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Internationale Kirchenmusikwoche

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Die neugegründete Abteilung für Kirchenmusik an der Akademie für darstellende Kunst in Graz begann ihre Tätigkeit mit der Gestaltung einer Internationalen Kirchenmusikwoche, deren Themenkreis eine Auseinandersetzung mit der durch die Konstitution des Konzils geschaffenen Situation in Liturgie und Musik war. Nach dem Grundreferat des Bischofs Exzellenz Doktor Zauner (Linz) sprach Universitätsprofessor Dr. Karl Amon über „Funktionsteilung in der Liturgiefeier“, der Leiter der Abteilung für Kirchenmusik, Dr. Philipp Harnon-court über „Neue Aufgaben der Kirchenmusik“, Prof. Hermann Kronsteiner über „Das deutsche Kirchenlied in der Liturgie“. Choralforschung und Choralpflege behandelte in einem dreistündigen wissenschaftlichen Vortrag Dr. P. Urbanus Bomm (Maria Laach), Möglichkeiten und Grenzen deutscher Gregorianik Prof. Dr. Walther Lipphardt (Frankfurt). „Gesangliche Erziehung der Gemeinde“ war das Thema der Ausführungen von Diözesanpräses Hans Nikiaus und Prof. Heinrich Rohr (Mainz), und für das „Volk Gottes als singende Gemeinde“ fand Stadtpfarrer Josef Ernst Mayer (Wien) ebenso herzhafte als verpflichtende Worte. Das Referat des Präsidenten der Giazer Musikakademie. Prof. Doktor Erich Marckhl, war der beruflichen Erziehung und Bedeutung des Kirchenmusikers gewidmet. In den Gottesdiensten der Woche wurden die neuen Forderungen im gegebenen Rahmen auch praktisch durchgeführt.

Was haben wir uns unter der „neuen Situation“ in Liturgie und Musik vorzustellen? Zunächst gar nichts wirklich Neues, sondern die am Urchristentum orientierte Besinnung auf das zutiefst Wesentliche. Priester und Gemeinde feiern die Liturgie, ihnen stehen die Gebete und Gesänge zu. Dem Priester stehen hierbei Diakon und Subdiakon zur Seite, ebenso der Lektor, aus der Gemeinde bilden sich Kantor, Schola und Chor als führende Gruppen des Volksgesanges. Sie können den Gesang des Volkes nicht ersetzen, wie der Diakon nicht den Priester ersetzen kann, wenn sie auch wie dieser gelegentlich eigene Aufgaben erfüllen. Gemeindegesang gehört zum integrierenden Bestandteil der Liturgie. Deshalb ist neben dem Lateinischen bei allen Formen des Gottesdienstes die Muttersprache erlaubt. Die Gesänge der Messe sollen nach Möglichkeit Ubersetzungen der lateinischen Texte sein und sind als solche dem nur ungefähr zutreffenden Text eines Zeitliedes vorzuziehen. Dieser Ruf ergeht allerdings vorerst an die Komponisten, die nach dem Wortlaut der Konstitution aufgefordert werden, einfache, dem Volk entsprechende Gesänge zu schaffen.

Es ist natürlich, daß wir den herrlichsten Schatz unserer Kirchenmusik, den Gregorianischen Choral, mit unserer Muttersprache zu verbinden bestrebt sind. Dies ist nicht auf geradem Weg durch einfache Wortunterlegung möglich; es bedarf vielmehr der Vorsicht und subtilen Kunst der Kenner. Immerhin werden aus Choralmotiven deutsche Gesänge zu bilden sein, wie dies vereinzelt bereits geschehen ist.

Was aber soll mit dem anderen Schatz, der mehrstimmigen lateinischen Kirchenmusik geschehen? Nun, sie soll gesungen werden! Eines schließt das andere nicht aus. Die Gemeinde, die gewohnt ist, ihre musikalische Aufgabe in der Liturgie zu erfüllen, wird zu besonderem Anlaß auch gerne eine Mozart-Messe hören. Die „neue Situation“ soll keinerlei Verarmung, sondern durch die neuen Formen eine ungeahnte Bereicherung sein. Auch die Grazer Woche hatte ihre lateinische Kirchenmusik, nicht nur ihre deutsche.

Das Randprogramm der Woche Umfaßte geistliche Konzerte: ein Orgelkonzert von Prof. Franz Ittenberger, einen Abend moderner geistlicher Musik (Gesänge von Webern, Istvan Zelenka, Hugo Distler und die Missa von Strawinsky in vorbildlicher Wiedergabe), ein dritter Abend brachte die Lukaspassion von Heinrich Schütz zu Gehör.

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