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Das gebrochene Schweigen

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Unsere Probleme beginnen damit, daß wir nicht zu Hause bleiben." Dieses Zitat von Blai-se Pascal steht am Anfang des Schweizer Films „Bröken Silence", der in Wien Anfang Mai ins Kino kommt. Die Geschichte zum Zitat: Der Kartäusermönch Fried (Martin Huber) wird seines Schweigegelübdes entbunden und nach Indonesien geschickt, wo er wichtige Papiere für sein Kloster unterschreiben lassen muß.

Gleich am Anfang seiner Beise begegnet er einer agilen, jungen Afro-Amerikane'rin (Ameenah Kaplan), die ihrerseits auf dem Weg nach Indien ist. Eine flüchtige Begegnung, zunächst, die sich bedingt durch zwei Umstände vertieft: Fried verläßt das Flugzeug ebenfalls in Indien, da er das Fliegen nicht verträgt. Und weil ihm seine Brieftasche abhanden gekommen ist, ist er, der weltfremde, reine Tor, auf die Hilfe der lebenstüchtigen jungen Frau angewiesen. In der Folge zeigt Regisseur Wolfgang Panzer, wie sich Fried nach 25 Jahren quasi auti-stischen Klausurlebens wieder der Welt öffnet. Gleichzeitig beginnt sich seine Begleiterin für seine Weltsicht, seine Lebensweise und seine Gottesbeziehung zu interessieren.

Die gemeinsame Reise durch Indien und Indonesien wird so zu einem Prozeß des Sich-Einander-Öffnens, der von Mißverständnissen und Konflikten ebenso geprägt ist wie von wechselseitiger Neugier und gegenseitigem, kindlichem Vertrauen.

Die Geschichte wird retrospektiv gezeigt, eine Beichte dient als Rahmenhandlung. Interessant dabei auch das Aufeinandertreffen von zwei ganz gegensätzlichen Priestertypen. Der gebildete, ehrgeizige Beichtvater (mit Handy und Schnapsflasche allerdings etwas überzeichnet) gegenüber dem einfachen und einfältigen Mönch.

Während der eine mit Konzilsdokumenten argumentiert, bietet der andere seine Glaubensüberzeugung, die - ebenso unpretentiös wie tief -den Beichtvater langsam in ihren Bann zieht. Es steht zu vermuten, daß die Sympathien des Begisseurs auf der Seite des Mönches stehen, der im Verlauf der Handlung eine persönliche Reifung erfährt. Deutlich wird das etwa in einer Szene, in der er während einer Zugfahrt seiner Begleiterin fragen zu stellen beginnt. Als sie sich verwundert zeigt, er habe sich noch nie für ihre Herkunft interessiert, antwortet er, er hätte das Nachfragen eben verlernt gehabt.

Fried entdeckt, daß sich auch außerhalb der Klostermauern - mehr noch: außerhalb des Christentums - ein befriedigendes Glaubensleben führen läßt. Während sein Respekt gegenüber den religiösen Überzeugungen anderer immer größer wird, wird sein Christentum immer glaubwürdiger - es hält der großen Prüfung Außenwelt stand. Etwas weniger plastisch wird die Entwicklung der weiblichen Hauptfigur, Ashalea, gezeigt. Sie stirbt am Schluß des Filmes an einer vererbten Herzkrankheit, jedoch nicht ohne zuvor entscheidend zum Gelingen von Frieds Mission beigetragen zu haben. Wollte man Kritik an „Bröken Silence" üben, so müßte man sagen, daß hier eine an sich unkonventionelle Geschichte nicht immer unkonventionell genug erzählt wird. Trotzdem ist sie es auf jeden Fall wert, gesehen und diskutiert zu werden.

In englischer Originalversion mit deutschen Untertiteln.

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