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Eine Vielzahl von Vereinen

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Die Organisation der ESB unterschied sich wesentlich von der ähnlicher Formationen. Per Engdahl „Die ESB kennt keine Mitglieder. Ei ist ihre Aufgabe, in allen Parteier Gruppen zu bilden und so für du ESB zu wirken.“ Eine Vielzahl vor Vereinen, den Maximen Engdahl folgend und deshalb nur lose mi der ESB verbunden, entstand. S( wurden unter anderem geschaffen die ENO (Vereinigung europäische] Neuordnung), die „Legion Europa' (Sitz Brüssel und Wien), das „Mouvement d'Action Civique“ (MAC) unter Jean Thirriart in Brüssel.

Betrachtet man die am 14. März 1964 in Wien gegründete „Neue Gemeinschaft“, so kann man gewisse Parallelen dieser Organisation mit der ESB unschwer feststellen. Gründer der „Neuen Gemeinschaft“ ist der Wiener Zahnarzt Dr. Roland Timmel, 62 Jahre alt, SS-Obersturmführer, Blutordensträger (Nummer 2750) SS-Totenkopfr.ing, Geschäftsführei des Gauamtes für Volksgesundheil in Wien, ärztlicher Fachberater de* Bürgermeisters von Wien. Neber einer Summe anderer Funktionen is1 Timmel Mitglied der „Pflegestätte Wien des Deutschen Kulturwerkes europäischen Geistes“. Für „vorbildliche Volkstumspflege“ verlieh das Kulturwerk Timmel einen „Ehren-kmg“.

Über die „Neue Gemeinschaft“ des

Zahnarztes schrieb die rechtsradikale „Deutsche Wochenzeitung“: „... ständige V olksauf klärung ... werden in einer Zeit, in der der nationale Gedanke in allen Ländern der Erde im Erwachen ist, unvölkisches Handeln überwinden.“ Ähnliche Verkündigungen kann man im Gründungsmanifest der ESB nachlesen.

Weitere Mitglieder der „Neuen Gemainsachft“ sind Dr. Stuber, Doktor Ursin und Anton Bergermayer, Vorsitzender der Kameradschaft 4 (Vereinigung ehemaliger SS-Männer). Bergermayer vertreibt die rechtsradikale „Deutsche Wochenzeitung“ in Österreich. Kontakt zur „Neuen Gemeinschaft“ hat Erwin Pilletschka, jener Mann, der das Testament von Luis Amplatz bei dem Wiener Notar Dr. Raudorf deponiert und es nach dem tragischen Tod des Südtirolers an sich genommen hatte.

Dr. Timmels politische Ambitionen deckten sich mit denen Dr. Norbert Burgers. Der in Graz vor Gericht stehende BAS-Chef (Befreiungs-Ausschuß Südtirol) Burger gründete mit Timmel die „Freie Akademie“, Timmel als Chef des „Akademikerverbandes“, Burger als Vorsitzender des „Ringes freiheitlicher Studenten“.

Gemeinsam gründeten Timmel und Burger den „Ring volkstreuer Verbände“. Timmel wurde erster Obmann, Burg er dritter Obmann des

Vereines, der als Ziel „die Zusammenfassung der national-freiheitlichen Organisationen, die nicht parteigebunden sind“, nennt.

Die „Dachorganisation“

Wie Burger, so machte auch Timmel die Sache die Südtiroler zu seiner eigenen. Er gründete das „Aktionskomitee Südtirol“ und wurde später Vizepräsident des „Notringes für Südtirol“. Nun ist der NG-Chef Timmel bestrebt, alle österreichischen Südtirolverbände zu organisieren und sie zu einem Verband zusammenzuschließen. Solchen Aktionen würde natürlich auch der Berg-Isel-Bund zum Opfer fallen.

Ähnliche Ambitionen mag Timmel schon bei der Gründung des Notringes gehabt haben. Im Dezember 1962 erklärte er jedenfalls in einer Rede

in Wien: „____ der Gedanke, einen

Notring für Südtirol ins Leben zu rufen, ging von Innsbruck aus. Dem Vorhaben liegen folgende Überlegungen zugrunde: 1. Der Berg-Isel-Bund war durch die Aufnahme von Regierungsmitgliedern und Parteifunktionäre in seiner Leitung von der offiziellen, oft sehr zurückhaltenden Südtirolpolitik abhängig geworden. 2. Der Notring solle als eine Art Dachorganisation auch Verbände erfassen, die sich für das Südtirolproblem interessieren ... (Kameradschaftsbund, Verband der Sudetendeutschen, Studentenorganisationen), ... so daß er heute einen Kreis von über 100.000 Österreichern erfaßt. In der Bundesrepublik konnte die Gründung eines Südtiroler Notringes angeregt und verwirklicht werden.,,“ ... ...“,

In der Bundesrepublik begegnet man solcher Politik der österreichischen Südtirolverbände mit Mißtrauen. So erklärte der FDP-Abgeordnete Josef Ertl, Vorsitzender des „Kulturioerkes für Südtirol“, am 27. Jänner 1965 in Düsseldorf: „Wir halten uns gegenüber den in Österreich ansässigen politischen Kampforganisationen für Südtirol reserviert, damit unsere kulturelle Hilfsarbeit nicht in ein schiefes Licht gerät.“ Der Grund dieser Absage mag wohl darin zu suchen sein, daß man zumindest im Ausland zu erkennen begann, in welch gefährliche Strömung die Politik der österreichischen „Kampfverbände“ geraten ist.

Exponent der Nationalen in Südtirol war Dr. Burger. Er war Chef des BAS, bildete Studenten zu Terroristen aus („Eine Instruktionsstunde dauerte kaum länger als zwei Stunden“, erklärte der Student Peter Wittinger in München vor Gericht) und riskierte es, daß junge Burschen von selbstgebastelten Bomben zerrissen, von italienischer Polizei verhaftet und für Jahre eingekerkert wurden.

Im Auftrag des „Notringes für Südtirol“ und mit Unterstützung Dr. Timmels reiste Burger schließlich zu den Aland-Inseln, um das Autonomiestatut der dort unter finnischer Staatshoheit lebenden Schweden zu studieren. Burger wurde auf dieser Fahrt von dem Studenten Josef Zinfcl begleitet. Zinkl war Mitglied der Burschenschaft „Olympia“ und wurde wegen Geheimbündelei in München zu 10 Monaten Gefängnis verurteilt.

(Schluß folgt)

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