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Antiquierte Moderne: Obey und Sartre

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Die kleinen Wiener Kellerbühnen haben mit den Franzosen kein Glück. Für die traditionelle Komödie, für die das Publikum zu gewinnen wäre, besitzen sie weder die Akteure noch die Ausstattung (und sind da wohl auch nicht ganz zuständig), die Pariser Radikalen unserer Tage, die zugereisten extremen Ironiker, von denen sich so manches — zumindest Aktuelles — finden ließe, sind für die schmalen Kellerbudgets ein allzu großes Wagnis, die Modernen “der Kriegs- und Nachkriegsjahre, mit denen sie sich behelfen, üben keine Zugkraft mehr. Wen interessiert heute noch die Avantgarde von gestern? — Aber sie versuchen es immer wieder.

Das Theater am Parkring bringt als österreichische Erstaufführung Andre O b e y s „Ein Mädchenleben für Wind“. Geschrieben 1952, im Stil von 1945 und frflheV: EuHpides im modernen Gewand. Odysseüs. ÄgäVnermiori und'Me-nelaos agieren inmitten von Eisenstäben und glatten Flächen in feldgrünen Generalsuniformen und geben temperamentvoll, wie die „Gallier“ nun einmal sind, zu verstehen, daß Obey um jeden Preis für den Frieden ist. Was gut und schön ist und allgemein erwünscht (denn wer ist nicht für den Frieden), doch — so fragt man sich — ob ihm da Euripides wird helfen können? Daß Agamemnon ein Tyrann war, ist höchstwahrscheinlich. Aber er ist tot. Wir leben. Für uns kommen Stücke in Frage, in denen mitgeteilt wird, was heute gegen Krieg und Kriegsgefahr zu unternehmen ist. — In den Rollen aus poetisch-politischem Papier bemühen sich Dieter Bauer, Tino Schubert, Ernat Zeller, Peter Schratt, Raimund Kuchar, Erna Korhel, Elfriede Rammer. Die ästhetische Inszenierung schuf Kurt Julius Schwarz, das altmoderne Bühnenbild ist von Helmut Schmeiser.

Im „Experiment“ in der Liechtensteinstraße sehen wir zum drittenmal in Wien J. P. Sartres „Hinter v e r s c h 1 o s s e nen Tü r e n“. Schön war es einst im Mai, wirkungsvoll und interessant. Heute sind diese Türen schon seit längerem offen. Man lauscht ein wenig eingeschläfert, was uns Sartre vo(r einem Jahrzehnt zu sagerX habt““na'tfe, und' man weiß, wie'es ausgehenT'wi'r'3.“Ufah kann eben nur einmal desillusioniert werden, beim zweitenmal ist man es schon. Sartres zivile Hölle mit Komfort und psychologisch ausgeheckten Qualen ist nicht mehr so up to date. — Es spielen Hella Ferstl, Hedwig Trottmann, Herbert Fux (der auch die untadelige Regie besorgte) und Johannes Ferigo.

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