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Nochmals Musikolympiahaus in Salzburg

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Holzmeisters Entwurf für die Erbauung eines Musikolympiadegebäudes auf dem Mönchsberg in Salzburg bewegt die breiteste Öffentlichkeit. Zu Fragen der Baukunst sprechen erfahrungsgemäß zumeist nur Nichtfadileute, das heißt nicht den Architektenberuf ausübende, wenn nicht selbst daran interessierte Kollegen. Ja es führte in letzter Zeit in der Sie-phansplatzverbauung in Wien sogar zu einer sogenannten „Volksabstimmung“.

Ob fachliches Schweigen oder „Volksabstimmung“ der Bevölkerung die richtigen Wege sind, großzügige Bauvorhaben zu begleiten, bleibt dahingestellt. Warum schweigen aber die Fachleute, soweit sie nicht in eigens bestellten Kommissionen verpflichtet wurden? Warum beziehen sie zu den zeitgenössischen Baufragen keine Stellung?

Vielleicht sind es menschliche Schwächen, die überwunden werden müssen; vielleicht sagt sich der eine oder der andere, wenn ich nicht dabei bin, so braucht es der andere auch nicht sein? — Nun, das sind vielleicht traumhafte Verdächtigungen von Handlungen, die, wie in der Geschichte gemunkelt wird, etwa zur Zeit der Renaissance vorgekommen sein sollen. Wir, die schaffenden Architekten, sollen neben aller bis zu einem gewissen Grade gesunden Eigenliebe über solche Verdächtigungen erhaben sein.

Der Fall „Olympiahaus“ auf dem Mönchsberg in Salzburg zwingt uns Kollegen geradezu zu einer Erörterung, sie muß aber nicht ablehnend sein. Die gesamte Architektenschaft hat es zu begrüßen, wenn große Bauschöpfungen zur Ausführung gelangen; zur Ausführung gelangen von anerkannten und erprobten Architekten, selbst wenn man im jeweiligen Fall nicht selbst damit betraut ist. Wir freuen uns auch im Interesse unseres Berufsstandes, wenn unsere Zugehörigen jeweils dem Staat und der Öffentlichkeit überhaupt zeigen, welch kulturell wichtiger Faktor die Architekten dank gediegener Leistung sind. Österreichs Architekturgeschichte ist für uns verpflichtend. Es ist genug bedauerlich, daß viele große Bauvorhaben entweder von unkundiger Hand verfaßt und ausgeführt oder, wie etwa im Falle unseres großen Baukünstlers — Otto Wagner — um die Jahrhundertwende, nur beim Entwurf blieben und nicht zur Ausführung gelangten. Der ganzen Welt hat Otto Wagner Impulse gegeben.

Salzburg besitzt bereits von Holzmeisters Hand einen Festspielbau, der internationale Anerkennung fand. Wie man“ erfreulicherweise hört, seien die für seine großzügige Idee der Erbauung eines Musikolympiahauses auf dem Mönchsberg in Salzburg erforderlichen Geldmittel ziemlich gesichert.

Eine nüchterne Epoche der Verständnis-losigkeit für stadtbaukünstlerische Belange zu Ende des vorigen Jahrhunderts brachte viele der schönsten historisch gewachsenen Städte um ihre Reize. Auch Salzburg litt darunter ganz besonders. — Es setzte der Denkmalschutz ein, das Pendel bewegt sich schon auf die Gegenseite! — Manch Gutes ist bereits geschehen, der häßliche Aufzug auf den Mönchsberg wurde in einen Felsschacht verlegt, er ist nun den Blicken der Stadtbesucher entzogen. Die Ritterburgvillen stehen aber noch, sie sind jedenfalls häßlicher als die großzügige, sich dem Gelände anschmiegende Bauanlage Holzmeisters, die, mit dem Fels gewissermaßen verwachsen, eine geschlossene Silhouette ergibt. Die Verbindung mit der Felsen-reitsrhulbaulichkeit, dem sogenannten Toscanini-Hof, ist sinnreich und zugleich durch die beabsichtigten inneren Felsenaufzüge praktisch; sie gibt auch Anlaß für ganz neuartige Raumgestaltungen und räumliche Steigerungen. Die üblichen Lattengerüste könnten jetzt schon dem Beschauer die beiläufige Silhouettenwirkung veranschaulichen und beweisen, daß die viel weiter liegende Veste nicht unangenehm beeinträchtigt wird.

Nichts ist leichter, als gute Gedanken für die Verwirklichung zu sabotieren.

Leichtfertige Schlagworte können Großes verhindern. Es wäre sehrwichtig, an diese Frage mit gutem kritischem Willen heranzutreten, der aufbauen hilft und nicht zerstört. Alle Vorschläge unter Zugrundelegung der Bauidee Holzmeisters können, wenn sie positiv sind, wertvoll sein. Hüten wir uns vor allzu negativer Einstellung, schon öfter hat gerade Salzburg darunter gelitten; erinnern wir uns nur daran, wie nach dem ersten Weltkrieg der für die damaligen Absichten ganz hervorragende Entwurf des leider verstorbenen Meisters Poelzig für das Festspielhaus In Hellbrunn zunichte wurde. Für das NichtZustandekommen war nicht allein die Verkehrsfrage maßgebend.

Ich kenne nur die Erstveröffentlichung des Entwurfes für das Haus der Musikolympiade in Salzburg von Professor Holzmeister in der „Furche“, welche in gewissenhafter Weise neben einer Modellaufnahme und dem Lageplan eine Gesamtstadtbild-Silhouettenzeichnung enthält. Diese Silhouette zeigt den ungünstigsten Fall, in welchem die Veste und der ganze

Mönchsbergrück'en mit einem Blick erfaßt werden können. Die gewohnten und meist auftretenden schönsten Anblicke würden nach wie vor die Burg dominierend zeigen, das Olympiagebäude träte dabei gar nicht oder durch die Entfernung verkleinert, daher auch keinesfalls konkurrenzierend in Erscheinung. Denken wir nur unter anderem an den Prachtblick vom Mirabellgarten, der auch nur die Veste allein erfaßt.

Zum Gebäude in seinen Einzelheiten auf Grund des Modells Stellung zu nehmen, wäre verfrüht. Aus der vom Baukünstlar selbst gegebenen Beschreibung geht hervor, daß er die von unserem viel zu früh verstorbenen Kollegen Oskar Strnad vorgeschlagene Raumbühnenlösung weiterentwickelt und ihr hiedurch mit seinen eigenen Ideen durchsetzt, zur Wirklichkeit verhelfen will. Holzmeisters bezügliche Studien, die er für eine großzügige Bühnenlösung für die Türkei entwarf, sind uns aus seinem vorjährigen Vortrag in Wien in bester Erinnerung und zeigten, wie eingehend er diese Fragen behandelte.

Wenn es vielleicht in letzter Zeit leider nicht üblich war, daß ein Nichtkunst-kritiker, ein Nichtkunsthistoriker zu Aufgaben seines ureigenen Berufes, das ist der Baukunst, Stellung nimmt, so möge niemand darin etwa eine verborgene, egoistische Absicht vermuten; abgelehnt wird sehr viel, man soll aber den Mut haben, wenn es am Platzeist, auch zu loben, selbst wenn es sich — wie man im Geschäftsleben so schön sagt — um einen „Konkurrenten“ handelt.

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