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Unbequeme Geistliche in den USA

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John Courtnay Murray SJ. ist der hauptsächliche amerikanische Wegbereiter des Aggiornamentos. In früheren Jahren erhielt er deswegen öfters Rede- und Schreibverbot. Seine Schwierigkeiten kamen vor ziemlich genau drei Jahren zur Kenntnis der breiteren Öffentlichkeit, als die Katholische Universität in Washington Vorträge von ihm und Hans Küng absetzte. Obwohl er bei den letzten Konzils Sitzung en ein peritus war, dauert der Widerstand gegen ihn an. Er und andere moderne Theologen, wie Karl Rahner, Henry de Lubac, įves Congar u. a., sollten an einem für Ende März geplantem Symposium der St.-Xavier- Universität teilnehmen. Auf Verlangen Erzbischof Codys von Chikago mußte das Symposium abgesagt werden. St. Xavier gab an, der Erzbischof habe angedeutet, es entspräche nicht seinen Normen theologischer Betätigung.

Zwei einfache Geistliche machen gegenwärtig in den USA viel von sich reden. Einer von diesen, der 35jährige William DuBay, wurde vor kurzem von seinem Oberhirten, Kardinal McIntyre von Los Angeles suspendiert. Vor Jahren betreute er eine ärmliche mexikanische Pfarrei mit starkem Negereinschlag in Los Angeles. Was er dort sah, machte ihn zu einem kompromißlosen Vorkämpfer für rassische Gleichberechtigung. Er hielt es für die moralische Pflicht der Kirche, gegen die (schließlich erfolgreichen) Anstrengungen der Grundstückmakler, das von der staatlichen Legislatur beschlossene Gesetz gegen die Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt auf dem Wege über ein Referendum umzustoßen, Stellung zu nehmen. Damit fand er kein Verständnis bei dem Kardinal, der, obwohl persönlich gütig, sich mehr als tüchtiger Administrator denn als Sozialreformer erweist. DuBays Kritik an McIntyre führte zu seiner Versetzung an ein Krankenhaus. Vor einiger Zeit gab der Pfarrer der Presse seine Absicht kund, eine Priestergewerkschaft zu gründen, die, wie er erläuterte, ihre Mitglieder gegen die Willkür ihrer Oberhirten schützen sollte. Unverzüglich wurde er einer Pfarrei zugeteilt. Als er sich weigerte, seine Verlautbarungen zensurieren zu lassen, wurde er suspendiert.

Von fünf Geistlichen, die wegen ihrer entschlossenen Opposition gegen den Krieg in Vietnam gemaßregelt wurden, ist der Jesuit Daniel Berrigan der bekannteste. Seinerzeit zusammen mit einem Lutheraner und einem Rabbi Kovorsitzender der Vereinigung „Geistliche gegen den Krieg“, wurde er von einem Tag auf den anderen von seinem Ordensoberen aus New York entfernt. Das Erzbischöfliche Ordinariat schweigt zu den Vermutungen, daß Kardinal Spellman der spiritus rector der Verbannung war. Aus einer kürzlichen Verlautbarung eines Jesuitenoberen, er würde innerhalb von zwei Monaten der Überseeabteilung des (protestantischen) Nationalen Kirchenrates einen Jesuiten zur Verfügung stellen, wird mancherorts geschlossen, daß der Geistliche nicht zurückkommen wird.

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