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Frauenberg über der Moldau

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Die Route führt über die Brün- nerstraße (B 7) über die Grenze bei Drasenhofen/Mikulov. (Der Grenz- übergang ist ganzjährig von 0 bis 24 Uhr geöffnet.) Mikulov (Nikols- burg) liegt etwa zwei Kilometer nach der Staatsgrenze. Von Nikols- burg nach Valtice (Feldsberg) sind es rund zehn Kilometer, von Valti- ce durch die ehemalige Schloßal- lee zum Schloß von Eisgrub (Led- nice) an die sieben Kilometer.

Ausflüge sind möglich zu den Schwarza-(Svratka) und Thaya- (Dyje) Stauseen und -niederungen (mit reicher Tierwelt, zirka zehn bis 25 Kilometer entfernt). Zum Schlachtfeld und Schloß von Aus- terlitz (Slavkov) sind es rund 70 Kilometer. Die Öffnungszeiten in Mikulov, Lednice, Valtice und Slavkov: zehn bis 17 Uhr (außer Montag).

Es war eine grausame Zeit für Böhmen, die Zeit nach dem Tode von Przemysl Ottokar II. auf dem Schlachtfeld bei Dürnkrut. Zawisch von Rosenberg, der sich Falken- steiner nannte, hatte ganz Südböh- men an sich gebracht, ein Gebiet rund dreimal so groß wie das ober- österreichische Mühlviertel. Nicht zuletzt ging die Machterweiterung der Rosenberg auf die Heirat Za- wischs und der Königinwitwe Kunigunde zurück.

Nominell hatte der junge Böh- menkönig und Sohn des unglückli- chen Ottokars, Wenzel, das Sagen im Lande; aber inoffiziell wurde die Macht in Böhmen durch den Vormund ausgeübt. Zuerst durch den Markgrafen Otto von Branden- burg, der den König sogar außer Landes gebracht hatte, und ab dem Jahre 1283 durch seinen Stiefvater Zawisch von Falkenstein. Zawisch als Hauptratgeber Wenzels hatte große Pläne mit dem jungen König vor: er wollte das alte Reich seines Vaters Przemysl Ottokar II. wieder neu erstehen lassen.

Dieses Vorhaben fand aber bei Rudolf von Habsburg keine Gegen- liebe; im Gegenteil, der Deutsche König intrigierte beim Böhmen- könig gegen Zawisch und diskre- ditierte ihn. Der Plan gelang, Za- wisch wurde gefangengenommen und in den Kerker geworfen. Dann erpreßte Wenzel von den Angehöri- gen Zawischs die Übergabe dessen Güter, mit der Drohung, er werde ansonsten den Falkensteiner hin- richten lassen.

Nach der formellen Übergabe sämtlicher Ländereien des Za-

wischs wurde der König wortbrü- chig und ließ den Ritter vor ver- sammelter Familie Rosenberg am 20. August 1290, also genau vor 700 Jahren, auf der Turnierwiese am Fuße der Burg Frauenberg (Hlubo- kä nad Vltavou) mit dem Schwert hinrichten. Der Besitz gelangte freilich binnen kurzem wieder an die Familie, die sämtliche Lände- reien mit Krumau, Frauenberg, Ro- senberg, Wittingau, Neuhaus (Jin- drichi Hradec), Honenfurth und so weiter bis zum Aussterben der Linie im Jahre 1612 innehatte.

Schloß Frauenberg liegt auf ei- ner leichten Anhöhe über der Mol- dau, in einer Landschaft, wie sie sonst für Mittelengland typisch ist; in einem riesigen Park, der durch große Fischteiche aufgelockert

Die Route führt über den Grenz- übergang Wullowitz über die E 55 nachCesky Budejovice (Bud weis), von hier zirka vier Kilometer auf der E 49 Richtung Vodnany und Pfsek. Nach etwa vier Kilometern nordwärts nach Hlubokä n. Vltavou (Frauenberg an der Moldau) abbiegen.

Schloß Frauenberg ist täglich ge- öffnet von neun/zehn bis 17/18 Uhr (letzte Führung vor 17 Uhr). Montag ist geschlossen. Die Mittagspause ist von zwölf bis 12.30 Uhr.

Ausflüge können nach Budweis, ZIatä Koruna (Goldenkron mit Stift und südböhmischer Schriftensamm- lung), Rozmberk (Schloß Rosenberg), Tfebonin (Wittingau mit Schloß) un- ternommen werden.

Für Anreisende ausdem Wald vier- tel bietet sich auch der Grenzübergang Gmünd-Cesky Velenice an.

wird, und der sehr reichen Wildbestand aufweisen soll.

Über die Jagdgebräuche der Vergangenheit kann man sich unweit von Frau- enberg im dazugehörenden Jagdschloß Ohrada infor- mieren. Frauenberg besteht seit dem 13. Jahrhundert. Zu Ende des 16. Jahrhun- derts wurde die Burg durch Baltazar Maio da Vomio in ein Renaissanceschloß umgebaut und in der Zeit von 1721 bis 1728 barocki- siert.

Seine heutige Gestalt hat Frauenberg seit einem drei- ßigjährigen Umbau von 1841 bis 1871. Der Umbau fällt in die Zeit des Staats- kanzlers Felix von Schwar- zenberg, des Nachfolgers Metternichs, und des Kar- (Soukup) dmais Friedrich von Schwarzenberg, eines heftigen Gegners des Unfehlbarkeitsdog- mas. Die Familie Schwarzenberg besaß Frauenberg vom Jahre 1660 bis praktisch 1945. Aus der Familie Schwarzenberg stammt auch der Sieger von Leipzig.

Frauenberg machte auf mich den Eindruck eines Schlosses, das sein Besitzer eben verlassen hat. Das Interieur, die Möbeln, die Waffen, die Gobelins sind von erlesenem Geschmack und prächtigst erhal- ten (und gepflegt). Das Schloß hat 144 Säle, von denen natürlich nicht alle besichtigt werden können.

In diesen 144 Sälen hängen 900 Gemälde, darunter wertvollste re- ligiöse Bilder aus dem Beginn der Neuzeit. Hervorzuheben ist das Gemälde „Zwölf Monate" von Van Dyck, ferner ein Jagdzyklus von Snyders und fünf Landschaftsbil- der von John Georg Hamilton, dem Hofmaler Kaiser Karls VI.

In der ehemaligen Waffenkam- mer stehen die Statuen zweier be- rühmter Schwarzenberg: Adolf von Schwarzenberg, Sieger über die Türken bei Raab (Györ) im Jahre 1598, und Karl von Schwarzenberg, Sieger in der Völkerschlacht von Leipzig im Jahre 1813.

Neben dem Schloß wird auch die ehemalige Reithalle gezeigt. In ihr wurde in den Jahren 1954 bis 1956 die Südböhmische Ales-Galerie eingerichtet. Sie bietet einen Über- blick über die Werke südböhmi- scher Künstler vom Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert. Benannt ist sie nach Mikuläs" Ale§, dessen Werke über die südböhmische Geschichte, im besonderen die Hussitenzeit, ebenfalls ausgestellt werden.

Schloß Frauenberg hat im Ro- man Stifters „Nachsommer" seine literarische Verewigung gefunden. Zwei Stücke aus dem Nachlaß Adalbert Stifters, die durch den Roman berühmt wurden, verkaufte die Witwe an die Familie Schwar- zenberg. Sie werden auch heute noch gezeigt: Der „Delphinen- schrank" und ein Kleiderschrank aus der Spätrenaissance.

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