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Eine konstruktive Lösung: Südtirol

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Inzwischen war allerdings die Behandlung einer anderen Frage unaufschiebbar geworden: es war das Problem Südtirol. Die Londoner Konferenz vom 11. September bis 2. Oktober 1945 hatte, wieder ohne Österreich davon offiziell zu informieren, die österreichischen Forderungen einer Volksabstimmung in Südtirol abgelehnt, jedoch die Möglichkeit einer Grenzberichtigung offengelassen. Bezüglich einer Grenzberichtigung, das Pustertal umfassend, waren die Kommentare der westlichen Außenämter auch nicht ungünstig. Trotzdem wurde auf der Pariser Außenministerkonferenz (25. April bis 16. Mai und 15. Juni bis 12. Juli 1946) das österreichische Begehren abgewiesen, was bekanntlich zu einem energischen Protest Österreichs führte. Als günstige Nebenwirkung ergab sich allerdings eine Forcierung der inzwischen eingeleiteten Arbeiten am Kontrollabkommen, um den Schock der öffentlichen Meinung zu paralysieren. Das Kontrollabkommen wurde am 28. Juni 1946 publiziert.

Inzwischen begann man sich öster-reichischerseits danach umzusehen, wie man die Politik hilfloser Demonstrationen durch eine konstruktive Politik für die Südtiroler Bevölkerung ersetzen könnte. Entsprechende Anfragen bei kleinen, aber doch sehr einflußreichen Staaten ergaben eine gewisse Bereitwilligkeit, Osterreich in diesem Vorhaben zu unterstützen. Schließlich konnte eine Einladung Österreichs auf die Pariser Friedenskonferenz (29. Juli bis 15. Oktober 1946) durchgesetzt werden. Diese Einladung war insbesondere deshalb bedeutsam, weil sie nicht nur Gelegenheit bot, eine neuartige Südtirolpolitik zu versuchen, sondern auch die Wiederaufnahme Österreichs in die Gemeinschaft der freien Nationen zu dokumentieren und den Anstoß für die Behandlung des österreichischen Staatsvertrages zu geben. Bei der Pariser Friedenskonferenz, auf der sich Österreich durch energisches, aber doch maßvolles Auftreten viele Sympathien erwarb, wurde es bald klar, daß ohne entsprechende Vorabmachungen mit Italien nur schwerlich an einen Erfolg gedacht werden konnte. Demgemäß wurden Besprechungen mit Italien eingeleitet, die sich in hartnäckigen Auseinandersetzungen durch mehrere Wochen hinzogen. Die letzten offengebliebenen Punkte wurden durch direkte Aussprachen mit dem italienischen Ministerpräsidenten bereinigt. Hier soll selbstverständlich nicht eine Würdigung des Abkommens versucht werden. Es sei nur auf seinen Grundgedanken hingewiesen: den Abbau des Nationalismus in Europa und die Entfaltung wechselseitiger Kooperation.

Für Österreich war aber noch eine wichtige Aufgabe zu erfüllen, nämlich die Eingliederung dieses Abkommens in den italienischen Friedensvertrag. Das war notwendig, um den durch jahrzehntelange unglückliche Erfahrungen mißtrauisch gewordenen Südtirolern eine Vertrauensbasis zu geben. Beizeiten wurde die sowjetische Botschaft ebenso ' wie der jugoslawische Außenminister davon unterrichtet, daß dieses Abkommen keinerlei weiterreichende politische Klauseln habe, sondern lediglich dem Zweck diene, das Los der Südtiroler Bevölkerung zu erleichtern und auf diese Art und Weise den Ausbau der gutnachbarlichen Beziehungen zwischen Österreich und Italien zu ermöglichen. Die Einschaltung des gegenständlichen Abkommens wurde vorerst von Seiten der Sowjetunion abgelehnt, österreichischer-seits wurden natürlich auch Schritte geplant, um die Aufmerksamkeit der Friedenskonferenz auf das Problem des österreichischen Staatsvertrages zu lenken. Schließlich wurden wir davon durch die Zusicherung abgehalten, daß die österreichische Frage bei der nächsten Außenministerkonferenz unbedingt einer Entscheidung zugeführt werde. Wenn man bedenkt, in welchem schwachen Zustand und in welcher Abhängigkeit von auswärtiger Hilfe sich das Land befand, mußten wir uns mit dem Erreichten zufrieden geben. Regenten blieben noch für lange Zeit Hunger und Winter.

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