Positionen zum Petrusdienst

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Elf katholische Beiträge über die Zukunft des Papstamtes sind in dem neuen Sammleband, der noch vor dem Konklave erscheint, nachzulesen. Dazu kommen Positionen aus dem protestantischen, orthodoxen, dem jüdischen sowie dem muslimischen Bereich. Nachstehend drei markante Zugänge.

Evangelische Anfrage

Johannes Paul II. hat in seiner Ökumene-Enzyklika "Ut unum sint - Dass sie eins seien“ von 1995 seine besondere Verantwortung unterstrichen, "wenn ich die ökumenische Sehnsucht der meisten christlichen Gemeinschaften feststelle und die an mich gerichtete Bitte vernehme, eine Form der Primatsausübung zu finden, die zwar keineswegs auf das wesentliche ihrer Sendung verzichtet, sich aber einer neuen Situation "öffnet“.

Wird sich der Gegensatz dadurch überwinden lassen, dass es bloß eine andere Form der Primatsausübung gibt (auch wenn das schon viel wäre)?

Die isolierte Frage nach den Bedingungen einer Anerkennung des Papst-amtes als Amt der Einheit durch die nicht römisch-katholischen Kirchen greift wohl zu kurz. Vorher braucht es eine Verständigung über das unterschiedliche Amts- und Kirchenverständnis, in der es darauf ankommen wird, dass keine Seite die andere davon überzeugen will, dass nur das je eigene Verständnis den Anspruch auf Wahrheit und Gültigkeit erheben kann.

Walter Kaspers Formulierung von den "Kirchen anderen Typs“ ließe sich für eine solche Verständigung zwischen evangelischer und römisch-katholischer Position fruchtbar machen.

Der Respekt vor den unterschiedlichen Selbstverständnissen der Kirchen und ihre gegenseitige Anerkennung müssten erst den Boden bereiten, auf dem der Dialog über das Papstamt geführt werden könnte.

(Michael Bünker, lutherischer Bischof)

Muslimische Wünsche

Religionen sind nur dann offen und lebensnah, wenn sie stark sind und nichts befürchten. Und je lebensnaher Religionen sind, desto attraktiver sind sie auch für die Menschen. Sowohl der Islam als auch das Christentum sind heute herausgefordert, die Frage an sich zu stellen, wie sie die Gesellschaft bereichern können. Dazu gehört die Betonung des hohen Stellenwerts der Familie, des Lebens, der ehrenamtlichen Arbeit, der […] Gerechtigkeit u. a. Beide Religionen dürfen sich nicht von der Lebenswirklichkeit der Menschen abschotten. Beide Religionen bergen viel Potenzial in sich, unsere Gesellschaften zu bereichern, indem sie uns an Werte wie Nächstenliebe und bedingungslose Liebe und Güte erinnern. Die seit Jahren andauernden Konflikte im Nahen Osten, die wirtschaftliche Ausbeutung vieler Länder der sog. "Dritten Welt“ sowie die Unterstützung diktatorischer Regime in vielen islamischen Ländern durch westliche Staaten sorgen für große Verstimmung unter vielen Muslimen. Die Unterstützung von Diktatoren wie Mubarak und zuvor Saddam Hussein über Jahrzehnte durch westliche Staaten, […] hat die Glaubwürdigkeit des Westens in den muslimischen Ländern zum Wanken gebracht. Daher erwarten Muslime vom neuen Papst, dass er sich stark für die Verwirklichung von Menschenrechten und demokratischen Grundwerten einsetzt und an westliche Staaten appelliert, sich nicht durch wirtschaftliche Interessen im Nahen Osten verführen zu lassen, demokratische Grundwerte zu verwerfen.

(Mouhanad Khorchide, islam. Theologe)

Ruf nach Entmythologisierung

Mit seinem Rücktritt und, so hoffe ich, seinem Rückzug aus allen offiziellen und offiziösen Netzwerken, hat Papst Benedikt XVI. einen ersten Schritt in die Neubestimmung des Bischofs von Rom gewagt. Unter Entmythologisierung verstehe ich nicht die Verneinung des Petrusdienstes, der der Einheit der Kirche zu dienen hat. Doch ist diese Gabe der Einheit so zu gestalten, dass nicht die Vorstellung aufkommen könnte, ein besonders charismatischer Mensch in Rom könnte alle Probleme lösen. In dieser Hinsicht erleben wir immer wieder eine Infantilisierung unserer Kirche, weil wir nicht erwachsen werden wollen und daher die Verantwortung gerne nach oben abschieben. Dann kommt es aber zu jener Konstellation, die ich […] angesprochen habe: Überhöhung oder Sündenbock. Aber ich kann mir vorstellen, dass ein Papst auch alle Gläubigen dazu ermahnen könnte, ein waches Auge für falsche Entwicklungen zu haben […] Immer sollte sein Dienst darin aber seine Mitte haben: sich selbst zu bekehren und die anderen stärken; - nicht ihnen die Verantwortung und Teilhabe abzusprechen. In dieser Hinsicht wäre es unbedingt erforderlich, nicht nur aus dem langen Schatten des Absolutismus des 19. Jahrhunderts zu treten, sondern auch aus der alten Kirche und den Erfahrungen der Orden und geistlichen Bewegungen […] angemessene Formen der Teilhabe aller Glaubenden an der Entscheidung und Verantwortung der Kirche zu entwickeln. Es liegen hinreichend Vorschläge auf dem Tisch.

(Roman A. Siebenrock, kath. Dogmatiker)

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