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Manierismus und Hoflehner-Plastiken

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Girolamo Francesco Maria Mazzola (1503 bis 1540), genannt Parmigianino, war einer der sensibelsten und bedeutendsten Künstler des frühen Manierismus. Durch seine Bilder — und mehr noch durch seine Radierungen — übte er in Italien und im nördlichen Europa großen Einfluß aus. So ist bei ihm eine der Wurzeln der Schule von Fontainebleau zu suchen, durch seine Wirkungen auf Nic-colö dell'Abbate und Primaticcio. Parmi-gianinos Formenwelt entstand nicht mehr aus der unmittelbaren Auseinandersetzung mit der Natur und der Antike, sondern aus subjektiver Willkür, die ästhetischem Ausdrucksverlangen gehorchte. Sie zeichnet sich durch dünnblütige Eleganz, nervöse Empfindsamkeit, Abbau des Räumlichen und Auflösung der Körperlichkeit aus, eine fast ekstatische Haltung, deren geistiger Hintergrund in der Zeit der Gegenreformation begründet ist. Die kunsthistorisch interessante Ausstellung der Albertina, „Parmigianino und sein Kreis“, entspricht dem aktuellen Interesse, das dem Manierismus heute — zu Recht oder zu Unrecht — entgegengebracht wird. Eine Neubearbeitung der Bestände hat eine große Anzahl von Originalwerken des Künstlers ans Licht gehoben, vereint mit den Werken aus seiner Einflußsphäre werden sie hier dargeboten. Werden auf der einen Seite auch alle Schwächen manieristischer Gestaltung klar — Ablösung der Form von der Funktion, Schematisierung und Übersteigerung —, so verdankt man der Ausstellung anderseits die Bekanntschaft mit den hochinteressanten Clair-obscur-Holzschnitten Ugo da Carpis und zwei schöne Zeichnungen Andrea Schiavones. Kulturhistorisch gesehen, bietet die Ausstellung einen eindrucksvollen Überblick über das Netz von Beziehungen, das sich von einem wesentlichen, wenn auch nicht großen, Künstler ausgehend übeT einen Teil Europas spannte. Die stärkste künstlerische Leistung Parmigianinos liegt nach wie vor in seinem „Jugendselbstbildnis im Hohlspiegel“ des Kunsthistorischen Museums.

Das Museum des 2 0. Jahrhunderts zeigt 41 Fisenplastiken Rudolf H o f 1 e h n e r s, die fast alle nach seinem großen Erfolg auf der Biennale 1960 in Venedig entstanden. Hoflehners Plastiken sind nicht Arbeiten im fer forgi im Sinne Gonzales — mit dessen „Sitzender Frau“ im oberen Stock man gut tut, sie zu vergleichen — oder im Sinne der raumdurchspannenden Konstruktionen und metamorphen Klitterungen Picassos, sondern assoziative Arrangements aus Abfallprodukten der Maschinenwelt. Die „plastische Gestaltung“ besteht in der Kombinationsgabe und der gelegentlichen Korrektur der vorfabrizierten Formenteile durch den Schneidbrenner. Diese Plastiken, deren gelegentliche Monumentalität auf dem Rohmaterial beruht, suggerieren nicht Raum, sondern Bedeutung, vor allem jene, die Marcuse (so echt deutsch) die „Vitalfunktion“ des Menschen nennt. Am stärksten wirken sie bei größerer Komplexität oder in Nr. 8 — „Figur“, Nr. 21 — „Dynamische Figur“ und Nr. 22 — „Große männliche Figur“. In der Menge der Objekte wird eine gewisse Formel sichtbar, was gerade bei Plastik, die nicht auf Gestaltung, sondern Findung beruht, vermieden werden sollte. Diese Tendenz wird durch die nicht durchdachte Aufstellung, die ähnliches zusammensetzt, noch unterstrichen. Der rote Anstrich der letzten Arbeiten wirkt sehr unglücklich, ebenso der Bildteil des Katalogs, der mit seinen graphischen Sünden wie der einer Eisenhandlung wirkt.

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