
mumok: Die vielen Bühnen in der Kunst
Das mumok präsentiert in „ON STAGE“ rund 150 Positionen zum Thema Auftritt und (Selbst-)Darstellung in der Kunst.
Das mumok präsentiert in „ON STAGE“ rund 150 Positionen zum Thema Auftritt und (Selbst-)Darstellung in der Kunst.
Cindy Sherman, die in verschiedenste Rollen schlüpft. Maria Lassnigs Körpergefühlsmalerei. Anna Artakers Personenalphabet, Hermann Nitschs Orgien Mysterien Theater oder Gilbert & Georges „Piss Heads“: Weit gefasst wird der „Bühnen“-Begriff im mumok. Die Ausstellung „ON STAGE“ zeigt rund 150 Arbeiten aus der Zeit seit 1960, die alle etwas Performatives an sich oder jedenfalls mit dem Thema (Selbst-)Darstellung zu tun haben. Das startet beim literarischen Cabaret der Wiener Gruppe, in dem sich H. C. Artmann, Gerhard Rühm, Friedrich Achleitner und Oswald Wiener in der Tradition des dadaistischen Theaters mit der experimentellen Verwendung von Sprache auseinandersetzten. Ebenfalls am Anfang der Schau, den man auf österreichische Positionen konzentriert hat, steht Hermann Nitschs Orgien Mysterien Theater; und – vermutlich weniger Menschen bekannt – die Aktivistengruppe Mathilda, die das autoritäre und teils kriminelle Verhalten Otto Muehls in der nach ihm benannten Kommune künstlerisch an den Pranger stellt. In einem Video nötigt Muehl einen Jungen zum Auftritt und zum Biertrinken, bis diesem sogar die Tränen herunterrinnen. Dass die vermeintlich so offene Gesellschaft in der Kommune eine war, in der Gewalt drohte, wird auf beklemmende Weise offenbar. Um Unterdrückung geht es auch oft in den Werken der damals aufkommenden feministischen Szene. Wie sich Künstlerinnen wie Marina Abramović und Valie Export gegen die Dominanz in patriarchalen Verhältnissen wehrten, ist ebenfalls Thema des Beginns der Schau.
Bühnen der Doppelbödigkeit
Aus diesem Vorraum gelangt der Besucher in mehrere Stockwerke voller Arbeiten, vornehmlich aus der mumok-eigenen Sammlung, die nationale und internationale Positionen zum Thema Bühne im weitesten Sinn mannigfaltig ausbreiten. Da sieht man filmische Transformationen von Maria Lassnig ebenso wie eine Küchenschürze von Birgit Jürgenssen, in der Frau und Herd verschmelzen. Cindy Sherman nimmt verschiedenste Identitäten an, Stefan Wewerka lässt Sessel und Selbstporträt verschmelzen. Surreal-theatrale Züge sieht man in Markus Schinwalds von eigenwilligen Verrenkungen geprägten Fotos. Selbst zum Motiv werden kann der Besucher oder die Besucherin in der „Autofokusfalle“ von Michael Schuster – wer sich fotografierte, wird gleichsam Teil der Ausstellung, wiewohl die im mumok nebenbei sichtbaren Fotos nicht die gerade entstandenen sind.
Auf monumentale Art auf die Verknüpfung von Macht und Spiel hinzuweisen, gelingt Anna Boghiguian mit ihrem Schachspiel. Historische Figuren werden auf dieser metaphorischen Bühne in ihrer Doppelbödigkeit dargestellt. Man erkennt vielleicht Marie Antoinette ebenso wie Bertha von Suttner, Josephine Baker, Sigmund Freud und Jean-Jacques Rousseau, aber auch Aribert Heim, der „Schlächter von Mauthausen“, ist dabei.
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