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Friede den Enkeln

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Daß es diese Konferenz überhaupt gegeben hat, ist das Positivste an ihr. Noch ist die Kluft zwischen den machtpolitischen Hemisphären unserer Welt nicht so tief, daß Gespräche sie nicht überbrücken könnten.

Schwierigkeiten gab es mehr als genug, ehe die Konferenz von Glass-boro, das Gipfelgespräch zwischen Johnson und Kossygin, das beide Seiten gewollt hatten, zustande kam. Der sowjetische Ministerpräsident mußte Rücksicht auf die zynischen Reaktionen Pekings, auf das Mißtrauen der Araber, auf das in letzter Zeit ohnedies über Gebühr strapazierte, ja angeschlagene Prestige Moskaus nehmen. Nach Amerika, ließ er verlauten, sei er gekommen, um vor der UNO in New York Israel der „Aggression“' anzuklagen, nicht jedoch, um in Washington mit US-Politikern zu sprechen. Johnson wieder, als Präsident der USA Gastgeber Kossygins, hatte keine Lust, nach New York zu fliegen, um sich dort vor dem Weltparlaiment abkanzeln zu lassen. Nach Tagen hartnäckigen Verhandeins fand man das Ei des Kolumbus: So wurde über Nacht das bis dahin selbst Amerikanern außerhalb New Jerseys unbekannte Städtchen, das von seinem College, seinem Spargel und seiner Glasfabrik lebt, in aller Welt berühmt.

Natürlich hat auch Glassboro nicht den Frieden gebracht. Das hatte niemand erwartet. Man sollte sich sogar davor hüten, allzu leichtfertig mit dem neuen „Geist von Hollybush“ umzugehen. („Holly-bush“ heißt die Villa des CollegePräsidenten, in der Johnson und Kossygin zweimal, am 23. und am 25. Juni, insgesamt zehn Stunden lang miteinander konferierten.) Der „Geist von Genf“, nach dem österreichischen Staatsvertrag im Juli 1955 enthusiastisch entfacht, und der „Geist von Camp David'“, 1959 zwischen Chruschtschow und Eisen-hower beschworen, hatten wenig Lebenskraft. Erst die scheinbar so erfolglose Konferenz, zu der Kennedy und Chruschtschow vor sechs Jahren nach Wien gekommen waren, hatte — ganz ohne „Geist“ — jene amerikanisch-sowjetische Kooperation eingeleitet, die heute auf dem besten Weg ist, der Welt Stabilität inmitten revolutionären Wandels zu geben.

Vorerst gelang es — nach Johnson — nur, die Welt „etwas weniger gefährlich“ zu machen. Einfach dadurch, daß die beiden Männer einander in die Augen schauten und sich gegenseitig davon zu überzeugen wußten, daß sie den Frieden wollen. Zumindest „für unsere Enkelkinder“, wie Jung-Großvater Lyndon und Alt-Großvater Alexej bekräftigten. Ist das nicht schon sehr viel in einem seit Anbeginn friedlosen Jahrhundert?

Morgen oder übermorgen schon kann dieser Good-will nicht nur Palästina den Frieden und eine politische Lösung für Vietnam bringen, sondern unsere unruhige Welt in ein neues Gleichgewicht einpendeln.

Sofern nicht die Hemisphären des Nordens und des Südens gegeneinander aufstehen im Kampf um das tägliche Brot.

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