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Joseph II. und Amerika

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JOSEPH 11. Ein Revolutionär auf dem Kaiserthron. Von Saul K. P a dove r. Aus dem Englischen übertragen von Rosemarie Hey d. Titel der Originalausgabe: The Revolutionary Emperor: Joseph 11 of Austria. Eugen-Diedrichs-Verlag, 1969. 280 Seiten, DM 25.—.

Der Liberalismus ist tot; die totali tären Richtungen haben ihn erschlagen. Auch und gerade das wertvolle Erbe des bürgerlichen Zeitalters, der Rechtsstaat, ist schwer bedroht. Da wäre es gewiß gut, die „Aufklärung” zu studieren; auch die Katholiken könnten jetzt Hontheim und Wessenberg neu betrachten. Man möchte sich also freuen, wenn ein neues Buch über Kaiser Joseph erscheint.

Es müßte freilich gut übersetzt sein, wenn es ein fremdes Buch ist; schon damit fängt die Schwierigkeit an. Die Übersetzerin hat an einigen Stellen die vom Autor zitierten deutschen Texte hervorgesucht, anderswo hat sie diese Mühe gescheut; dann geschieht es, daß in einer solchen Rückübersetzung Kaiser Joseph von „Lebensstandard” spricht und sogar sein Titel ein durchaus ungewohntes Aussehen bekommt.

Wichtiger sind natürlich die Sachkenntnisse des Autors. Dazu eine oder zwei Kostproben. „Dem nationalistischen Kaiser war es ein Dorn im Auge, daß so viele Bischöfe in Österreich Ausländer waren. Das war der Fall bei den Bistümern Steiermark, Tirol, Krain, Böhmen, Schlesien und Galizien. Viele FürstBischöfe, wie die von Passau und Salzburg, hatten Diözesen, die in ausländisches Gebiet hineinreichten.” Oder zu Anfang des Buchs — da ging Joseph „nach Frankfurt am Main und ließ sich dort zum Römischen König krönen. Diese in der Habsburger Dnyastie erbliche Würde war nach der Goldenen Bulle von 1356 die Vorbedingung dafür, daß er später als Nachfolger seines Vaters Kaiser des Heiligen Römischen Reiches werden konnte”. Bei solcher Sachkenntnis kann man auf des Autors Urteile gespannt sein. Über Maria Theresia: „In all den vierzig Jahren ihrer Regierung vollbrachte sie niemals eine großherzige Tat und dachte niemals einen edlen Gedanken.” Über die Klosteraufhebung; „Zahlreiche freche und obszöne Pamphlete gegen Mönche und Nonnen legen Zeugnis dafür ab, wie unbeliebt die Klosterbrüder und Ordensschwestern sogar bei der frommen Bevölkerung waren.” Es wäre zu schön, wenn Professor Padover über Hitler (ein Revolutionär in der Reichskanzlei) schreiben wollte; da bekämen wir wohl zu lesen: „Der Stürmer” legt Zeugnis dafür ab, wie unbeliebt die Juden sogar bei der demokratischen Bevölkerung waren…”

Natürlich ist im Buch auch viel Richtiges, viele interessante Angaben. Aber ein solches Werk ist wirklich nicht zur Orientierung eines größeren Leserkreises geeignet. Möge uns die amerikanische Forschung über Österreich bald Besseres bescheren.

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