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Digital In Arbeit

Gefangen im Dschungel von undurchsichtigen Gebühren

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Ohne Banken gäbe es keinen Geldfluß, ohne Banken käme die Wirtschaft zum Stillstand. Darin sind sich eigentlich alle Bankkunden einig.

Es gibt aber auch genügend Kritik an den diversen bankinternen Abläufen. Viele Kundenbeschwerden landen in der Abteilung Konsumentenpolitik der Wiener Arbeiterkammer bei der zuständigen Referentin Margit Handschmann, wo sie gesammelt und bearbeitet werden:

An erster Stelle der Beschwerden rangieren die neuen „Selbstbedienungsgeräte" sprich: Automaten, denen vor allem ältere Kunden skeptisch oder ratlos gegenüberstehen. Einige Banken sind daher bereits dazu übergegangen, Kunden in der Kassenhalle durch speziell ausgebildetes Empfangspersonal zu empfangen und zum jeweiligen Gerät oder zum Ansprechpartner zu begleiten. Eine gewisse „Lenkung" ist hier sicher notwendig und bringt auch für die Banken mehr Erfolg und ein verbessertes Service. Ist die anfängliche Scheu gegenüber den neuen Geräten einmal überwunden, werden diese auch genutzt.

Margit Handschmann sieht in der zunehmenden Automatisierung die Gefahr der Segmentierung der Kundenschicht. Wirtschaftlich schwachen Kunden werden in Zukunft möglicherweise nur noch Produkte angeboten, die über den Automaten abrufbar sind. Eine individuelle, stark spezialisierte Beratung bliebe so den nur wirklich „lukrativen" Kunden vorbehalten.

Banken wissen aber auch sehr gut, daß das gewinnbringende Mengengeschäft nur durch die Summe aller Klienten entstehen kann. Sie hüten sich deshalb davor, schöne, voll automatisierte Kassenhallen zu bauen, in denen die Beratungsmöglichkeiten durch den Bankangestellten fehlen. In einigen Ländern des europäischen Auslandes kann man heute bereits Kredite in mittlerer Höhe ohne die Mithilfe eines Bankbeamten über den Automaten erhalten!

Automaten machen für einfache Transaktionen wie Barabhebungen und ähnliches durchaus Sinn, es sollte aber niemand gezwungen werden, sich ausschließlich am Automaten bedienen zu müssen.

Ein weiterer „Dauerbrenner" bei den Beschwerden, die in der Wiener Arbeiterkammer landen, sind die enormen Preissteigerungen, die es bei der Führung der Girokonten gegeben hat. Seit 1990 gab es in diesem Bereich einen Anstieg von 500 Prozent! Auch wenn einsichtig ist, daß die Kontoführung für die Banken nicht kostendeckend ist, weiß der Kunde jedoch auch genau, daß das Privatkundengeschäft an sich, also alles was sich aus der Kontoverbindung mit der Bank ergibt, Gewinne abwirft. (Sehr zum Unterschied zum kommerziellen Bereich, in dem die Banken durch die diversen Großpleiten vieler Firmen enorme Verluste hinnehmen mußten.) Außerdem ist die Handhabung der Kostenverrechnung für die Kontoführung so unterschiedlich, daß sich der einzelne einem wahren Gebührendschungel gegenübersieht. Pauschalgebühren oder Einzelgebühren als Buchungsmodelle der Kontoführung werden von vielen Kunden entweder nicht verstanden oder sie fühlen sich zu wenig darüber informiert.

Mangelnde Information ist auch ein Grund für Kundenunzufriedenheit im Hinblick auf die Handhabung von Zinsen. So werden Kreditzinsen von den Banken rasch und automatisch erhöht, bei Sparzinsen muß der Kunde selbst nachfragen. Erhöhungen werden nicht automatisch weitergegeben. Das ist für viele Kunden Grund und Anlaß für Kritik und Unzufriedenheit.

Ein ständiger Kritikpunkt ist auch die Überweisungsdauer von Geldbeträgen innerhalb Österreichs. Eine Dauer von fünf bis sechs Tagen, wenn ein Wochenende dazwischenliegt, und von vier Tagen unter der Woche sind leider keine Seltenheit. Im Zeitalter der EDV ist dieser Zeitrahmen für viele Kunden nicht verständlich.

Die neuen EU-Richtlinien sehen für Überweisungen innerhalb Europas fünf Rankarbeitstage vor. Das wird für die derzeit praktizierte Handhabung in Österreich sicher einen großen Druck bedeuten, und die Forderung einer Maximaldauer von drei Tagen innerhalb Österreichs und die entsprechende Festschreibung im Bankwesengeschäft wird hier ein Umdenken notwendig machen. Ebenso ist die taggleiche Wertstellung von Abhebungen und Bareinzahlungen eine Forderung der Arbeiterkammer, um die Serviceleistungen kundenfreundlicher zu machen.

Der Kunde ist König. Das versprechen die Banken. Er ist es auch, solange er sich an die Spielregeln hält. Ist aber zum Beispiel ein ausverhandelter Überziehungsrahmen ausgeschöpft, so kann aus dem Königskunden sehr rasch ein Bettelkunde werden. Der Geldhahn wird von einem Tag auf den anderen vollständig zugedreht und der Kunde muß schauen, „wo er bleibt". Bei Schwierigkeiten mit Kreditrückzahlungen kann es auch passieren, daß das Girokonto von der Bank ganz gelöscht wird. Da heute aber jeder, der sich um eine Arbeit bewirbt, ein Girokonto vorweisen muß, so kann das Fehlen eines solchen die Eingliederung in den Arbeitsprozeß auch gänzlich verhindern. Das „Grundrecht auf Girokonto" sollte daher jedem Bürger möglich sein.

Die Autorin ist

freie Mitarbeiterin der Furche.

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