 1976 wird man sich also sehr anstrengen müssen. Denn allzuviel Routine war heuer zu spüren, obgleich eigentlich neue Ideen, neue Projekte und viel Phantasie das Fest beleben sollten. Der künstlerische Leiter Oscar Fritz Schuh trägt dafür die Verantwortung. Auch wenn er 1976 auf seine Gage verzichten will, um das Festbudget nicht zu belasten, wird er um eine Neubelebung des „Festes in Hellbrunn“ nicht herumkommen.

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