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Weil's modern ist...

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Große Freude hat der österreichische Bundesjugendring mit seinem jüngsten Kind: Stolz präsentierte er der Öffentlichkeit eine „Fachzeitschrift für Jugendfragen“, die unter dem Titel „report“ um den 1. März herum erstmals erschienen ist. „Es ist das Ziel, mit .report' einen Dienst für die Jugend zu leisten und für ein kritisches Engagement an Österreichs Demokratie einzutreten“, hieß es im Vorwort der ersten Nummer. Nun, das jüngste Ringkind ist, allein schon vom Titel her, eher ein „alter Hut“. Denn die österreichische Studenten-Union hatte bereits zu Jahresbeginn eine Zeitschrift für Bildung und Politik unter dem Namen „report“ ins Leben gerufen. Erkundigungen beim Bundesjugendring, wer der „Vater der ÖBJR-reports“ ist, bleiben unbeantwortet: Auf einmal war der Vorschlag da, erfährt man, und diesen hat man einfach angenommen.

Er klingt ja modern, sogar etwas englisch, und damit aktuell. Bereits in diesen Tagen wird der Ring die zweite Nummer seiner Publikationen herausbringen und insgesamt sind für 1970 vier Nummern vorgesehen. Der ÖBJR hat im Jahresbudget 100.000 Schilling für die Zeitschrift veranschlagt. Nun aber tauchen bei Mitgliedsverbänden bereits Zweifel auf, inwieweit die Informationslust der Ringleute auf realem Boden steht.

Begründet man die Werbenotwendigkeit des „reports“ in der ersten Nummer noch damit, daß die Situation der Jugend „falsch eingeschätzt und gedeutet wird“, so erhofften sich Mitgliederverbände zumindest in den ÖBJR-Informationen ein objektives und realistisches Bild der österreichischen Jugend: Hatte doch eine im vergangenen Jahr durchgeführte Untersuchung ergeben, daß die jungen Österreicher den Jugendorganisationen jeglicher Art eher distanziert und skeptisch gegenüberstehen, wobei rein politisch orientierte — wie sie im ÖBJR den Ton angeben — noch stärker abgelehnt werden als etwa religiöse. Vielfach herrscht bei den Jugendlichen die Meinung vor, daß die Mitglieder der Jugendorganisationen Menschen seien, die nicht selbständig handeln können, noch nicht ausgereift seien und eine Führung brauchen, oder — um es mit einem bekannten Wort auszudrücken — einfach Vereinsmeier sind.

Das rot-schwarz-katholisch zusammengesetzte „reporf'-Redaktions-komitee hält scheinbar nichts von solchen — für den Ring alarmierenden — Untersuchungen — man bastelt sich sein eigenes Bild von der österreichischen Jugend, eben das Bild der Vereinsmeier: Verbale Allgemeinplätze über die Autorität und Kritik — wie könnte es anders sein — an der Landesverteidigung, im speziellen an der geistigen Landesverteidigung.

Kein Wort fällt allerdings darüber, daß Ringorgandsationen recht gerne unter dem Deckmantel der geistigen Landesverteidigung Subventionen aus Steuergeldern in Anspruch nehmen. Nicht die Organisationen, sondern das Redaktionskomitee hat nun den „schwarzen Peter“ in der Hand': Denn die Organisationen haben bei der Gestaltung der Publikationen herzlich wenig mitzureden. Zwar wird von 18 Mitgliederorganisationen gesprochen, aber wenn es um die Veröffentlichung der Organi-sationsberdchte geht, dann haben jene den Vorzug, die „ihre Leute“ im Redaktionskomitee sitzen haben, versichern unzufriedene Organisationen. Anstatt sich also mit Problemen zu befassen, die, dem Motiv der Zeitschrift gerecht werden — wie etwa die Image-Verbesserung der Organisationen bei der Jugend — ergeht man sich in Phrasen, die alles andere als ein realistisches Bild der österreichischen Jugend zeichnen.

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