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Mit zusammengefaßter Kraft in das Neue Jahr

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Man kann die österreichische Wirtschaftspolitik der letzten drei Jahre am besten umschreiben, wenn man die Entwicklung in diesem Zeitraum als eine innere Konsolidierung und Abkehr von kriegswirtschaftlich bedingten Wirtschaftsformen auf der einen Seite und als einen Versuch der Anpassung an den Weltmarkt auf der anderen Seite bezeichnet. Während in den ersten zwei Jahren seit dem Beginn des Marshall-Planes die innere Konsolidierung das Hauptproblem darstellte, ist seitdem die Anpassung der österreichischen Wirtschaft an die Weltmarktverhältnisse immer mehr in den Vordergrund getreten. Der äußere Umkehrpunkt (dieser Entwicklung ist die Neufestsetzung der Schilling-Dollarrelation im November 1949. Seit diesem Zeitpunkt ist der Ausgleich der Zahlungsbilanz immer mehr in den Mittelpunkt aller wirtschaftspolitischen Bestrebungen gerückt. Dies ist auch in dem zwar planmäßigen aber doch immer stärker bemerkbaren Rückgang der Hilfeleistungen bedingt, die bis jetzt als eine Subvention an die gesamte österreichische Wirtschaft, die wahre Situation weitgehend verschleierte.

Im ersten Marshall-Plan-Fiskaljahr 1948i'49 betrug die direkte Hilfe noch 212 Mill. Dollar, im Jahre 1949/50 sank sie bereits auf 166 Mill. Dollar und fn der ersten Hälfte des dritten Marshall-Plan-Jahres erhielt Österreich noch Hilfslieferungen im Gesamtwert von 38,4 Mill. Dollar. Dies bedeutet, daß'öster-reich bereits im zweiten ERP-Jahr nur mehr 78 und in der ersten Hälfte des dritten ERP-Jahres sogar nur mehr 36 Prozent der Hilfslieferungen des ersten Jahres erhielt.

Da der österreichische Importbedarf in denselben Zeiträumen nicht nur gleichgeblieben, sondern sogar gestiegen ist, war es von vornherein logisch, daß die Kürzungen der Hilfslieferungen durch eine Erhöhung des Exportes ausgeglichen werden wußten. Um welche Größenordnungen es sich dabei handelt, ist daraus ersichtlich, daß seit dem 1. April 1948 bis Ende Oktober 1950 Einkaufsgenehmigungen im Werte von 456 Mill. Dollar durch die ECA für Österreich erteilt wurden und daß im selben Zeitraum Wareneingänge im Werte von 380 Mill. Dollar zu verzeichnen sind. Welch dringendes Problem eine österreichische Exportsteigerung und die Heranziehung der daraus hereinkommenden Devisenbeträge für die Deckung des dringendsten Bedarfes an Nahrungsmitteln, Rohstoffen und sonstigen Importgütern ist, zeigt auch ein Vergleich der erteilten Einkaufsbewilligungen in den drei Quartalen des Jahres 1949 und 195Ö. Hier stehen einer Summe von 87 Mill. Dollar im Jahre 1949 13 Mill. Dollar im Jahre 1950 gegenüber, während der Durchschnittswert der erteilten Autorisationen von ungefähr 50 Mill. Dollar pro Quartal im Jahre 1949 auf 30 Mill. Dollar im Jahre 1950 gesunken ist.

Eine Erschwerung und gewisse Verschärfung dieser programmäßigen Rück-

gänge bedeutete, daß mit dem Ausbruch des koreanischen Konfliktes einsetzende Steigen der Weltmarktpreise, das nun dazu geführt hat, daß zur Deckung der notwendigsten Importe Maßnahmen zu einer strengeren Erfassung der vorhandenen Devisenbestände ausgearbeitet wurden. Die entscheidende Neuerung und Abkehr vom bisherigen System stellt die für das Jahr 1951 in Aussicht genommene Zusammenfassung der bisher zwar koordinierten aber doch nebeneinander laufenden Importprogramme dar, wie sie auf Grund ihrer Herkunft aus Hilfslieferungen, Drawing Rights und kommerziellen Verkehr im freien Handelsverkehr oder im Rahmen der Handelsverträge erstellt wurden.

An ihre Stelle soll ein quartalmäßig aufgeteiltes und genau ausgearbeitetes Jahresimportprogramm treten, aus den gesamten österreichischen Devisenbestand erfaßt und zur Dek-kung der Importe an Essentials im weiteren Sinn dieses Begriffes verwenden soll. Dieses JahnImportprogramm setzt als Devisenquellen die direkten Hilfslieferungen, die Österreich aus der Zahlungsunion zufließenden Kredite sowie die Erlöse aus den kommerziellen Exporten ein.

Das Jahresimportprogramim wurde auf Grund der Entwicklung auf dient Weltmarkt in den letzten Monaten nicht als Größen- und Zahlenprogramm, sondern als ein Mengenprogramm ausgearbeitet, in dem die Mindestimportmengen auf den verschiedenen Wirtschaftssektoren erfaßt wurden. Die Hauptgesichts-punkte, die dabei zu berücksichtigen waren, sind die Sicherung der Lebensmittelversorgung, die Aufrechterhaltung und Steigerung des jetzigen Produktions- und Beschäftigungsvolumens sowie der Ausbau der österreichischen P r o d u k t i o n s e i n r i c h-t u n g e n. Auf Grund der hier angestellten Berechnungen wird für das Jahr 1951 bei Anhalten der gegenwärtigen Exportkonjunktur mit einem Exporterlös von ungefähr 7,5 Mrd. Schilling und einem durchschnittlichen monatlichen Exportvolumen von zirka 650 Mill. Schilling geredinet.

Die Maßnahmen zum Subventionsabbau sowie die kürzlich von der Nationalbank verfügte 20prozentige Kürzung der Belassungsquolen liegen ebenfalls auf der Linie einer Anpassung der österreichischen Wirtschaft an die Bedingungen des Weltmarktes und einer Annäherung des kom-(Fortsetzung auf Seite 2) raerziellen Exportes an den gegenwärtigem Schilling-Dol 1 arkurs.

In diesem Zusammenhang muß noch festgestellt werden, daß es die Entwicklung mit sieb bringen wird, daß an Stelle des bisherigen Systems der Belassungsquoten aus den eigenen Exporterlösen für Rohstoffeinkäufe eine Aufhebung dieser Kopplung tritt und daß dafür künftig direkte Devisenzuteilungen durch die Nationailbank die notwendigen Importe sichern sollen. So sieht denn auch das Jahresimportprogramm vor, daB verschiedene Schwierigkeiten, die sich aus der Kürzung der Belassungsquoten ergeben, durch zusätzliche Devisenzuteilung der Nationalbank behoben werden sollen. Auf derselben Linie liegt auch das Bestreben, Kompeaxsationsgeschäite in Zukunft soweit als möglich auszuschalten, bzw. sie nur dann durchzuführen, wenn sie auf der Basis des gegenwärtigen Schi Illingkurses kalkuliert sind.

Diese Maßnahmen stellen nicht nur eine Notwendigkeit dar, die sich aus der innigen Verflechtung der österreichischen Wirtschaft mit dem Weltmarkt fest von selbst aufdrängt, sondern liegen ebenso Im Rahmen der Verpflichtungen, die Österreich als Mitglied der Organisation für die intereuropäisch Zusammenarbeit und Teilnehmer der Zahlungsunion zu erfüllen hat. Sie werden deshalb trotz aller Umstellungsschwierigkeiten schließlich einen weiteren und bedeutsamem Schritt in der Entwicklung der österreichischen Wirtschaftspolitik darstellen.

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