Dieser FURCHE-Text wurde automatisiert gescannt und aufbereitet. Der Inhalt ist von uns digital noch nicht redigiert. Verzeihen Sie etwaige Fehler - wir arbeiten daran.
Der Weg zum Einheitsstaat
DER GEMEINSAME MARKT IN EUROPA. Von Werner von Lojewski, Ullsteinbuch Nr. 607, brosch., 180 Selten.
DER GEMEINSAME MARKT IN EUROPA. Von Werner von Lojewski, Ullsteinbuch Nr. 607, brosch., 180 Selten.
Der Autor ist ehemaliger Stellvertretender Direktor der Infomationsabteilung der EWG und daher gleichsam ex offo mit dem Gegenstand, den er literarisch behandelt, befaßt gewesen. (Nebenher sei bemerkt, daß Herr von Lojewski derzeit der bundesdeutsche Berichterstatter der „Furche“ ist.)
Aus der umfassenden Kenntnis seines Amtes legt der Autor eine Darstellung der Europäischen Gemeinschaft vor, sowohl vom Modell der Montan-Union wie von der EWG.
Mit der Errichtung der Montanunion (1952) begonnen, hat die Integration Europas durch die Konstitution der EWG ein vorläufiges Ende gefunden. Daher ist es interessant, von einem Fachmann ersten Ranges eine eingehende und wertfreie (also durchaus nüchterne) Schilderung sowohl des Aufbaues der Organisation der Integrationsgebilde zu erhalten als auch eine Darstellung des Integrationsprozesses selbst, der nicht ohne Verzögerungen abgelaufen ist — wie erst die Ereignisse um das bedingte Nein von de Gaulle zur bisherigen Funktionsweise der EWG zeigt.
Nicht minder wichtig ist es, daß uns Herr von Lojewski auch Hinweise über die Effekte der bisherigen
Wirksamkeit der EWG gibt und uns vermuten läßt, welche Endeffekte eine weitere Perfektionierung der Integration haben wird. Offenkundig verdeckt die Tatsache, daß die Arrangements zwischen den Mitgliedsstaaten förmlich einen dominanten kommerziellen Charakter haben, die Aktivierung eines Vorganges, der die Bildung eines Einheitsstaates andeutet.
Schon die Montan-Union ist, wie uns der Autor sagt, institutionell wie ein Staat gegliedert und hat an der Spitze eine Art Superministerium. Der große Europäer Schumann hatte freilich Europa an sich vor Augen gehabt und nicht eine Entwicklung auszulösen versucht, die den europäischen Gedanken nur noch unter ökonomischen Aspekten zu interpretieren vermochte. Anderseits hat die Sachgesetzlichkeit, die in der Entwicklung der EWG zum Ausdruck gekommen ist, zu einer imvermeidbaren Verdichtung der sozialen Prozesse und ebenso unvereinbar zu einer bürokratischen Disziplinierung geführt. Daher ist heute die EWG ein Politikum, das auf ökonomischen Prospekten begründet ist. Dieser Tatbestand wird uns vom Autor in einer distanzierten Weise ohne die sonst üblichen, emotional bestimmten Hinweise sachkundig geschildert.
Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.
In Kürze startet hier der FURCHE-Navigator.
Steigen Sie ein in die Diskurse der Vergangenheit und entdecken Sie das Wesentliche für die Gegenwart. Zu jedem Artikel finden Sie weitere Beiträge, die den Blickwinkel inhaltlich erweitern und historisch vertiefen. Dafür digitalisieren wir die FURCHE zurück bis zum Gründungsjahr 1945 - wir beginnen mit dem gesamten Content der letzten 20 Jahre Entdecken Sie hier in Kürze Texte von FURCHE-Autorinnen und -Autoren wie Friedrich Heer, Thomas Bernhard, Hilde Spiel, Kardinal König, Hubert Feichtlbauer, Elfriede Jelinek oder Josef Hader!