6787856-1970_21_06.jpg
Digital In Arbeit

Entwicklungsland No

Werbung
Werbung
Werbung

Niederösterreich erhält ein Landesentwicklungskonzept Die gesetzliche Grundlage ist das am 1. Jänner 1969 in Kraft getretene „Niederösterreichische Raumordnungsgesetz“, das vorsieht, die regionalpolitischen Maßnahmen des Landes nach klaren Richtlinien, die in Raumordnungsprogrammen rechtsverbindlich verankert werden sollen, auszurichten. Dieses Konzept soll nach Prioritäten geordnete Zielsetzungen für die niederösterreichische Regionalpolitik enthalten, wobei man jenen Maßnahmenkomplex, dessen Realisierung in die Kompetenz des Bundes fällt, bewußt nicht ausgeklammert hat. Denn: im Interesse einer koordinierten Regionalpolitik wäre jede willkürliche Grenzziehung abzulehnen, um so mehr, als die obersten RaumordnungsrichtUnien der Bundesregierung von denen der niederösterreichischen Landesregierung nur unwesentlich abweichen. Die Umstellung wachstumsschwacher Industriebetriebe, die Ansiedlung neuer, wettbewerbsfähiger Produktionszweige, der Ausbau des Fremdenverkehrs, die Strukturverbesserung der Land- und Forstwirtschaft, eine Ab-schwächung der regionalen Einkommensdisparität, ein enges Kooperationsverhältnis der Region, die aus den Bundesländern Wien, Niederösterreich und der nördlichen Hälfte des Burgenlandes besteht, sind die allgemeinen Bntwicklungswünsche.

Neben Wirtschaftssanierenden Maßnahmen sind bevölkerungspolitische und solche der Verwaltung und Um-welthygdene Schwerpunkte des zu entwickelnden Programms. Die Lösung des wirtschaftlichen Problems hofft man durch die Förderung von Industrieneugründungen in bestimmten Eignungszonen und durch die Umschulung frei werdender landwirtschaftlicher Arbeitskräfte zu erreichen. Es müssen Schwerpunkte geschaffen und diese müssen so konzentriert werden, daß weder eine zu starke Streuung noch eine Ballung der Betriebe in ganz wenigen Agglomerationsräumen die Folge ist. Diese dadurch entstehenden „zentralen Orte“ sollen ein möglichst vielfältiges Angebot an wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Leistungen ergeben. Damit und mit Hilfe einer modern strukturierten Wohnbauförderung will man auch die ungünstige Altersstruktur der Bevölkerung, bedingt durch Wanderungsverluste vor allem bei jüngeren Altersstufen, abfangen. Auf dem Gebiet der öffentlichen Verwaltung ist eine Hebung der Effizienz durch weitere Zusammenlegung von Gemeinden zu kommunalen Verwaltungeinheiten dringend vonnöten. Dam schleichenden Selbstmord, ausgelöst durch Lärm, Luftverpestung und Abwässerverschmutzung, soll durch den Ausbau eines organischen Hauptverkehrsnetzes, den Schutz des Wasser-angebotes, die Lösung des Müllpro-blems und die Aussparung echter Erholungsgebiete entgegengetreten werden. Die Verkehrsverhältnisse können nur durch leistungsfähige Verbindungen zwischen den einzelnen Ballungszentren sowie zwischen diesen und der Bundeshauptstadt verbessert werden. Darüber hinaus soll der niederösterreichische Abschnitt der Donau durch den Bau von Staustufen und durch sonstige Regulierungsmaßnahmen für den Euro pakahn ganzjährig befahrbar gemacht werden.

Nun hört sich dieser Katalog ja durchaus respektabel an. Ist man jedoch realistisch, so darf an der Verwirklichung in absehbarer Zeit mehr als gezweifelt werden. Niederösterreich ist drauf und dran, das Schlußlicht Österreichs zu werden. Die Entwicklung in den westlichen Bundesländern geht so schnell vor sich, daß Niederösterreich sowohl hinsichtlich seiner Wirtschaft — und damit seines Steueraufkommens — als auch durch seine geographische Situation in die Hinterhand gerät. Immerhin scheint ein Ansatz für eine Strukturpolitik gegeben zu sein. Es ist zu hoffen, daß auch der Bund die Dringlichkeit der Anliegen Niederösterreichs anerkennt,

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung