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Dialektischer Papst

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Dieser fapst ist nur aiaieKtascn zu verstehen. Was widerspruchsvoll bei ihm scheint, wenn man seine einzelnen Aktionen betrachtet: einmal links, einmal rechts, einmal vorwärts, einmal rückwärts, einmal progressiv, einmal konservativ, enthüllt seinen Sinn erst in der Gegenüberstellung, im Zusammenspiel, in der Synthese. Man kann diesem Papst gewiß vieles nachsagen, eines aber nicht, daß er kein Ziel hätte und daß er dieses Ziel nicht mit einer unendlichen Beharrlichkeit verfolge; aber eben dialektisch. Als er sein Amt antrat, sagte er, daß er den Weg seines Vorgängers weiter verfolgen wolle. ' '

Die Sorge um den Frieden hat die Welt Johannes geglaubt, sie sieht sich jetzt den konkreten Schritten gegenüber, die Paul für den Frieden unternimmt. Neben dem Frieden war es das Problem der christlichen Einheit, das den Johannespapst zutiefst bewegte. Papst Paul ist auch hier von der Intuition zur Tat geschritten. Zur klaren Erkenntnis des Zieles, zum unbeirrbaren Willen, den Weg zu diesem Ziel zu gehen, gesellt sich als drittes der persönliche Mut, allen konventionellen Bedenken gegenüber auch ungewöhnliche Mittel zu ergreifen. Dem Frieden und der christlichen Einheit dient auch die Reise nach Kontstanitinopel. Der Patriarch Athenagoras hat mehrmals seine Absicht bekundet, den Papst in Rom zu besuchen. Der Papst aber weiß, daß der Patriarch von Konstantinopel, dessen Vorrang in der Orthodoxie ja nur ein Ehrenvorrang ist, Bedacht nehmen muß auf manche orthodoxen Empfindlichkeiten. Der Papst kann es sich seinerseits leisten, Fragen des Prestiges und des Protokolls beiseite zu schieben und nach der Begegnung in Jerusalem den ersten Schritt zu tun.

Die Bestrebungen, zur christlichen Einheit zurückzufinden, die auf keinen Fall eine formale Einheit sein wird, haben in einer Annäherung zwischen katholischer und orthodoxer Kirche die größten Chancen.

Das andere ist der Friede im Heiligen Land und die Sicherung der heiligen Stätten. Mit Zähigkeit verfolgt der Heilige Vater den Plan einer Internationalisierung dieser heiligen Stätten, was nicht gleich-bedeutend sein muß mit einer Inter-nationaiisierung Jerusalems. Die Ostkirche ist im Heiligen Land stärker vertreten als die lateinische. Ihr Wort wird neben dem des Papstes Gewicht haben, zumal dann, wenn sie sich auch stützen kann, nicht nur auf das Votum des Patriarchen Athenagoras, sondern auch der anderer orthodoxer Patriarchen. Athenagoras wird im Herbst eine große Reise antreten, sie soll ihn, so heißt es, zuerst nach Moskau führen. Auch das kommunistische Rußland war immer bedacht auf eine missisch-onthodoxe Präsenz, an den heiligen Stätten. Die Großmächte spielen auf vielen Klavieren. Demgegenüber scheint der Einsatz des Papstes gering zu sein. Aber mehr kann niemand einsetzen als er: seine Persönlichkeit, seine Zähigkeit, seinen Mut, wenn es um das Ziel geht, das ihm am (höchsten scheint: der Friede!

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