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Chirurg, Kliniker, F orscher

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Die Leistungen und Verdienste von Wolfgang Denk als langjähriger Assistent des Billroth- Schülers Anton v. E i s e 1 s b e r g, als Primararzt der Krankenanstalt Rudolf-Stiftung in Wien, als Ordinarius für Chirurgie an der Chirurgischen Kinik der Universität Graz und während seiner fast 25jährigen unermüdlichen Tätigkeit als Leiter der II. Chirurgischen Universitätsklinik in Wien wurden in österreichischen Tagesblättern in den letzten Wochen mehrfach rühmend hervorgehoben. Mit vollem Recht wurde auch auf seine erfolgreiche Arbeit als Kriegschirurg in beiden Weltkriegen hingewiesen. Alle diese Leistungen und Verdienste sind heute jedem Oesterreicher bekannt. Alle, die Wolfgang Denk kennen, wissen, daß er durch Jahrzehnte bei seiner Arbeit nur ein Ziel vor Augen hatte: kranken, bedrängten Menschen in ihrer Not zu helfen und gegen Krankheit und Tod zu kämpfen.

Im folgenden soll nun der Versuch unternommen werden, die Verdienste aufzuzeigen, die sich Wolfgang Denk seit dem Ende des letzten unseligen Krieges im besonderen, über seine sonstigen Verdienste hinaus, um die gesamte österreichische Medizin erworben hat.

Die durch die letzten Kriegsjahre und die schwere Nachkriegszeit verursachten Zerstörungen und Schäden hatten begreiflicherweise auch die österreichische Medizin nicht verschont. Wie überall, so galt es auch hier, von vorne anzufangen und neu aufzubauen. Unter den Männern, welche sich sofort mit Feuereifer diesem Wiederaufbau auf medizinischem Gebiet verschrieben, stand Wolfgang Denk in vorderster Reihe. Als über die dringende Notwendigkeit des Wiederaufbaues und der Beseitigung der Kriegsschäden nach Aufnahme der ersten Beziehungen mit den Chirurgen der anglo-ameri- kanischen und skandinavischen Staaten die Feststellung gemacht werden mußte, daß in diesen Ländern während der Kriegsjahre die Chirurgie gewaltige Fortschritte, insbesondere auf dem Gebiete der operativen Behandlung von Herz- und Lungenkrankheiten, gemacht hatte, da war es Wolfgang Denk, der als erster- die Initiative ergrif£ sä cfie notwendigen Schritte unternahm, um der österreichischen Chirurgie so rasch wie möglich die Voraussetzungen zu verschaffen, diese neuen Errungenschaften kennenzulernen und den Vorsprung des Auslandes einzuholen. Bei Studienreisen nach England, Schweden und Amerika unterrichtete er sich über die Arbeitsmethoden der bekanntesten Thoraxchirurgen der Welt. Ueberall fand er die freundlichste Aufnahme und das größte Entgegenkommen, waren doch sein Name und seine wissenschaftlichen Leistungen den Chirurgen, die er besuchte, ein Begriff. Viele dieser jetzt berühmten Chirurgen waren seinerzeit bei Studienreisen selbstverständlich auch nach Wien gekommen, um österreichische Chirurgen, und unter diesen auch Wolfgang Denk, bei der Arbeit zu sehen und die hier geübten Methoden kennenzulernen. So konnte Denk zahlreiche seinerzeit in Wien oder bei internationalen Chirurgenkongressen angebahnte freundschaftliche Beziehungen in regem Gedankenaustausch erneuern. Eine ganz besondere Freude war für ihn die herzliche Aufnahme, mit welcher ihn der leider vor kurzem verstorbene berühmte Thoraxchirurg E. A. G r a- h a m in St. Louis empfing. Graham kommt das Verdienst zu, im Jahre 1933 als erster hei einem Fall von Lungenkrebs mit Erfolg einen ganzen Lungenflügel entfernt zu haben.

Die von Wolfgang Denk auf diesen Auslandsreisen gewonnenen neuen Erkenntnisse und Erfahrungen wurden sofort an seiner Wiener Klinik verwertet. Sein Hauptinteresse galt der Verbesserung der Technik der Lungenresektion. Mit dem Problem der Entfernung von erkrankten Lungenteilen hatte sich Denk schon seit vielen Jahren beschäftigt. Es war daher für ihn eine Selbstverständlichkeit, daß er jetzt mit Feuereifer daranging, die im Ausland entwickelten neuen Operationsmethoden an seiner Klinik einzuführen, um so mehr, als durch die Zunahme der Erkrankungen an Lungenkrebs die Entfernung erkrankter Lungenlappen und Lungenflügel eine dringende Notwendigkeit geworden war. Aber nicht nur der Lungenresektion, sondern auch der neu entwickelten chirurgischen Behandlung von angeborenen und erworbenen Erkrankungen des Herzens und der großen Gefäße galt Denks Interesse. Nachdem es ihm gelungen war, den berühmten schwedischen Herzchirurgen C. C r a- f o o r d mit seinem Arbeitsteam nach Wien zu bringen, nachdem dieser an Denks Klinik eine Reihe derartiger Eingriffe demonstriert hatte und nachdem sich Denk mit seinen Assistenten durch eingehendste Studien in diesem neu erschlossenen Arbeitsgebiet der Chirurgie eingearbeitet hatte, konnte an die Ausführung dieser großen Eingriffe herangegangen werden. Mit welcher Hingabe, Ausdauer und Opferbereitschaft Denk stets bei der Arbeit war und wie sehr ihm das Leben der ihm anvertrauten Kranken am Herzen lag, das beleuchtet folgende Episode während des Aufbaues der Thoraxchirurgie an seiner Klinik:

Als vor mehreren Jahren ein Kranker nach einem großen Eingriff infolge eines während der Operation aufgetretenen größeren Blutverlustes in einen lebensgefährlichen Zustand geraten war und dringendst eine Bluttransfusion benötigte, um am Leben zu bleiben, da war durch einen unglücklichen Umstand kein geeigneter Blutspender zur Stelle. Von den anwesenden Aerzten und Schwestern hatte niemand die Blutgruppe des Kranken — außer Wolfgang Denk, der gerade den schweren Eingriff an diesem Kranken ausgeführt hatte. Ohne zu zögern, befahl er seinen Assistenten, ihn selbst als Blutspender zu verwenden und sein Blut dem Kranken zu übertragen.

Die Bedeutung einer verläßlichen, aber schonenden Schmerzverhütung für den Erfolg jedes größeren chirurgischen Eingriffes hatte Denk schon immer erkannt. Er war daher auch einer der ersten, der schon vor mehr als 30 Jahren die damals entwickelte Lachgas-Appa- rat-Narkose in Oesterreich zur Anwendung brachte. Als es dann nach dem letzten Kriege offensichtlich wurde, daß die im Ausland während des Krieges auf dem Gebiete der Thoraxchirurgie erzielten Fortschritte zu einem Großteil den von Narkosespezialisten entwickelten modernen Narkoseverfahren zu verdanken sind, da zögerte Denk keinen Augenblick, sich energisch dafür einzusetzen, daß nun endlich auch in Oesterreich Narkosespezialisten ausgebildet wurden. Er erreichte es, daß Aerzte und Aerztinnen seiner Klinik im Ausland diese modernen Narkoseverfahren erlernen konnten Er erreichte es außerdem, daß dem für die ganze moderne Medizin so wichtigen Fach der Anaesthesiolo-

g i e nun auch in Oesterreich die Anerkennung als selbständiges Fach zuteil wurde. Nicht nur für die T h o r a x c h i r u r g i e, sondern für die gesamte operative Medizin ist heute der

Narkosespezialist ein unentbehrlicher Mit arbeiter geworden. Wenn heute in Oesterreich Thoraxchirurgie in einer Weise betrieben wer den kann, die den Vergleich mit dem Ausland nicht zu scheuen braucht, und seine Klinik zu einem auch im Auslande angesehenen Zentrum für Thoraxchirurgie wurde, so ist dies in erster Linie Wolfgang Denk zu danken. Diese Leistungen sind um so mehr zu bewundern, da sie trotz der völlig unzulänglichen, räumlich be engten Verhältnisse der Klinik erzielt werden konnten.

Als Denk im Herbst 1931 die Leitung der II. Chirurgischen Universitätsklinik in Wien übernahm, da wählte er für seine Antrittsvorlesung das Thema „Probleme der Krebsbekämpfung". Neben den verschiedenen

Verfahren der operativen und sonstigen Krebsbehandlung ging er auf die Möglichkeiten der Früherfassung krebskranker und krebsgefährdetet Menschen durch frühzeitige Diagnose durch klinische und Laboratoriumsuntersuchungen ein. Er- erwähnte aber schon damals die Notwendigkeit einer entsprechenden Volksaufklä- rung und Krebsfürsorge. Dieser damals vorgelegte Arbeitsplan wurde nach Kriegsende sofort wiederaufgenommen und weiterverfolgt. Als langjähriger Präsident der Oesterreichischen Gesellschaft zur Erforschung und Bekämpfung der Krebskrankheit bemühte er sich um die statistische Erfassung der Krebskranken, um die Fragen der Krebsfürsorge und der Gesunden- untersuchungen zur Früherfassung Krebskranker, nicht zuletzt auch um die Fragen der Krebsentstehung durch beruflich bedingte Schäden und Nikotingenuß. Alle diese so verdienstvollen Bestrebungen und Arbeiten Denks fanden in dem durch seine tatkräftige Initiative errichteten und jetzt von ihm geleiteten Krebsforschungsinstitut ihre Krönung.

Als es nach dem Kriege galt, die traditionsreiche „Gesellschaft der Aerzte in Wien" wiederzuerrichten, da stellte sich Wolfgang Denk trotz seines großen Pflichten- und Aufgabenkreises auch für diese Aufgabe zur Verfügung. Es war eigentlich eine Selbstverständlichkeit, daß bei der ersten Wahl des Verwaltungsrates der wiedererstandenen Gesellschaft, am 19. Oktober 1945, Professor Denk zum Präsidenten der Gesellschaft gewählt wurde. Ohne Unterbrechung versieht Denk seither dieses wichtige Amt, sehr zum Gedeihen und Nutzen dieser angesehenen medizinischen Gesellschaft.

Das Bild der Leistungen und Verdienste Wolfgang Denks wäre unvollständig ohne Erwähnung seiner großen Verdienste als langjähriger Präsident des „O bersten Sanitätsrates“, der höchsten beratenden Körperschaft des Gesundheitswesens Oesterreichs. Mit größter Umsicht und hervorragender Sachkenntnis versieht er dieses hohe Amt.

Welches Ansehen Wolfgang Denk als Chirurg und Kliniker auch im Ausland genießt, das bezeugt unter anderem seine Wahl zum Ehrenmitglied der berühmten Deutschen Gesellschaft für Chirurgie und seine Wahl zum Präsidenten der SociėtėInternationale deChirur- g i e für den Kongreß dieses Jahres. Die zahlreichen Ehrungen, welche ihm in Oesterreich zuteil wurden, sind Zeugnisse seiner Wertschätzung und Beliebtheit in der Heimat. Sie sind der Ausdruck des Dankes, den ihm Oesterreich für seine Leistungen schuldet.

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