Auf ihrem Parteitag am Wochenende entschloss sich die rechtspopulistische Partei AfD (Alternative für Deutschland), die Anti-Islam-Rhetorik ins Parteiprogramm aufzunehmen. Dabei wurde beschlossen, die Aufklärungstendenzen im Islam nicht zu unterstützen -mit der Begründung, dass eine Aufklärung im Islam nicht realistisch sei und auch nicht erwünscht ist. Man konstruiert hier ein Feindbild und ist darauf angewiesen, dieses Feindbild aufrechtzuerhalten. Das größte Problem des Islam heute besteht darin, dass viele Menschen im Islam vorrangig eben ein Problem sehen. Ich bestreite nicht, dass es Probleme mit Muslimen gibt. Aber ich bestreite, dass es immer und allein die Religion ist, auf die man einen Täter reduzieren sollte und mit der man eine Tat begründet. Fällt der Begriff Islam, neigen viele Beobachter zu Pauschalierungen - in diesen Fällen ist immer von "den Muslimen" die Rede. Einer Umfrage der Bertelsmann Stiftung von 2015 zufolge bejahen über 90 Prozent der Muslime in Deutschland die Demokratie. Ein solches Ergebnis wird dagegen allzu gerne ignoriert. Extremisten wie der IS, aber auch rechtspopulistische Parteien instrumentalisieren den Islam für ihre politischen Absichten. Die Politik muss umso mehr Räume der Begegnung schaffen, damit wir mehr miteinander als übereinander reden. Sie muss stärker aufklären. Differenzierung zwischen Extremisten, die vorgeben, im Namen des Islams zu handeln, und der Mehrheit der Muslime, die friedlich leben, ist enorm wichtig. Auf der anderen Seite müssen sich Muslime und Moscheegemeinden mehr öffnen und die Ängste der Menschen ernst nehmen. Sie sollten auch die positiven Bilder im und über den Islam stärker kommunizieren und mehr Selbstkritik üben, um den Islam zeitgemäß und kontextbezogen zu verstehen. Dazu brauchen wir mehr aufgeklärte muslimische Theologen, die an europäischen Universitäten ausgebildet sind.
Der Autor leitet das Zentrum für Islamische Theologie an der Uni Münster
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