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Peter Bischofs Kapelle

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Im Stift Melk haben die Benediktinerpatres mit der Ausgestaltung des Vorraumes der ehemaligen Konviktskapelle durch einen modernen Künstler ein mutiges Zeichen gesetzt.

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Im Stift Melk haben die Benediktinerpatres mit der Ausgestaltung des Vorraumes der ehemaligen Konviktskapelle durch einen modernen Künstler ein mutiges Zeichen gesetzt.

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Der Raum der Melker Benediktus-Kapelle war ursprünglich Teil der Sommerprälatur des Abtes, diente in den Jahren 1850 bis 1872 als Studentenkapelle, wurde dann als Schlafsaal genutzt, 1946/47 wurde sie in die Konviktskapelle umgewandelt und erhielt 1966 durch den Architekten Ottokar Uhl ihre heutige Form, um der nachkonziliaren Meßgestaltung zu entsprechen.

Nun hat der Maler und Graphiker Peter Bischof, dem die künstlerische Gestaltung christlicher Themen immer wieder eine Herausforderung ist, seit 1990 den Vorraum der Kapelle mit Fresco-Secco-Male- reien über das Leben des heiligen Benediktus geschmückt. Damit hat in einem Juwel barocker Baukunst die Formensprache des ausgehenden 20. Jahrhunderts Berücksichtigung gefunden, was für den Mut und die Dialogbereitschaft der geistlichen Herren unter der Leitung von Abt Burkhard Ellegast spricht.

Bischof begründet seine Gestaltung mit folgenden Worten: „Ich möchte den heiligen Benedikt beim Schreiben der Regel malen! Ich glaube, daß in unserer Zeit, in der jeder seine Individualität zu leben sucht, vielfach die Grenzen des anderen verletzt und überschritten werden — ein Chaos der gegenseitigen Grenzüberschreitungen, Verletzungen der Umwelt, des Lebens, der Humanität ist die Folge: „Da ist das Leben nach einer ,Regel“ die Überlebenschance.“ Es wundert daher nicht, daß Bischof als erstes tatsächlich den heiligen Benedikt mit auf die Schrift gerichtetem Blick umgeben von Zuhörern und Zauderern malte.

Für den Künstler bedeutete diese Darstellung auch eine Abkehr von seinen bisherigen Arbeiten: Bisher hatte er keine konkreten Gesichter mit physiognomischen Einzelheiten gemalt. Und trotzdem gelang es ihm, seine eigene Bildwelt einzubringen.

Nicht nur, daß die Figurengrup- ien sich aus dem bisherigen Schafen klar ableiten lassen, Bischof tonnte auch Themen behandeln, denen er sich schon früher gestellt hatte. So setzte er den Tod - vor mehreren Jahren entstand ein Diptychon zum Thema „Totentanz“ — in eine auseinanderstrebende Menschengruppe, um bildlich den Konflikt zwischen Gesetz und Gefühl darzustellen. Ein Leben ohne Gefühl führe ebenso in den Untergang wie ein Leben ohne Gesetz, meint der Künstler.

TOD DES HL. BENEDIKT IM BILD

Selbstverständlich widmete Bischof eine Reihe von Darstellungen auch den zahlreichen Legenden aus dem Leben des heiligen Benedikt. So ist er beispielsweise mit seiner Schwester Scholastika dargestellt. Besonders interessant ist der Tod des heiligen Benedikt ins Bild gerückt. Umgeben von einer Menschenpyramide wird der Sterbende zum Licht gehoben, seine Hand greift in den Himmel.

Unter der Sterbeszene steht ein fröhlicher Rabe (ein Rabe hat den Ordensstifter vor Vergiftung gerettet), der zu der Gruppe um den die Regel schreibenden Heiligen nach Aussage des Künstlers zu rufen scheint: „Machts weiter, Burschen!“. Diesen aufmuntemden Satz pflegt auch der Abt zu zitieren, wenn er über die Fresken im neugestalteten Vorraum der Kapelle spricht. Schon 1988 hatte Bischof - gemeinsam mit seinem Maler-Freund Helmut Krumpel — im Prälatenhof des Stiftes „Die vier Kardinaltugenden“ in Fresco-Secco-Malerei gemalt.

Deutlich -frird, daß die Neugestaltung des Kapellenvorraumes ein Aufeinanderzugehen beider Seiten bewirkte: Der Künstler erkannte, daß eine in die Pflicht genommene Kunst bisweilen die reine Ästhetik zugunsten des Inhalts zurückstellen muß, die Ordensmänner wiederum erfuhren, daß Kunst oft zu überraschenden Aussagen kommt.

Und wie intensiv der Dialog der beiden Seiten gediehen ist, zeigt sich am schönsten am Wunsch des Abtes, daß neben dem fröhlichen Raben doch auch ein trauernder auf der Wand zu finden sein solle. Wie aus den Entwurfsskizzen erkenntlich, gab es den schon und es könnte durchaus sein, daß Peter Bischof diesem Wunsch nachgibt.

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