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HIROO FURUUCHI / MIT RAAB NACH JAPAN

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Am 5. Jänner reist Bundeskanzler Raab zum Staatsbesuch nach Japan, ln seiner Begleitung wird sich Dr. Hiroo Furuuchi, der Botschafter Japans in Oesterreich befinden. Dr. Furuuchi wird auch dabei sein, wenn der Kanzler am 9. Jänner bei Hof empfangen wird und mit dem Tenno diniert. „Sie können sich wahrscheinlich nicht vorstellen, wie groß die Ehre und die Auszeichnung ist, wenn ich eingeladen bin, zusammen mit dem österreichischen Kanzler bei unserem Kaiser zu dinieren. Da bin ich Botschafter in einem sehr wirklichen, nicht nur diplomatischen Sinn des Wortes.”

„Der Botschafter soll Tarockieren lernen für die lange Flugstrecke zwischen Wien und Tokio”, hatte der Kanzler vorgeschlagen. Er sagte es nicht direkt zu Dr. Furuuchi, aber der hörte davon — und er lernte Tarockieren. Nicht nur wegen des langen Fluges, sondern auch — „weil es doch ein österreichisches Kartenspiel ist, und es soll nichts Oester- reichisches geben, das mir fremd bleibt”. Die Erlernung des Wiener Idioms, von dem der Botschafter gerne ‘ Proben ablegt (wie „gschamster Diener”), und sehr ernste Wie- ner Geschichtsforschung gingen dem Tarok- kierenlernen voraus. — „Ich fasse meine Mission in einem sehr modernen Sinn auf, eben als Botschaft von ‘Volk zu Volk, und dazu gehören Idiom, Kultur, Wirtschaft, Geschichte, alles, wodurch man ein fremdes Volk kennenlernen kann und wodurch fremde Völker einander verstehen lernen können.”

Dr. Furuuchi, geboren 1908, stammt aus einer Samurai-Familie. Das hat für seine Karriere im japanischen Außenamt nichts zu bedeuten gehabt, denn dort entscheidet das Diplomatenexamen, zu dem talentierte Arbeiterkinder mit Stipendien genauso zugelassen werden können wie Söhne von Samurais. Dr. Furuuchis Familie stand zu Ende des 19. Jahrhunderts, als den Samurais ihre Ländereien und ihre Privilegien entzogen wurden, so gut wie vermögenslos da. ln der japanischen Erziehung gibt es zwei Prinzipien: Das Vermögen der Ahnen muß entweder unangetastet weitervererbt oder — das moderne Prinzip — es kann zur Erziehung der Kinder verwendet werden. Die Familie Furuuchi entschied sich für den modernen Weg. Der Sohn wurde nicht Stadtrat oder Berufsoffizier, sondern studierte zuerst Jus in Tokio und in Köln Nationalökonomie und wurde dann Diplomat. Außer dem Patriotismus, der bei Dr. Furuuchi so echt klingt, weil er völlig unaufdringlich und sachlich ist wie das Büro des Botschafters, gibt es für ihn einige Bindungen: die deutsche Sprache, die er 1931 und 1932 in Köln uüd Bonn während seines Studiums erlernte, die westeuropäische Musik, die ihm eine Berufung nach Wien als Wunschtraum erscheinen ließ, und die Landschaft seiner Heimat Sindai, die hügelig ist, fast gebirgig — „ganz ähnlich wie der Wienerwald”.

Dr. Furuuchis Karriere war so stürmisch wie die japanische Politik. Das Ende des Krieges warf ihn wie das gesamte diplomatische Corps in Tokio, auf die Straße. Er wurde Geschäftsmann, bis er 1952 wiederum in den Staatsdienst aufgenommen wurde, und zwar nicht als routinierter Diplomat, sondern als moderner Wirtschaftsmann: als Chef des Antikartellausschusses der japanischen Regierung. Er studierte in den USA „Kartellbekämpfung”, In Deutschland „Kartellauflösung” und wandte diese Erfahrungen in Japan an. Das Jahr 1954 brachte ihn dann wiederum zur diplomatischen Karriere zurück. Zwischen 1955 und 1957 sah er als japanischer Gesandter im Libanon die Krisenwolken ,im Nahen Osten aufsteigen. 1957 wurde er als Gesandter nach Wien berufen und später zum Botschafter ernannt. Seine Amtsräume befinden sich im obersten Stock eines Geschäftshauses der Wiener Innenstadt, er fährt einen Volkswagen, seine Tochter studiert Musik an der Akademie.

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