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Des ehemaligen Romischen Reiches mediatisierte Furstenhauser

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Es ist bekannt daß die Vielfalt von „Souveränitäten“, welche das Heilige Römische Reich nach Sutendorf zu einem staatsrechtlichen „Monstrum“ machten, eine Fülle von kulturellen und künstlerischen Eigenarten zur Blüte brachte, für deren Auswirkungen wir Nachfahren zu danken haben. Meist denkt man bei diesem Gegenstande im literarischwissenschaftlichen Bereich an Weimar, bei Architektur und Kunstgestaltung an die geistlichen Residenzen, wie Würzburg, Eichstätt oder Bruchsal.

Es ist viel weniger bekannt, daß die zahlreichen weltlichen Fürstentümer, welche der Reichsdeputationshauptschluß ihren größeren fürstlichen Kollegen unterordnete und einverleibte, die gleichen Verdienste in Anspruch nehmen dürfen. Man denke an die Hohenloher Länder, deren zahlreichen historischkünstlerisch bedeutenden Residenzen vor kurzem ein ansprechender Band gewidmet wurde. Oder an das fürstenbergische Donaueschingen — das übrigens der Hauptort eines durchaus nicht so unbedeutenden Territoriums war. — Hier liegt nun in einem handlichen, reichillustrierten Buch die Geschichte der Burg Schwarzenberg vor, Residenz des gleichnamigen Fürstenhauses, Zentrum eines reichsständischen Gebietes von ehemals 65.000 Einwohnern. Diese Burg und dieses kleine Land mögen unter den anderen Schwarzenbergischen Sitzen und Gebieten an Größe zurückstehen, sie sind aber deren Stammsitz, und ihre Schicksale sind typisch für jene vielen anderen „mediatisierten“ Territorien.

Die Geschichte des Hauses Schwarzenberg kann (und braucht) hier nur in jenen Punkten erwähnt zu werden, die auf Schloß Schwarzenberg im besonderen Bezug haben. Erkinger I. von Seinsheim hatte die Veste 1405 bis 1421 erworben, deren Name aus lehensrechtlichen Gründen zu dem alleinigen seiner Nachkommen wurde. Diese stiegen zu großem Glänze empor, aber sie gerieten auch in Fehden und Religionsstreitigkeiten. Freiherr Friedrich zog als Gefolgsmann des evangelischen Kurfürsten von Sachsen 1529 gegen die Türken vor Wien. Aus der gleichen Beziehung heraus geriet er aber 1546 in die Reichsacht und wurde — wieder ein aber — 1552 vor Metz begnadigt. Das alles bekam auch die Burg zu spüren, welche die' Bauern 1526 vergeblich berannt hatten. (Es waren rauhe und höchst wechselvolle Zeiten, und wir Heutigen sollten uns vielleicht nicht so viel über die unseren beklagen.) 1566 wurden die Freiherren zu Schwarzenberg erstmals Reichsgrafen und ihr Gebiet eine Reichsgrafschaft mit selbständiger Landeshoheit. 1607 völlig abgebrannt, wurde das Schloß von Elias Holl in den großzügigen Formen der deutschen Renaissance wiederaufgebaut, die es heute noch trägt. Doch schon 1631 kamen die schwedischen Reiter, und Gustav Adolf „schwe-disierte“ die Grafschaft zugunsten eines Kollaborateurs. Dessen Reich dauerte nur zwei Jahre — Zeit genug, um alles herzhaft auszuplündern! Die Schwarzenbergs jedoch waren eine standhafte Rasse und gestalten nach der „Rückstellung“ das Schloß wieder zu einer künstlerisch und architektonisch würdigen Residenz aus. So blieb es nach der Media-tisierung auch, bis zur Beschlagnahme — 19401 Es kamen Bessarabiendeutsche, dann die NSV. Wehrmacht und NSDAP stritten um den nicht für sie errichteten Bau. Später wurde aus der Burg eine Schulungsburg. 1944 schließlich wurden das Archiv, die wertvollen Schloßmöbel, Musealien und Silbersachen nach Krumau gebracht. Die Einquartierung von geflüchteten Litauern vollendete die Verwüstung, die erst in langjähriger Arbeit und unter Aufwand großer Mittel beseitigt werden konnte.

In der Geschichte dieses Schlosses und seiner Herren spiegelt sich die Geschichte des späteren Römischen Reiches — ja Mitteleuropas. Sie mußte ohne Benützung des Schwarzenbergischen Familienarchivs in Krumau geschrieben werden. Sie interessiert den politischen Historiker, den fränkischen Heimatforscher, den Kunsthistoriker und den Bur-genkundler in gleicher Weise. Sie war wert, geschrieben zu werden, und man möchte wünschen, daß ihr eine Reihe ähnlicher Studien über die künstlerische und politische Geschichte der Residenzen anderer mediatisierter Fürstenhäuser folgen möge.

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