6699913-1963_23_15.jpg
Digital In Arbeit

Nähe und Ferne

Werbung
Werbung
Werbung

Im Künstler hau6 finden derzeit nicht weniger als drei große Ausstellungen statt, die von Österreich über Rumänien bis in die Türkei führen. In den Sälen des Erdgeschosses findet man die beiden Gedächtnisausstellungen, die dem Bildhauer Anton Hanak (1875 bis 1934) und dem Maler Anton Kolig (1886—1950), beide in Mähren geboren, gewidmet sind. Aus der Distanz des Jahres zeigt sich das Werk Hanaks als tragische Unerfülltheit. In den gedankenbelasteten Bronze- und Gipsfiguren wirkt allein — wie in den Zeichnungen — die Silhouette, der Ausdruck und nicht die plastische Energie, in den Marmorfiguren fehlt das Maß, die gliedernde Tektonik und Form. Das Streben nach dem Monumentalen geschah mit einer seltsamen Unentschlossenheit, hinter der der Mangel an klärender Formanschauung sichtbar wird. Auch Koligs Werk blieb ein Torso. Die Ansätze, die sehr früh im „Lesenden“, den Schaukal-Bildern, im „Hauptmann Boleslawsky“, im „General Seibt“ und am schönsten im „Bergtal“ sichtbar werden, weisen auf eine traditionelle, temperamentvolle Malerei, deren Einflüsse von der Münchner Schule bis zu Corinth reichen. Der Wirkung des letzteren ist aber zum Teil das Überhandnehmen einer gewissen Vulgarität zuzuschreiben, jene bunte Lautheit, die seit 1933 immer mehr um sich greift und über einen peinlichen Neonatu-ralismus zu den farbigen und formalen Exzessen der Spätzeit mit ihrer pathetischen und egozentrischen Allegorik führte. Sehr wenig ist bei Kolig Bild geworden und verläßt man die Ausstellung, so ist man gezwungen, sich zu fragen, worin eigentlich die sagenhafte „Nötscher-Schule“ bestand.

Die Ausstelllung „Rumänische Malerei und Plastik“ wird eindeutig und überwältigend von fünf Arbeiten Constantin Brincusis (bei uns als Brancusi bekannt) dominiert. Sie allein machen es wert, das Künstlerhaus zu besuchen. Die plastische Kraft dieses für die moderne Plastik entscheidenden Bildhauers, der seit 1904 in Paris lebte, wo er 1957 verstarb, zeigt sich am eindringlichsten im „Gebet“ und inder stilisierten ersten Fassung

des „Bildnis Pogany“. Der „Kinderkopf“ und der „Kuß“ sind bemerkenswerte Etappen auf dem Weg dieses überragenden Bildhauers, der zu letzter, aber noch immer auf die Natur bezogener formaler Klärung und Askese führte. Die Gestalt des „Gebetes“ allein verweist alles andere im Künstlerhaus in den Bereich unbedeutender Provinz, da sie sich im Zentrum künstlerischer Formvorstellung befindet. Auch den an und für sich liebenswürdigen Maler Alexandru C i u c u r e n c u, der in seinen besten Arbeiten den Einfluß der französischen Malerei des Spätimpressionismus mit Geschmack demonstriert, aber an der Oberfläche bildnerischer Probleme bleibt. Eine stark reduzierte Auswahl wäre hier von Nutzen gewesen. Boris C a r a g e a schließlich gehört zu den offiziellen Bildhauern, deren „Stil“ Anerkennung bei jenen Regimen findet, die Wert auf scheinbare Monumentalität und Repräsentation legen.

Die türkische Malerin Asuman K i 1 i c schließlich, deren Arbeiten im Französischen Saal zu sehen sind, ist eine jener „Allerweltsabstrakten“, die eine undifferenzierte harte Farbigkeit gleichermaßen mit gelegentlicher Einfühlung wie mit „Findungen“ verbinden. Das ungezügelte Temperament kann die absolut mangelnde Gestaltung nicht ersetzen.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung