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Der Paß und seine Mönche
Im Süden waren bei der Umlegung der Trasse große Geländeschwierigkeiten zu überwinden. Die dortige Galerie ist nicht weniger als 9,7 Kilometer lang und die Straße erreicht über ein Viadukt mit 86 Meter lichter Höhe den Anschluß an die bisherige Trasse in der Nähe der Ortschaft Etroubles.
Sobald man im eigentlichen Tunnel arbeiten konnte, war es natürlich möglich, dies auch im Winter zu tun. Damit konnte eine ganzjährige Arbeitszeit erreicht werden, was für die Fertigstellung und Inbetriebnahme der ganzen Anlage selbstverständlich von großer Bedeutung war. Mit der Eröffnung des neuen Straßentunnels durch den Großen St. Bernhard wird wohl der höher droben gelegene Paß (2472 Meter) allmählich seine verkehrswichtige Rolle, die er Jahrhunderte hindurch gespielt hat, verlieren. 1961 waren dreihundert Jahre vergangen, seit die berühmten vierbeinigen Retter, die Bernhardinerhunde, zum ersten Male in Chronikberichten erwähnt wurden.
Der Name dieser aus den Gebirgen Asiens stammenden Hunderasse erinnert an eine große Tat der Menschlichkeit.
Im 11. Jahrhundert gründete St. Bernhard auf dem nach ihm benannten uralten Ubergang zwischen dem Wallis und der Region von Aosta ein Hospiz, dessen mönchische Insassen den durch das unwirtliche Hochgebirge ziehenden Bergwanderern und Saumzügen bei Berg- und Lawinennot Hilfe leisten“sollten. Die Hospizgebäude sind in ihrer, grauen Mächtigkeit der umgebenden ernsten Hochgebirgslandschaft angepaßt. Dem Kernbau aus dem 11. Jahrhundert folgten Anbauten und Erweiterungen im 13., 15., 17. und 19. Jahrhundert.
Wenn man vom Großen St. Bernhard und seinen Mönchen spricht, so darf man auch eine Kulturstätte nicht vergessen, die drunten im Rhonetal am Nordabfall dieser Bergwelt gelegen ist: die Abtei Sankt Maurice, das römische „Agaunum“. Der Ort liegt in einem felsigen Engpaß, bevor sich das Rhonetal gegen die Ebenen zum Genfer See hin öffnet. Wahrscheinlich hätte der Ort, der nicht mehr als ein Zollposten war, kaum die Zeit, der Völkerwanderung überstanden, wenn sich nicht ein besonderes Ereignis der frühchristlichen Geschichte dort abgespielt hätte. In Octodurus, etwas rhoneaufwärts (das heutige Martigny), befand sich der Mitkaiser Diokletians, Maximianus, mit seinen Legionen. Unter diesen römischen Legionen war eine, die aus Theben im Niltal dorthin verlegt worden war mit dem ausdrücklichen Auftrag, die Christen zu verfolgen. Unter den „Thebäern“ aber befand sich selbst eine große .Anzahl von Christen mit ihrem Anführer Mauritius. Diese Thebäer nun beriefen sich nicht auf „Befehlsnotstand“, sondern weigerten sich entsprechend ihrem Gewissen zweimal, den Befehl zur Christenverfolgung durchzuführen. Der „Erfolg“ war, daß Maximianus die thebanische Legion summarisch niedermetzeln ließ.
Um das Jahr 360 ließ Theodor, Bischof von Wallis, die Gebeine dieser Märtyrer, die in einem Massengrab verscharrt worden waren, ausgraben und in Agaunum bestatten.
Die Archäologie hat sich mit besonderer Liebe dieses Ortes angenommen. Die Ergebnisse ihrer Forschungen zeigen eine Reihe von Bauperioden im Laufe der Jahrhunderte, die freigelegt beziehungsweise datiert werden konnten.
Merowinger und Karolinger waren an diesen Landstrichen interessiert, verliehen dort Rechte und Privilegien. Denn St. Maurice war eine Schlüsselstellung im Netz der. alten Heerstraßen.
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