Chris Lohner - © picturedesk / Starpix

Chris Lohner: "Ich war einfach da"

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Chris Lohner – „Stimme der Nation“ und TV-Legende – über ihren Kultstatus, die Unsterblichkeit und die Vorteile, ein Promi zu sein.

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Chris Lohner – „Stimme der Nation“ und TV-Legende – über ihren Kultstatus, die Unsterblichkeit und die Vorteile, ein Promi zu sein.

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Seit April 2019 schreibt Chris Lohner an ihrem 13. Buch, in dem sie ihre Jugend in Wien thematisiert (erscheint im März). Das FURCHE-Interview nimmt sie zum Anlass, um einen Tag Pause einzulegen. Sie hätte es die vergangenen Monate etwas übertrieben mit der Arbeit, erzählt Österreichs wohl bekanntester Rotschopf in ihrem Haus in Wien-Liesing. Im Sommer wird die TV-Legende und Stimme der ÖBB (täglich hören sie über 1,4 Millionen Pendler) 77 Jahre alt – für sie dennoch kein Grund, künftig kürzer zu treten.

Sie hat noch viel vor. „Reisen zum Beispiel oder Sprachen lernen.“ Fasziniert zeigt sich die regelmäßige Facebook-Userin und YouTuberin auch von der Digitaltechnologie. Sie sagt: An dem eigentlich blöden Spruch, ‚Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit‘, ist schon etwas dran.“

DIE FURCHE: Frau Lohner, wie erklären Sie sich Ihren Kultstatus?
Chris Lohner:
Das empfindet man ja selber nicht so. Aber was ich dazu sagen kann: Als ich 1973 zum Fernsehen gekommen bin, damals gab es weder Privatsender noch Internet, kam man an mir quasi nicht vorbei. Man schaltete das Gerät ein und ich war einfach da. Ob man mich mochte oder nicht. Man musste sich mit mir abfinden.

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DIE FURCHE: Wer sich 47 Jahre in der Öffentlichkeit behaupten kann, der muss etwas haben, das anderen fehlt. Was ist das bei Ihnen?
Lohner:
Offenbar habe ich etwas richtig gemacht, oder auch einen Nerv der Zeit getroffen. Einige attestieren mir Charisma. Ich weiß nicht, ob sie recht haben. Das kann ich über mich schlecht beurteilen. Was ich sagen kann: Ich war fleißig, neugierig und ich habe Freude ausgestrahlt. Ich hatte eben das Glück, mein Talent auszuleben.

DIE FURCHE: Auch mit Ihrer Stimme?
Lohner:
Dass meine Stimme so unverkennbar ist, dafür habe ich keine Erklärung. Für mich ist sie ganz normal. Ich bin damit groß geworden. Dass meine Stimme einen besonderen Wiedererkennungswert hat, das sagen die Leute oft zu mir. Für mich selbst ist das schwer nachvollziehbar. Aber offenbar stimmt es. Ich bekomme oft noch Post von Menschen, die schreiben, dass, wenn sie aus dem Urlaub nach Hause kommen und meine Stimme am Bahnsteig hören, das für sie ein Stück Nachhausekommen ist.

Chris Lohner - © picturedesk / Starpix

Chris Lohner

Chris Lohner ist eine österreichische Journalistin, Moderatorin, Kabarettistin und Schauspielerin sowie die langjährige Stimme der Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB).

Chris Lohner ist eine österreichische Journalistin, Moderatorin, Kabarettistin und Schauspielerin sowie die langjährige Stimme der Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB).

DIE FURCHE: Wann ist für Sie persönlich eine Stimme stimmig?
Lohner:
Es kommt immer auf den Wohlklang an. Das ist wie in der Musik. Manche mögen Barock, manche mögen das Moderne. Bei mir ist es so: Wenn etwas ganz hoch oben ist im Bereich des Gekreisches oder Gepiepses, das ist mir unangenehm.

DIE FURCHE: Was hat sich in puncto Sprechen geändert im Fernsehen, im Radio seit ihrer Anfangszeit?
Lohner:
Der Umgang mit der Sprache ist schlampiger geworden. Auch die Aussprache. Das fällt mir ab und zu auf. Dass etwa „dasselbe“ und „das Gleiche“ ständig verwechselt wird oder wenn permanent gesagt wird „das Monat“. Das sind Fehler, die man uns früher nicht hätte durchgehen lassen. Ich hatte eine Schauspiel-Ausbildung, dort lernt man unter anderem auch Sprechen. Und die Kollegen, die das nicht hatten, bekamen spezielle Schulungen. Sprache und Stimme sind zusammen ein Paket. Wer gut verstanden wird, dem hört man auch zu. Der Inhalt ist zugänglicher, wenn er von einer angenehmen Stimme vorgetragen wird.

Wer gut verstanden wird, dem hört man auch zu. Der Inhalt ist zugänglicher, wenn er von einer angenehmen Stimme
vorgetragen wird.

DIE FURCHE: Sie selbst gelten aufgrund ihrer ÖBB-Durchsagen als „Stimme der Nation“. Wie fühlt sich das an? Sind sie stolz darauf oder ist das eine Bürde?
Lohner:
Eine öffentliche Stimme kann mehr bewegen als eine anonyme. Ich bin auf eine gewisse Art eine Meinungsmacherin. Damit muss man verantwortungsvoll umgehen, aber es birgt auch die Chance, die Welt ein bisschen besser zu machen.

DIE FURCHE: Wann erheben Sie Ihre Stimme und für welche Zwecke?
Lohner:
Erst vergangene Woche habe ich, gemeinsam mit Greenpeace, eine persönliche Klage an den Verfassungsgerichtshof geschickt. Es geht um die Steuerbefreiung auf Kerosin bei Inlandsflügen. Nimmt man von Wien nach Innsbruck den Flieger, landen 31 Mal mehr klimaschädliche Emissionen in der Luft, als würde man Zug fahren. Das ist doch Irrsinn. Auch auf Facebook oder YouTube äußere ich mich regelmäßig. Ich habe Türkis-Blau kritisiert, mich auch an den Bundespräsidenten gewandt oder wie jüngst erklärt, wie beschämend ich die Hasspostings gegen Alma Zadic empfinde. Seit 2001 bin ich Sonderbotschafterin für die Hilfsorganisation „Licht für die Welt“, die sich für blinde und anders behinderte Menschen in Entwicklungsländern einsetzt. Auch habe ich für den WWF die Patronanz der Libelle, die vom Aussterben bedroht ist, übernommen.

DIE FURCHE: Was wollen Sie erreichen?
Lohner:
Ich will aufzeigen, wachrütteln. Ich bin Humanistin. Ich bin bei keiner Partei, bin weder links noch rechts. Ich bin in der Mitte. In meiner Mitte. Ich lehne mich auf gegen Rassismus, Antisemitismus, Menschenverachtung, Ungerechtigkeiten gegen Minderheiten, Zynismus. Ich habe von meinen Eltern, speziell von meinem Vater, gelernt, dass man respektvoll miteinander umgehen muss. Dafür stehe ich öffentlich ein.

DIE FURCHE: Wen wollen Sie eigentlich genau wachrütteln?
Lohner:
Ich will mehr Bewusstsein, mehr Harmonie im Miteinander dafür in diesem Land schaffen. Und da sollten die Politiker Vorbild für uns sein. Denn sie sind für uns da und nicht umgekehrt. Mit dem Geld der Steuerzahler gilt es, den Haushalt Österreichs zu führen und das ordentlich. Stattdessen verteilen sie das Geld falsch. Wie sonst ist es zu erklären, dass bei uns die Kinderarmut wächst und gleichzeitig Millionenprojekte einfach im Sand verlaufen. Das ist zynisch und menschenverachtend. Das macht mich wütend, weil es um das Wohl künftiger Generationen geht.

DIE FURCHE: Was wollen Sie erreichen?
Lohner:
Ich will aufzeigen, wachrütteln. Ich bin Humanistin. Ich bin bei keiner Partei, bin weder links noch rechts. Ich bin in der Mitte. In meiner Mitte. Ich lehne mich auf gegen Rassismus, Antisemitismus, Menschenverachtung, Ungerechtigkeiten gegen Minderheiten, Zynismus. Ich habe von meinen Eltern, speziell von meinem Vater, gelernt, dass man respektvoll miteinander umgehen muss. Dafür stehe ich öffentlich ein.

DIE FURCHE: Wen wollen Sie eigentlich genau wachrütteln?
Lohner:
Ich will mehr Bewusstsein, mehr Harmonie im Miteinander dafür in diesem Land schaffen. Und da sollten die Politiker Vorbild für uns sein. Denn sie sind für uns da und nicht umgekehrt. Mit dem Geld der Steuerzahler gilt es, den Haushalt Österreichs zu führen und das ordentlich. Stattdessen verteilen sie das Geld falsch. Wie sonst ist es zu erklären, dass bei uns die Kinderarmut wächst und gleichzeitig Millionenprojekte einfach im Sand verlaufen. Das ist zynisch und menschenverachtend. Das macht mich wütend, weil es um das Wohl künftiger Generationen geht.

Über das, was von mir bleibt, darüber denke ich nicht nach. Ich bin ein Jetzt-Geschöpf. Ich versuche, die Zeit zwischen Geburt und Tod zu nützen. Angst vor dem Tod habe ich nicht.

DIE FURCHE: Apropos Zukunft. Die ÖBB hat ihre Stimme digitalisiert. Sie wird vermutlich länger existieren als wir alle. Wie fühlt sich das an, dass ein Teil von Ihnen unsterblich geworden ist?
Lohner:
Witzig finde ich das, mehr nicht. Über das, was von mir bleibt, darüber denke ich tatsächlich nicht nach. Ich bin ein Jetzt-Geschöpf. Ich versuche, die Zeit zwischen Geburt und Tod zu nützen. Angst vor dem Tod habe ich nicht. Wir sollten nicht immer so tun, als gäbe es ihn nicht. Er ist unser täglicher Begleiter. Was ich dagegen fürchte, wie die meisten Menschen, ist ein langes Siechtum.

DIE FURCHE: In wie vielen Sprachen erheben Sie eigentlich Ihre Stimme?
Lohner:
Auf Deutsch, Englisch und Französisch. Und in einem leidlichen Italienisch. Zudem habe ich versucht, Gebärdensprache zu lernen. Ich möchte mich mit Gehörlosen austauschen können. Die ist aber sehr kompliziert, vor allem weil es keine international einheitliche gibt.

Lesen Sie auch die Denkmuster mit Lou Lorenz-Dittlbacher, Hubert von Goisern oder Elisabeth Fuchs!

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