Wertvolles Wirtschaften gefordert

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Wirtschaft und Gesellschaft benötigen Werte, um sinnvoll und um erfolgreich tätig zu sein. Nur Werte geben Jugendlichen erforderlichen Halt. Darin waren sich alle Beteiligten bei der Diskussion im Haus der Industrie zum Thema „Werte der Zukunft – Zukunft der Werte“ einig.

Die Verleihung des WER-Preises (siehe Artikel unten) nahm die Industriellenvereinigung (IV) zum Anlass und lud in Kooperation mit der FURCHE zu einer Podiumsdiskussion mit dem Titel „Werte der Zukunft – Zukunft der Werte“. Zum Einstieg wies die Theologin Regina Polak vom Institut für praktische Theologie der Universität Wien darauf hin, dass die Gesellschaft von heute nicht an einem Mangel an Werten leide, sondern dass vielmehr der Überfluss an Wertekonzepten die Herausforderung für die Menschen von heute darstelle. Naturgemäß war ihr die Rolle der Religion bei der Wertediskussion ein Anliegen: Für Polak kann Religion aufzeigen wie Leben funktioniert, somit ist der Glaube eine mögliche Quelle für Werte wie auch Ausgangspunkt für Kritik an bestehenden Wertesystemen.

Veit Schmid-Schmidsfelden, Chef der Rupert Fertinger GmbH und Mitglied des IV-Think-Tanks Höldrichsmühle, warf die Frage auf, wozu denn Werte überhaupt notwendig seien, wenn man ohnehin die Bibel habe. Als Unternehmer ist er der Meinung, „ohne Werte geht es nicht“.

Unternehmen brauchen Werte

Der Industrielle hat vier Punkte aus der Wertediskussion herausdestilliert: Er ist der Meinung, dass Unternehmen Werte in ihren Visionen definieren und sie diese nach innen und nach außen tragen müssen, wenn sie erfolgreich sein wollen. Weiters führe das Leben von Werten dazu, dass die Mitarbeiter einen „besseren“ Arbeitsplatz vorfinden, der diese wiederum zufriedenstelle und dafür sorge, dass nachhaltig qualitativ hochwertige Produkte entwickelt und produziert werden. Werte zeigen Handlungsalternativen auf, wie die Diskussion um die angeblich gestiegene Gier in der Wirtschaft deutlich macht, so Schmid-Schmidsfelden. Er ist nicht der Ansicht, dass die Gier zugenommen habe. Man müsse vielmehr danach fragen, wie nachhaltig der Begriff des wirtschaftlichen Erfolges sei, wenn diese Einschätzungen auf Quartalsberichten beruhen. Nicht zuletzt haben die Unternehmen die Verantwortung, die soziale Marktwirtschaft weiterzuentwickeln, eine Wertediskussion per se müsse aber von der Gesellschaft geführt werden. Beide – Gesellschaft und soziale Marktwirtschaft – brauchen einander. „Die Herausforderung liegt darin, die Wertediskussion nachhaltig zu führen“, so Schmid-Schmidsfelden.

WIFO-Chef Karl Aiginger gab zu bedenken, dass die Akzeptanz des marktwirtschaftlichen Gesellschaftssystems vor allem bei der Jugend verloren zu gehen drohe. Dies zeige sich in der Diskussion über die ungerechte Verteilung des Wohlstandes, die Dominanz von Finanzmärkten und der Missachtung von Umweltproblemen. Dieser Ausdruck der Angst vor der Zukunft kommt laut Aiginger unausgesprochen in der feindlichen Haltung gegenüber Ausländern, im Gefühl, benachteiligt und nicht gehört zu sein, in der Politikferne der Bürger und der Wahl von extremen Gruppen links und rechts der politischen Mitte zum Tragen. Er wies ebenso darauf hin, dass extreme politische Gruppen sowie „politikferne“ Organisationen zwar die Probleme und Ängste der Bürger von heute besser anzusprechen vermögen, dass diese aber nicht in der Lage seien, langfristig taugliche Lösungen anzubieten. „Es darf nicht geschehen, dass das herrschende Spannungsverhältnis in der Gesellschaft den extremen Parteien und den Boulevardmedien übertragen wird“, so Aiginger. Deshalb braucht es eine schonungslose Darstellung der Wirklichkeit, im positiven wie im negativen Sinne. Aigingers Shortlist: Die Einkommen sind heute dreimal so hoch als noch vor 50 Jahren, auch wenn sie ungleich verteilt sind. Die Inflation ist in den vergangenen 15 Jahren halb so hoch als noch vor Österreichs Beitritt zur EU, trotzdem ist sie für viele ein großes Problem. Österreich ist ein Land mit geringer Armut, aber sie trifft dennoch viele. Österreich wird durch eine Million Menschen aus dem Ausland bereichert, aber das Land nutzt dieses kulturelle und intellektuelle Potenzial nicht.

Martin Ohneberg, Chef der Jungen Industrie und Chief Operating Officer der Soravia-Gruppe, führte die Diskussion über die jungen Menschen weiter. Er zitierte Jugendstudien, die aufzeigen, dass die Jugend sehr ziel- und karriereorientiert sei, sich aber eher unkritisch gegenüber gesellschaftlichen Entwicklung zeige. Weiters gewinne das Internet immer mehr an Bedeutung und verliere das Ausgehen an Wichtigkeit. „Der Rückzug ins Private stellt eine Gefahr dar“, sagt Ohneberg. Der Umgang mit der Gesellschaft gerät in den Hintergrund, was nicht zuletzt am Wahlausgang deutlich geworden sei. Die Bereitschaft, Risken einzugehen, müsse wieder gestärkt werden. Polak warf dazu ein, dass sich 37 Prozent der Jugendlichen einen starken Mann an der Spitze des Staates vorstellen können anstatt eines gewählten Parlaments. Die Theologin warnte aber vor einer Stigmatisierung der Jugendlichen, denn diese würden nur das widerspiegeln, was ihnen an Werten in der Gesellschaft vorgelebt wird. Laut Polak muss auch im Bereich Bildung etwas getan werden. Nicht die Reproduktion von Wissen soll gelehrt werden, sondern das Denken und das Stellen von Fragen. Aiginger ging bei der Jugendbildungsdiskussion weiter und bezeichnete die Schulen als „geschlossene Anstalten“. Wann immer er mit Jugendlichen zu tun habe, sehe er interessierte und motivierte junge Menschen vor sich. „Das Problem ist, dass die Jugendlichen in den Schulen nichts über das Leben lernen. Sie sind vielmehr acht Jahre weggesperrt.“

Erwirtschaften und teilen

Christoph Klein, Sozialexperte der Arbeiterkammer Wien, wandte ein, dass materielle Dinge nicht vermehrt werden können. Ein Beispiel hierfür ist für ihn die Finanzkrise. Sie habe gezeigt, dass Wohlstand auch erwirtschaftet werden muss. Wertpapiere steigen nicht ins Unendliche. Wenn aber die Begrenztheit der Güter dazu führt, dass man nur auf seinen eigenen Vorteil schaut, brauche es Werte. Dann stellt es nämlich einen Wert dar, wenn es nicht nur einem selbst gut geht, sondern man dafür sorgt, dass es auch andere gut haben. Heute müsse man Wirtschaft so denken, dass man Wege findet, damit die Ökonomie möglichst vielen zugutekommt. Doch dies dürfe nicht auf Kosten von Freiheiten oder durch Unterdrückung geschehen. In Österreich habe laut Klein die Wirtschaft und die Arbeitnehmerschaft begriffen, dass man leistungsbereit sein muss, denn nur so ist in weiterer Folge das Teilen des erarbeiteten Wohlstandes möglich.

Seiten 6 und 7 entstanden in Kooperation mit der Industriellenvereinigung.

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