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Die Europäische Zahlungsunion

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Die augenfällige Wirkung der direkten ERP-Hilfe auf die Wirtschaftsorganismen der Teilnehmerstaaten durch Hilfstieferungen und Counter-partinvestitionen verdrängt aus dem Blickfeld des oberflächlichen Beobachters vielfach die Wirkung jener Maßnahmen, die mit dieser Hilfe parallel gehen und dazu dienen, den Handels- und Zahlungsverkehr der Teilnehmerstaaten untereinander bis zum Aufhören der ERP-Hilfe zu normalisieren. Eine dieser Maßnahmen bestand im System der Drawing Rights, dessen Auswirkung für Österreich eine Spalte der letzten Sonderveröffentlichung „Österreich im europäischen Wiederaufbau“ gewidmet war. Bereits zur Zeit der Etablierung des Drawing-Rigths-Systems war es klar, daß dieses bei voller Anerkennung seiner Notwendigkeit für die Ankurbelung der Wirtschaftsbeziehungen -der Teilnehmerstaaten untereinander nur eine Übergangsstufe darstellen könne. Dies vor allem deshalb, weil es zufolg£ seines bilateralen Charakters einem weiter vor* geschrittenen Stadium dieser Beziehungen nicht mehr entsprechen könnte. Solche Erwägungen waren maßgebend, daß man daranging, in der Europäischen Zahlungsunion (EZU, öfters aber EPU, das ist die European Paymonts Union, genannt) ein Instrument zu schaffen, das die Durchführung des Zahlungsverkehrs der Teilnehmerstaaten auf multilateraler Basis ermöglicht. Tatsächlich wurde am 19. September 1950, rückwirkend mit 1. Juli 1950, die Europäische Zahlungsunion in Kraft gesetzt und mit der Durchführung ihrer technischen Agenden die Bank für internationalen Zahlungsausgleich in Basel beauftragt. Das wesentlich Neue dieses Systems besteht darin, daß die aus den Geschäften eines Teilnehmerstaates mit einem anderen Teilnehmerstaat resultierenden Schulden, bzw. Forderungen nicht mehr mit dem anderen Teilnehmerstaat direkt abgerechnet, sondern auf dem Konto des Teilnehmerstaates bei der Zahlungsrunion angelastet, bzw. gutgebracht werden, wodurch es weitgehend ermöglicht wird, die aus einem bilateralen Zahlungsverkehr sich ergebenden Restriktionen des Urnsatzvolumens auszuschalten. Freilich war es für das Funktionieren dieses Mechanismus unerläßlich, für die einzelnen Teilnehmerstaaten Staxtbedingungen zu schaffen, die ihrer verschiedenen wirtschaftlichen Situation gerecht werden. So hat man jenen Ländern, bei denen von vornherein feststeht, daß sie bei ihrer Teilnahme an der Zahlungsunion ins Defizit geraten werden, eine Ausgangsposition (Initial Position) eingeräumt, während jene Länder, aus deren Teilnahme hohe Aktivsalden zu erwarten sind, mit einer Debetbuchung belastet wurden. Auf der Deckungsseite stellt der Initialkredit einen Teil der direkten Hilfe dar, während die initiale Debet-Position mit direkter Hilfe abgedeckt wird, initial Position wurden wie folgt festgesetzt:

Österreich . . 80 Mill. Verrechnungseinheiten*)

Griechenland . 115 Mill.

Norwegen 40—70 Mill.

Niederlande . 30 Mill.

Türkei . “. . 25 Mill.

Island . 8 . 4 Mill. 9

Paritätisch mit dem USA-Dollar zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Zahlungsunion.

Um zu verhindern, daß der ganze Mechanismus aus dem Gleichgewicht gerät, wurde den Teilnehmerländern, erredinet aus ihren Umsätzen irtt OEEC-Bereich des Jahres 1949, ein Maximalsaldo aufgegeben, in dessen Rahmen sie im ersten Jahr des Funktionierens der Zahlungsunion Gläubiger, bzw. Schuldner der Gesamtheit der anderen Teilnehmerländer werden dürfen. Diese Beträge, im Abkommen Quoten genannt, stellen sich wie folgt dar:

13., Quoten In % der

Lanaer in Mill. Einheiten Quotensumma

Österreich .... 70 1,8

Belgien-Luxemburg , 360 9,1

Dänemark . ■ ■ 195 4,9

Frankreich . ( , i 520 13,2

Griechenland i s a 45 1,1

Großbritannien . . 1060 26,9

Island i i i ■ ■ 15 0,4

Italien ..... 205 5,2

Niederlande * i ? 330 8,3

Norwegen . i ■ i 200 5,0

Portugal , i i 5 70 1,8

Schweden i i i . 260 6,6

Schweiz 5 % ■ i i 250 6,3

Türkei i , f 50 1,3

Westdeutschland . . 320_8,1

3950 100,0

Dabei ist zu berücksichtigen, daß bei Ländern, denen eine Initial Position gewährt wurde, diese zunächst zum Saldoausgleich verwendet werden muß. Mit dieser Neuregelung des Zahlungsverkehrs ist ein Rahmen geschaffen, der, vorausgesetzt, daß ihm die handelspolitische Einsicht der Teilnehmerländer zu Hilfe kommt, wesentlich zur Normalisierung des Verkehrs der OEEC-Länder untereinander beitragen wird.

Luft gab er sich nun ganz seinem undienstlichen Drange hin, und mit Seiten aus der Partitur von Mozarts Don Juan“, den die Anwesenden zum ersten Male mit schweigender Begeisterung hörten, errang er sich die Gunst des Gastgebers und vergaß in den folgenden Tagen derart die eigentlichen Absichten seiner Reise, daß er den italienischen Stadtspion nur einmal und in ekelhafter Laune vorließ, ihm mit behandschuhten Fingern den Verrätersold hinzählte, nicht ohne zu bemerken, daß Spione in Florenz überflüssig seien, was den Mann aber nur ganze Litaneien von Verdächtigungen herbeten ließ, und ausgerechnet gegen das Haus des Gastgebers.

In Bologna, wo wiederum gleich am folgenden Tage in einer seltsamen Ähnlichkeit zu den Begebenheiten in Florenz sich ihm das Innerste einer angesehenen Familie öffnete, war er des Glaubens, daß die Leichtigkeit seiner Anknüpfungspunkte entweder in den Speichen seines Glückswagens oder aber in der Anziehungskraft seiner Person gelegen seien; er wußte sich anders keine befriedigende Erklärung zu geben. Und auch hier ließ der geheime und angenehme Erfolg auf einer versteckten Gartenbank den ariensingenden Spion seinen dienstlichen Mißerfolg verwinden. In Parma hingegen, was ihn äußerst aufbrachte, konnte er nichts verbuchen als einen ihn väterlich geleitenden und behütenden Kanoniker, der freilich auf dieselbe und nun langsam unglaubwürdig zufällige Weise sein Stadtlotse ward.

Und sich vollends klar darüber, daß diese unnatürliche Erfolglosigkeit durchaus nicht auf einer natürlichen Tölpelhaftigkeit seinerseits beruhen könne, wollte er in Mailand, der nächstliegenden Stadt, endlich einen Fang machen, mehr um des Spuks oder des Narrenseils, an dem ihn gewiß ein Unbekannter führte, habhaft zu werden.

Nun geschah es aber, daß Grün, als er in einer Loge der Scala saß, alsbald von einem weißhaarigen Herrn angesprochen wurde, der seine Freundlichkeiten sogar bis in die Arien hinein, die man in dieser Zeit selbst in Italien stillschweigend anzuhören pflegte, munter fortsetzte. Es dauerte noch keine Stunde, da hatte er den alten Aristokraten unter dem Vorwand, noch die Noten zum „Don Juan“ für die in Aussicht genommene Abendgesellschaft aus seinem Gasthaus zu holen, auf seinem Zimmer allein.

Und nun zog er, als wär's die Uhr, ein Terzerol aus der Tasche, hielt es dem hocherschrockenen Manne vors Jabot und lächelte: „Bitte, sagen Sie mir, woher Sie wissen, wer ich binl“ Der alte Herr, dem nun die verschmitzte Überlegenheit gänzlich aus dem Gesicht entwichen war, stotterte etwas von ungeschicktem Spaß, Erschrecken und üblem Verstehen seiner angebotenen Gastfreundschaft. Indes Grün blieb unerschütterlich.

Da gestand der in die Enge Getriebene, sprach von einem Brief der Principessa Cesarini, daß der junge Offizier nun seinerseits bei diesem Namen erbleichte, von diesem Brief nämlich, den der Bursche durch den Wirt ihm zugestellt habe. Damit überreichte ihm der Mar-chese, nicht ohne verlegenes Lächeln, das Grün durchaus nicht begriff, den Brief der Principessa. Nachdem er ihn gelesen hatte, mußte auch er, und zwar herzhaft und langanhaltend lachen. So verabschiedete er den Marchese mit erleichtertem Herzen, ohne daß dieser freilich seine Einladung zu wiederholen gedachte.

Grün aber saß über dem Vorrat an Briefen, den ihm der Bursche mit halber Unschuldsmiene aushändigte, las die Anschriften der Städte, die er noch besuchen sollte, und die Namen der ahnungslosen Empfänger, die ihm nun wie eine Beute des Schicksals ausgeliefert waren. Als er mit wachsender Ergriffenheit die Schriftzüge seiner Principessa immer aufs neue überflog und erkannte, wie hier die List seiner Braut und die Bauernschläue dieses Tölpels — der, des Lesens unkundig, die Briefe dem jeweiligen Wirt wie ein Kartenspiel zur Auswahl hinhielt — ihm den geheimen Auftrag der Pflicht mit dem noch geheimeren Auftrag der Liebe vereitelt hatten, da ließ er von seiner unangenehmen Mission ab und zog wie ein von milden höheren Mächten Belehrter nach Rom zurück, quittierte seinen Dienst, was ihm in Anbetracht seiner scheinbar erwiesenen Unfähigkeit ohne Anstand gewährt wurde, und schickte sodann durch denselben Burschen seiner Principessa einen dieser Briefe, in welchem er nur einige Worte abänderte, so daß nun das Schreiben mit seinen und ihren Worten also lautete: „Meine teure Principessa, ich empfehle Ihnen den auf meinem Wagen soeben in der Stadt eingetroffenen französischen Kapitän Grün, der sich auf einer dienstlichen Reise nach Genua befindet und Ihre Stadt streift. Lassen Sie ihm alles Freundliche, dessen Sie imstande sind, im Uberfluß zukommen; nur bitte ich Sie, ihn, da er leicht entflammbaren Gemütes ist, durchaus von der Damenwelt abzusondern, daß nicht gewisse Leichtsinnigkeiten ihn von seiner eigentlichen dienstlichen Verrichtung abhalten mögen.

Ihr auf Fortunas Wagen dem französischen Adler merkwürdig entronnener Grün, Kapitän a. D.

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