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Privatversicherung und Kapitalbildung

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Aus der Erkenntnis, daß das Risiko auf eine möglichst große Zahl von einzelnen verteilt werden soll, damit es nicht einen mit voller Schärfe trifft, ist der Versicherungsgedanke entstanden.

Das Eigentum als Säule der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Organisation unseres durch die moderne Industrie gekennzeichneten Zeitalters braucht außer dem Schute vor gesellschaftlichen Risken durch die Rechtsordnung auch einen wirksamen Schute vor natürlichen Gefahren. Oder, wenn dieser nicht zu erreichen ist, eine Milderung eingetretener Schäden durch Geldleistungen. Der Wiederaufbau eines abgebrannten Hauses soll ermöglicht, der Ersatz gestohlenen Gutes finanziert, die Existenz der Familie nach dem Tode dies Gatten gesichert werden. So hat die Versicherungswirtschaft die Primärfunktion eines Ausgleichs- und Hilfsfaktors. Sie bietet jenen materiellen Schutz, den die früheren Schutzgemeinschaften, wie etwa die Großfamilie, die Zünfte oder die Grundherrschaft, nicht mehr bieten, weil sie verschwunden sind.

Diese Schutzfunktiion der Dienstleistung Privatversicherung zum Nutzen sowohl des einzelnen als auch der Gemeinschaft ist heute allgemein bekannt. Weniger bekannt ist eine andere wichtige Funktion der Privatversicherung, insbesondere ihres Zweiges Lebensversicherung: Sie hilft sparen und ist damit ein bedeutendes Instrument der Vermögensbildung. Die Lebensversicherung, die ihrem Vertragspartner, dem Versicherten oder seinen Hinterbliebenen, zu einem bestimmten Zeitpunkt eine vereinbarte Summe samt Gewinnanteil zu zahlen hat, muß für die Prämien, die ihr zu diesem Zweck anvertraut werden, eine langfristige, sichere und ertragsmäßig günstige Kapitalanlage finden. Was liegt näher, als das Instrumentarium des Kapitalmarktes auch Geldern dienstbar zu machen, die nicht der Risikobedeckung gewidmet sind, zumal die Bedingung, die man an jede taugliche Sparform stellen muß — bestmögliche Verknüpfung von Sicherheit, Rentabilität und Liquidität —, auch für rein versicherungstechnische Anlagen eine conditio sine qua non ist. Der Schwerpunkt liegt auf Sicherheit, weil es sich um fremde Gelder handelt, die angelegt werden. Rentabilität wird von der Konkurrenz mit anderen Vorsorgeformen (Wertpapiere, Buchsparen usw.) erzwungen und auf Liquidität müssen Lebensversicherungsunternehmungen schon deshalb bedacht sein, weil ihnen laufend Leistungsverlangen präsentiert werden.

Die Lebensversicherung bietet eine glückliche Verbindung von Sparen und Sicherung des Sparzieles. In Österreich wurden 1968 0,7 Prozent des Volkseinkommens oder 1,6 Milliarden Schilling in privaten Lebensversicherungen investiert. In anderen Ländern wird der Lebensversicherung allerdings größere Bedeutung zugemessen. So wurden im Vorjahr in der Bundesrepublik Deutschland zwei, in der Schweiz 2,7 und in den Nieder landen 2,8 Prozent des Volkseinkommens in Lebensversicherungen angelegt. Daß die Versicherungsdichte in Österreich geringer ist, dürfte wahrscheinlich weniger auf den verhältnismäßig großen Umfang der von der Sozialversicherung gebotenen Leistungen zurückzuführen sein, als auf das noch relativ geringe Sparpotential unserer Bevölkerung. Dazu kommt, daß der Sparer unter einem vielfältigen Angebot auf dem Anlagemarkt zu wählen hat.. Auf diesem sind in der letzten Zeit die Investmentfonds stark in Erscheinung getreten. In diesem Zusammenhang muß man daran erinnern, daß der Gedanke der Risikostreuung in einem Portefeuille schon längst verwirklicht ist: nämlich im Deckungsstock der Privatversicherung.

Zu diesen Funktionen der Privatversicherung: Schutzgemeinschaft und Kapitalanlage, kommt noch eine dritte, für die Volkswirtschaft außerordentlich bedeutsame: die des Kapitalgebers. Von den 13,7 Milliarden Schilling Kapitalanlagen der österreichischen Versicherungswirtschaft im Jahre 1967 entfielen auf öffentliche und gemeinnützige Schuldner 5,3 Milliarden; dieser Betrag wurde zur Finanzierung von Investitionen in der Infrastruktur unseres Landes aufgewendet. 4,5 Milliarden Schilling langfristiges Kapital wurden den anderen Wirtschaftssektoren zur Verfügung gestellt, 2,4 Milliarden waren in Realitäten veranlagt. Dies gab der Bauwirtschaft einen gewaltigen Impuls, wenn man bedenkt, daß es sich nur um bebaute oder zu bebauende Grundstücke handelt.

Unsere Betrachtung zeigt, daß um den Kern der Schutzfunktion der Versicherungswirtschaft ein Kapitalbildungsinstrument und ein Investitionspotential beachtlicher Größe gewachsen ist. Die Schutzfuoktion wird in einer Volkswirtschaft mit steigenden Einkommen und wachsenden Vermögen an Bedeutung gewinnen. Und damit zwangsläufig auch der Beitrag der Versicherungswirtschaft zur Kapitalausstattung und zu weiteren Erfolgen dieser Volkswirtschaft.

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