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Sparen - nicht nur optisch!

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Mit dem Sparen scheint es ernst zu werden. Zumindest hat der Beschluß der Regierung, ein rigoroses Spar- regime einzuführen, in der Bevölkerung den Eindruck erweckt, als ob jeder Steuerschilling in Zukunft zweimal umgedreht werden soll, bevor er ausgegeben wird.

Die angekündigten Maßnahmen sind äußerst spektakulär. Die Auslandsreisen von Beamten müssen künftig vom Minister selbst bewilligt werden, die Dienstautos sollen gekennzeichnet werden, die Bewachungsmannschaften vor Ministerien und anderen öffentlichen Gebäuden werden verringert, die Repräsentationskosten werden beschnitten, und die Verwaltungsreform soll schleunigst ausgearbeitet werden.

Dieses Programm entspricht weitgehend der Kritik des „kleinen Mannes" an der öffentlichen Verwaltung, der sich gerne empört: „Diese Dienstautos! Diese Repräsentationskosten! Die sollen sparen!“ — und ist sicher geeignet, dieser Kritik zuvorzukom- men. Aber können auf diese Weise wirklich so erhebliche Beträge eingespart werden, wie nötig wäre, um das Budget auszugleichen oder zumindest das Defizit wesentlich zu vermindern?

Sicherlich werden mit diesen Methoden gewisse .Einsparungen erzielt werden können, aber man darf das Ergebnis keineswegs überschätzen. ReprS. sentation, Dienstwagen und Auslandsreisen sind ja kein Luxus an sich, sondern unerläßlich, und zwar sowohl in der Privatwirtschaft als auch in der öffentlichen Verwaltung. Oder soll etwa ein ausländischer Diplomat bei einem Empfang mit einer Gulaschsuppe bewirtet werden? Sollen bei Vertragsverhandlungen im Ausland Fachleute, die zu einem günstigen Abschluß notwendig wäTen, zu Hause gelassen werden, damit ein paar tausend Schilling eingespart würden, während durch einen ungünstigeren Handelsvertrag zum Beispiel unsere Wirtschaft Millionenbeträge verlieren könnte? Soll ein hoher Ministerialbeamter die Straßenbahn für Dienstfahrten benützen müssen, obwohl der dadurch bedingte Zeitverlust mehr kostet als die Benützung eines Dienstwagens?

Wir wollen hier keineswegs gegen das Sparen auf diesen Gebieten reden. Auch wir wissen, daß manchmal zu große Delegationen ins Ausland geschickt werden, daß bei Repräsentationen übertrieben wird und daß Dienstwagen gelegentlich mißbräuchlich verwendet werden. Aber das sind Ausnahmen.

Die überwältigende Mehrheit unserer öffentlich Bediensteten sind pflicht-

getreue, korrekte Menschen, die auch von sich aus das ihnen anvertraute Geld nicht zum Fenster hinauswerfen und die auch bisher schon in ihrem Rahmen gespart haben, so gut es ging. Und vergessen wir nicht, daß gerade auf diesen Gebieten die Ersparungskommissäre seit Jahr und Tag tätig sind und die Repräsentationskosten, Dienstwagen usw. mit Argusaugen überwachen.

Es wurden bereits Polizisten von der Bewachung öffentlicher Gebäude abgezogen. Aber wird es auch nur einen Schilling effektive Ersparnisse bringen und das Budget entlasten, wenn diese Beamten nicht mehr vor den Ministerien, sondern anderswo ihren Dienst verrichten?

Ein Punkt des Sparprogramms verdient jedoch ernste Beachtung: eine tiefgreifende Verwaltungsreform soll endlich durchgeführt werden. Das ist vorbehaltlos zu begrüßen. Aber wird sie so rasch durchgeführt werden können, daß sie sich in absehbarer Zeit budgetär auswirkt? Eine echte Verwaltungsreform erfordert gründliche juridische Vorarbeiten, eine große Zahl gesetzlicher Bestimmungen muß überprüft und gegebenenfalls revidiert werden — eine Aufgabe, die keinesfalls in einem Jahr bewältigt werden kann und zweifellos mehrere Jahre erfordern muß. Man kann eine Verwaltungsreform nicht abwarten, sondern muß früher mit dem Sparen beginnen. In der „Furche“ Nr. 1 1961 haben wir bereits darauf hingewiesen, daß wesentliche Einsparungen unter Beibehaltung aller bestehenden gesetzlichen Bestimmungen möglich sein müssen, und zwar mit Hilfe derjenigen Methoden der Verwaltungsorganisation, wie sie in der Privatwirtschaft seit langem mit Erfolg angewendet werden.

Eine Rationalisierung der Verwaltungsarbeiten muß und wird dazu führen, daß die Arbeitsproduktivität in der Verwaltung steigt und somit die Personalkosten, die ja einen entscheidenden Anteil an den Verwaltungskosten darstellen, fühlbar gesenkt werden können.

Es gibt heute in der öffentlichen Verwaltung viel Leerlauf,’ sehr viele überflüssige Arbeitsgänge, die nicht durch gesetzliche Bestimmungen hervorgerufen wurden, sehr viele Arbeitsmethoden können verbessert und viele Arbeiten mechanisiert werden. Diesen Mängeln muß mit Hilfe von Arbeitsablaufstudien, Auslastungsstudien usw. im Detail nachgespürt werden. So werden Einsparungen ermöglicht werden, ohne daß einzelne Beamte übermäßig belastet werden müssen. Auch diese Aufgabe ist schwierig, sie kann aber in absehbarer Zeit bewältigt werden und sogar noch in diesem Budgetjahr nennenswerte Einsparungen ermöglichen.

Es besteht kein Zweifel, daß es der Regierung mit ihrem Sparwillen ernst ist und daß tatsächlich alles unternommen werden soll, um durch Einsparungen das Defizit zu beseitigen. Um dieses Ziel zu erreichen, muß aber dort der Hebel angesetzt werden, wo wirkliche Einsparungen möglich sind: die Arbeitsmethoden der öffentlichen Verwaltung müssen denen der Privatwirtschaft angepaßt werden.

Die Rationalisierung der Verwal- tungsarbeit wird nicht nur Geld bringen, sondern darüber hinaus auch einen rascheren und leichteren Verwaltungsablauf ermöglichen. Alle anderen Maßnahmen, auch wenn sie noch so spektakulär sind, können nur „optische“ statt effektive Resultate bringen.

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