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Plaketten

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Die Plakette wird mit der Medaille gewöhnlich in einem Atem genannt, ja, für viele verschmelzen beide Gebilde in ein Ding. In der Tat bestehen zwischen den beiden flachplastischen Arbeiten so wenig Unterschiede, daß eine Verwechslung entschuldbar ist. Sie sind auch so feiner Natur, daß es nicht wundernimmt, wenn sie nicht allgemein bekannt sind, ja, einer der Unterschiede, nämlich jener: daß die Medaille meist kreisrund, seltener oval, die Plakette aber vier- und mehreckig ist, wird selbst von Medailleuren mitunter nicht anerkannt. Als typisch wird für die Medaille die künstlerische Formung ihrer Vorder- und Rückseite angesehen. Daran ist nicht zu zweifeln: aber es gibt auch beidseitig behandelte Plaketten! Wenn man sich nicht zur Ansicht bequemen könnte, der Hauptunterschied zwischen Medaille und Plakette liege in der Gestalt ihres Um-fanges, würde ein heilloser Wirrwarr in der Nomenklatur entstehen. Es ist auch nicht recht einzusehen, warum man eine runde, aber nur einseitig reliefierte Platte eine Plakette nennen dürfte. Eine eckige, zufällig aber beidseitig geschmückte Platte könnte sonach als Medaille angesprochen werden, ein zwar logischer Schluß, den zu ziehen man sich wegen des Widerspruchs, daß eine Medaille auch eckig sein könne, sehr hüten wird.

Es erscheint in diesem Zusammenhange wichtig, auf den Umstand hinzuweisen, daß die Medaille eine Schau- und Gedenkmünze war und ist, die zwar nicht an Geldes Stelle treten kann, aber immerhin Münze ist. Und das glaube ich für das entscheidendste Kriterium halten zu dürfen bei der Festlegung der Begriffe Plakette und Medaille. Denn die Plakette kann niemals für eine Münze gelten, da sie eben eckigen Umfang hat und zumeist einseitig glatt ist.

Die gerade, meist rechteckige Umgrenzung der Plakette wird im gegebenen Falle nicht ohne Grund gewählt, sie verhilft dazu, dem dargestellten Gegenstande einen bildmäßigeren Charakter zu verleihen. Da das Relief meist nur sehr wenig aus der Grundfläche heraustritt, kann die Plakette um so mehr einem gerahmten, kleinen Gemälde ähneln, wenngleich sie eine solche Konkurrenz gar nicht im Auge hat. Wurden Münze und Medaille schon sehr früh zur Aufnahme von Bildnissen auserkoren, so kam die Plakette den Wünschen der Reliefbildhauer wegen ihres Formats noch mehr entgegen, da sie dem Künstler eine geschlossenere, einheitlichere Wirkung sicherte. Das Porträt macht sowohl Medaille wie Plakette zum eigentlichen Gedenkgegenstand. Von den Möglichkeiten, die auszuschöpfen Medaille und Plakette gerade hier Gelegenheit bieten, macht die Gegenwart bedauerlicherweise gänzlich ungenügenden Gebrauch. Es sei in aller Offenheit ausgesprochen, daß mit einer so geringen Bekundung des Interesses an einem sehr feinen Kunstzweig zugleich dessen Grabstein errichtet würde. Sich mit der Ausflucht abfinden zu wollen, daß unsere Zeit „andere Sorgen“ hat und eine Bereitstellung von Mitteln nicht einmal für die Lebensnotwendigkeiten — ist nicht jede Kunst übrigens auch eine solche? — möglich sei, geht nicht gut an. Denn es handelt sich hier um keine Monumentalkunst, und wenn ein Auftrag selbst mit gewissen — durchaus nicht übermäßigen — Kosten verbunden ist, so dürfte es zumindest für die Erwerbung von Plaketten zu Sammel- oder dekorativen Zwecken kein Hindernis geben. Besonders die Plakette hat ihren Themenkreis wesentlich erweitern können und erfüllt somit neben der häufigen Verpflichtung, ehrende Erinnerung würdig festzuhalten, jene, in anderen Fällen ein rein künstlerisches Schaustück zu sein.

Wie auf so vielen anderen Gebieten der Kunst hat Österreich auch in der Medailleurkunst seine Meister gestellt. Leider muß hier beinahe in der Vergangenheit gesprochen werden. Die Namen Josef Tautenha'yn d. Ä., Otto Hofner, Heinrich Kautsch, Anton Scharff, Stephan Schwartz, Karl W o 11 e k und noch mancher andere sind bereits von der Aura des Nachruhms umflossen. Und die noch lebenden Künstler weisen zumeist schon ein recht beträchtliches Alter auf. Richard P 1 a c h t und Anton Endstorfer sind 70 Jahre alt, Josef M ü 11 n e r, Oskar Thiede und Alfred Hof mann 71, Arnold Hart ig 72, Karl Perl 74, Rudolf Marschall und Hugo Kirsch 77, Ludwig Hujer 78, Josef Tauten-hayn, der Sohn, 82 und Julius Trautzl gar 91 Jahre.

Das Schaffensgebiet fast aller ist den Themen nach sehr allgemeiner Natur. Besonders reich sind die Werke H a r-tigs, Hujer s, Marschalls, P 1 a c h t s und Tautenhayns, in denen jedoch das Porträt vorherrscht. Man kann Heerschau halten über die Köpfe der führenden Männer des alten Großstaates und der nunmehrigen Republik Österreich, über die Großen im Reiche der Wissenschaft und Kunst, aber auch über die jüngste Jugend, über die lieblichsten Kinderporträts.

Das Werk Thiedes enthält höchst persönlich gestaltete Stücke, das Herz Hugo Kirschs schlägt nach wie vor für die Tiere, die häufig auf seinen kleineren Plaketten zu sehen sind. Karl Perls reife Meisterschaft gewinnt der merkwürdigerweise noch nicht ausgestorbenen Märchenwelt seine Motive ab. Aber auch Volkstypen und Bildnisse formt er in einer bestechend feinen, behutsamen Weise, manchmal aber auch, wenn es not tut, kräftig-realistisch zupackend. E. M o i r e t s Gedankenreichtum kann sich nur in etwas größeren Formaten dokumentieren, da sein monumentaler Gestaltungswille danach verlangt.

Die Reihe ausgezeichneter Relief-plastiker könnte noch erheblich fortgesetzt werden, allerdings ohne Nachwuchs aus der Mitte der Jungen. Wir wollen uns aber nur mit der Nennung noch einiger Namen begnügen. Heinrich Zita ist gleich Robert Pfeffer noch unermüdlich am Werk, Rudolf Schmidts phantasievolle Gestaltung und zugleich Naturtreue ist in jeder seiner Arbeiten aufs neue festzustellen und verstärkt den bedeutenden Ruf, den er genießt. Der Reigen i— er muß aus Raumknappheit manche Lücke aufweisen — sei geschlossen mit Edwin Grieh-a u e r, dem jetzigen Hüter und Vermittler des einschlägigen Lehrgutes an unserer Akademie. Sein alle Themen umfassendes Werk zeichnet sich vor allem durch elegante Linienführung und strengste künstlerische Konsequenz aus.

Einer Volkstümlichkeit der Plakette steht ihrerseits nichts im Wege. An Stelle eines feudalen Mäzenatentums von einst müßte das ganze Volk treten, aus den upper ten die unteren Millionen werden. An Gelegenheiten, die Plakette zu propagieren, sollte es gerade in unserer Zeit der Massenveranstaltungen aller Art nicht fehlen. Sie soll nicht in unsere Münzkabinette verbannt bleiben, sondern soll sich der Menge zeigen können, solchermaßen mithelfend, den Mangel oder das gänzliche Fehlen an künstlerischem Empfinden zu beheben.

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