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Die Musik in Geschichte und Gegenwart

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Der vorliegende 6. Band des gewaltigen Werkes, das, seit 1943 geplant, bald nach dem deutschen Zusammenbruch in Angriff genommen und im Frühjahr 1949 mit der ersten Lieferung eingeleitet wurde, hält beim neunten Buchstaben des Alphabets. So muß wohl damit gerechnet werden, daß der vorgesehene Umfang der MGG, wie die Enzyklopädie in Fachkreisen genannt wird, erweitert werden wird. Kein Wunder, denn von Jahr zu Jahr, seit das große Werk begonnen wurde, breitet sich die Fachwissenschaft immer mehr aus, werden neue Quellen erschlossen, treten neue Forschungsgebiete in den Vordergrund. Allein die erstmalig in diesem Umfang vorgenommene Einbeziehung der Orden, Klöster, Kathedralen und Schulen des Mittelalters, aber auch die Erforschung und ausführliche Darstellung der Musikverhältnisse primitiver oder früligeschichtlicher Völker und Kulturen bringt eine kaum vorherzusehende Ausweitung des Stoffes mit sich. Gleichzeitig wird MGG zu einem umfassenden musikgeographischen Werk, vergleichbar etwa im deutschen Raum der Nadlerschen Literaturgeschichte. Allein im vorliegenden Band finden sich, neben gründlichen Städtemonographien (Heidelberg, Helsinki, Innsbruck, Jena usw.), die Gesamtdarstellungen der Musikgeschichte Hollands, Irlands, Islands und Italiens (die von neun Autoren bearbeitet wurde) sowie der Exoten: Japan und Java, Indien und Indonesien. Hier wurde ein Material zusammengetragen und ausgebreitet, das nur dem Archivforscher oder dem

Weltreisenden zugänglich ist. Ebenso verdienstvoll ist die ausführliche Darstellung der dii minorum gentium, bei denen die landläufigen Nachschlagewerke (und normalen Musikbibliotheken) versagen, etwa bei Nicolas Herlod, den Musikerfamilien Herrmann, Hiller und Huber. (Der Oesterreicher vermerkt mit Befriedigung die ausführliche Würdigung von Erich

M. Hornbostel sowie der beiden Musikverleger Herzmansky.)

Besonders reich ist der vorliegende Band an Monographien zeitgenössischer Komponisten: Hans Werner Hentze, Kurt Hessenberg, Paul Hindemith, Karl Höller, Arthur Honegger, Jacques Ibert, Charles Ives, Jaques-Dalcroze, Philipp Jarnach, Hanns Jeli-nek u. a., mit vollständigem Werkverzeichnis. — Was der Herausgeber bei der Vorankündigung von MGG versprach: die besondere Berücksichtigung der Nachbargebiete der Musik, findet im vorliegenden Band Ausdruck und Erfüllung in einer Reihe gründlicher literarischer Studien über Heine, Heinse, Herder, Hesse, Hoffmann, Hofmnnsthal und Victor Hugo. Sehr interessant — und nicht ohne Pikanterie — ist die Uebersicht über das Lebenswerk von Walter Hensel, dem deutschtümelnden Mitbegründer des Wandervogels und des Finkensteiner Bundes, der aus Mäh-risch-Trübau stammte und eigentlich Janiczek hieß..

Daneben findet sich Hochgelehrtes, so die Darstellung - des lateinischen Hymnus und des Hymnos der Ostkirche (Spalte 988 bis 1030, von Maria Stöhr, Bruno Stäblein und Rudolf Gerber) oder die ausführlichen Kapitel „Introitus“ und „Invention“. — Sehr ausführlich und anregend ist, was man von Spalte 1046 bis 1090 über das Phänomen des Impressionismus lesen kann (Hans Albrecht), mit einem umfassenden Literaturverzeichnis (E. T. Ferand), ebenso in den Kapiteln Instrumentation (Spalte 1252 bis 1288 von Heinz Becker und L. K. Mayer), Instrumentenkunde (H. H. Dräger) oder in der gelehrten Abhandlung über das Intervall von Rohwer und Ruhnke. — Daß die Forschung bis in unsere Gegenwart hereinreicht, erweist die informative Studie über Jazz von Werner Burkhardt.

In vielen dieser Beiträgen sind die Erkenntnisse eines ganzen Forscherlebens komprimiert. So wird MGG immer mehr auch zu einem wichtigen Publikationsorgan neuester Ergebnisse auf allen Gebieten des umfassenden Gebietes „Musikwissenschaft“, — Zahlreiche Artikel sind reich illustriert. Der vorliegende 6. Band enthält 77 Bildtafeln, 2 Farbtafeln, 420 Textabbildungen, 220 Notenbeispiele und 30 Tabellen. Papier, Druck, Bildreproduktionen und Ausstattung sind erstklassig.

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