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Wertpapiere und Darlehen

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Die Versicherungswirtschaft legt alljährlich bedeutende — zum Großteil treuhändisch verwaltete — Gelder in der Volkswirtschaft an. Die unmittelbare Einwirkung auf den Investitionssektor in Form der mittel- bis länderfristigen Vergabe von Darlehen an inländische Wiitschaftsuntemehmungen und selbständig Erwerbstätige (vornehmlich E-Wirtschaft und Industrie) ist relativ bescheiden und schwankt im Durchschnitt der letzten Jahre zwischen 9 und 11 Prozent der Gesamtveranlagung der Versicherungswirtschaft. Gleichwohl zeichnet sich hier — an Intensität von Unternehmen zu Unternehmen verschieden — ein Trend zum verstärkten direkten Engagement ab. Die Bedeutung der unmittelbaren Einwirkung der Kapitalzuflüsse in den Investitionssektor wird jedoch auch künftig in Grenzen bleiben, da die Versicherungsunternehmungen konkret bestimmten gesetzlich geregelten Auflagen (Versicherungsver- tragsgesetz, Versicherungsaufsichtsgesetz) im Hinblick auf ihre Veranlagungspolitik unterworfen bleiben und diese Kautelen die veranlagungsfähigen Gelder zum überwiegenden Teil von der Direktvergabe weg, in andere — traditionelle — Kanäle leiten.

Ganz anders ist das Bild, wenn die volkswirtschaftlich wirksamen Kapitaleinflüsse aus der Versicherungswirtschaft unter dem Gesichtspunkt der mittelbaren Bedeutung für den Investitionssektor betrachtet werden. Hier dürfte eine Schätzung, daß rund 55 bis 65 Prozent der im Rahmen von Wertpapierkäufen, Darlehensbegebungen und Kreditinstitutseinlagen disponierten Gelder als Investitionskapitalien wirksam werden, von den tatsächlichen Verhältnissen nicht sehr differieren.

Unter Berücksichtigung jener Gelder, die an Wirtschaftsunternehmungen direkt und im Einvernehmen mit der Aufsichtsbehörde, die Rentabilität und Sicherheit strengstens prüft, vergeben werden, wird die Behauptung zulässig sein, daß mindestens 70 Prozent jener Mittel, die aus dem Kapitalsammelbek- ken der Versicherungswirtschaft in die Volkswirtschaft strömen, auf dem Investitionssek- tor wirksam werden.

Investitionen und Konjunkturrhythmus

Konkret handelt eis sich dabei um Wertpapiereinkäufe einerseits, wobei Anleihen des Bundes, der Länder und Gemeinden, der Wohnbaufonds, der Energiewirtschaft und letztlich Schuldverschreibungen der Kreditinstitute im Vordergrund stehen und anderseits um Darlehensgebungen, wieder an Bund, Länder, Gemeinden, aber auch an Wohnungs- und Siedlungsvereinigungen. Diese Transaktionen, die alle vom Gesetz geforderten Sicherheitsbedingungen einschließen, stehen für den Betrachter im Vordergrund. Dahinter entfaltet sich ein Netzwerk von Investitipnsmaßnah- men. Bund und Länder verwenden die Gelder für langfristige, der Besserung der volkswirtschaftlichen Infrastruktur dienende Projekte ebenso wie für Investitionen, die unmittelbare konjunkturelle Bedeutung haben und geeignet sind, vor- und nachgeordnete Wirtschaftszweige in den konjunkturellen Rhythmus miteinzugliedern. Die Gemeinden bestreiten mit den Darlehensgeldern der Versicherungswirtschaft wichtige Kommunalinvestitionen, wie den Bau von Schulen, Krankenhäusern, Wasserversorgungsanlagen und Kanalisationen. Eine im vorvergangenen Jahr durchgeführte Stichprobenerhebung ergab dabei, daß zu diesem Zeitpunkt weit mehr als eine Milliarde Schilling von Versicherungsunternehmungen vergebenen Kommunalkrediten aushaftet und die Versicherungswirtschaft an der Darlehensvergabe der Kreditinstitute an Gemeinden mit rund 20 Prozent beteiligt war.

Zum Ende des Jahres 1967 betrugen die Aktiva aller Versicherungsunternehmungen 13,7 Milliarden Schilling und werden zum Ende dieses Jahres die 15-Milliarden-Grenze überschreiten. Von den Aktiven per Ende 1967 waren rund 9,5 Milliarden Schilling so veranlagt, daß sie für den Investitionssektor mittelbare oder unmittelbare Bedeutung erlangten, davon gingen in Form von Forderungen, Wertpapieren oder Darlehen insgesamt 3,4 Milliarden Schilling oder rund 35 Prozent der im Rahmen von Investitionsmaßnahmen wirksam gewordenen Gelder der Versicherungswirtschaft an Bund, Länder und Gemeinden.

„Deckungsstock“ Lebensversicherung

Es stellt sich die Frage, wieso die Versicherungswirtschaft in der Lage ist, doch immerhin bedeutende Beträge volkswirtschaftlich wirksam zu veranlagen.

Vor allem ist die Lebensversicherung ein Staubecken für die Sparbeitragsanteile der Versicherten, die über lange Fristen angesammelt und verzinst und daher auch veranlagt werden müssen. Die Fachleute bezeichnen diese Gelder als den „Deckungsstock“, in den jährlich steigende Zuflüsse eingeleitet werden, die zur Zeit die 5-Milliarden-Grenze erreicht haben dürften. Daß dieser ,Deckungsstock“ und damit ein gesundes Wachstum der Lebensversicherung für die langfristige, volkswirtschaftlich besonders interessante Veranlagung wesentliche Bedeutung hat, geht auch daraus hervor, daß die Lebensversicherung, die am Gesamtaufkommen aller Sparten und Spartengruppen einen Anteil von erst 16,8 Prozent verzeichnet, allein mit ihren Dek- kungsstockgeldern rund 37 Prozent Anteil an den Gesamtveranlagungen hat. In Ländern mit einer in der Entwicklung weiter fortgeschrittenen Versicherunigswirtschaft, in denen der Anteil der Lebensversicherung 30, 40 ja 50 Prozent vom Gesamtvolumen erreicht, steigt der Anteil an den Gesamtveranlagungen oft auf mehr als 80 Prozent. Die überragende Bedeutung der Lebensversicherung als Kapitalsammelbecken ersten Ranges erweist sich solcherart nachdrücklich. Auch aus diesem Grunde begünstigt der Staat die Le- bensversieherungssparten durch Gewährung von steuerlichen Absetzlimiten für die Beitragsleistung. Der im Rahmen der Kapitalmachtgesetze ursprünglich erfolgte Wegfall der dreiprozentigen (den eben genannten Intentionen zuwiderlaufenden)

steuer zielt in gleicher Richtung. Um so unverständlicher für Versicherte und Unternehmungen war der dann im Zusammenhang mit den Budgetschwierigkeiten 1967 erfolgte Widerruf der Beseitigung. Wenn man schon die Förderung des „Kapitalsammelbeckens“ der Lebensversicherung seitens des Staates grundsätzlich bejaht, dann müßte diese Haltung durch Konsequenz und Großzügigkeit in Hinkunft noch wirksamer gezeigt werden.

Mehr Sicherheit, mehr Verpflichtung

Neben den volkswirtschaftlich besonders wichtigen „Deckungsstock“-Geldern gibt es noch eine Reihe von Bilanzpositionen, welche den Ausgangspunkt für eine Kapitalveranlagung auf der Aktivseite bilden; es sind im wesentlichen echte technische Verbindlichkeiten einerseits und Sicherheitsrücklagen anderseits (also Prämienüberträge, Schadenreserven, Rückstellungen für schwankenden Jahresbedarf, besondere Zweckrücklagen usw.), aber auch Deckungsstockrückstellungen in der Krankenversicherung und für laufende Haftpflicht- und Unfallrenten.

Interessanter als die eben beschriebenen Verbindlichkeitspositionen sind die Rückstellungen für Prämienrückerstattung in den Sachversicherungszweigen und die Rückstellungen für Gewinnbeteiligung in der Lebensversicherung.

Das Verhältnis der längerfristigen zu den kurzfristigen Veranlagungen aus dem Zuwachs genannten Reservierungspositionen kann mit 3:1 geschätzt werden.

Die bedeutendsten Kapitalmarkttransaktionen der Versicherungswirtschaft erfolgen auf dem Gebiet des Wertpapierkaufs und durch die Begebung von Darlehen verschiedenster Art. Die Bewegung in diesen beiden Kategorien führte Ende 1967 zu einem Anteil von 71,67 Prozent an den Gesamtveranlagungen.

Die Sekundärfunktionen der Versicherungswirtschaft als Kapitaleinspeisungsquelle der Volkswirtschaft ist evident. Wie aufgezeigt, erlangen dabei wesentliche Teile dieser Kapitalzuflüsse auf dem Investitionssektor direkte und indirekte Bedeutung.

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