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"Ein Satz im Jahr, sagte er, Schriftstellern sollte nicht mehr als ein Satz im Jahr erlaubt sein, dann würden wir vielleicht wenigstens ein paar interessante Sätze geliefert bekommen, und das Lesepublikum würde diese interessanten Sätze mit der Aufmerksamkeit lesen, die sie zweifellos erfordern würden." Jack Toledano ist Schriftsteller und wandelt mit einem ihm zuhörenden Freund nicht nur durch die Parklandschaften Londons.

Ohne mich zu bewegen und dennoch in Bewegung gebracht, habe ich durch meine Lektüre von Gabriel Josipovicis Prosa "Moo Pak" während der Weihnachtsfeiertage diesen Jack Toledano begleitet, von Park zu Park, von Thema zu Thema, von Buch zu Buch: ihm zuhörend, manchmal zustimmend nickend, manchmal heftig widersprechen wollend. Gerne wäre ich mit ihm ins Gespräch gekommen, nein: ich bin es ja, selbst wenn dieser Alleinredner mich Leserin - oberflächlich gesehen - gar nicht zu Wort kommen ließ, während er zu seinem Begleiter sprach: über "Swift, Codes, Affen, Gärten, Wahnsinn und Sprache", über Schriftsteller wie Shakespeare, Proust, Beckett und Kafka, über Kultur und Stille, über das Leben und das Buch, und dann vor allem über das Buch "Moor Park", an dem er, so sagte er, seit zehn Jahren schreibt, und das, so ahnte ich Leserin bald, wohl nie geschrieben worden sein wird, es sei denn als jenes Buch, das ich gerade las.

Vergeblich und doch sinnvoll

Dabei wollte ich gar nichts lesen, aber zu Weihnachten und zum Jahresbeginn passte dieses Buch nicht nur wegen der Forderung nach Stille, sondern auch, weil es das Schreiben zum Thema macht: Schreiben ist ja Bedürfnis und Mühe zugleich, geprägt von der paradoxen Erfahrung der Vergeblichkeit und Sinnhaftigkeit - und damit ist Schreiben wohl immer auch ein Sinnbild des Lebens. "Irgendwo gibt es ein Land, das entdeckt werden will, sagte er, ein Land irgendwo zwischen Zynismus und Idealismus. Ein riesiges Land. Ein unvorstellbar vielfältiges und schönes Land. Man wacht auf und glaubt, man wisse, wie man hineinkommt. Dann setzt man sich an seinen Schreibtisch, und die Straße verschwindet. Man ist wieder bei den alten Klischees gelandet. Den alten Fehlern. Menschliche Würde, sagte er. Wir müssen sie hochhalten. Aber gibt es etwas Lächerlicheres als den Menschen, der auf seiner Würde besteht? Nein, sagte er, wir können sie nur wahren, indem wir sind, was wir sind, und indem wir tun, was zu tun wir auf der Welt sind", räsoniert der Schriftsteller. "Aber Schreiben heißt Dinge zusammenfügen, sagte er, so daß das, was wir machen wollen, und das, was wir machen, nie zusammenkommt, sondern, sobald wir anfangen, unweigerlich in Konflikt miteinander gerät."

Das nächste BOOKLET erscheint am 3. Februar 2011 als Beilage in der FURCHE Nr. 5/11

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