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Aber, Herr Kollege!

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Alexandre Astruc ist ein prominenter Pariser Filmkritiker. Der Teufel muß ihn geritten haben, wenn er jetzt partout, statt gute Kritiken zu schreiben, schlechte Filme machen will. Mit seinem dritten Film, „Une v i e” („E in Frauenlebe n”), hat er auf der Biennale die Kollegen, die ihn schätzten, in nicht geringe Verlegenheit gebracht. Dabei wäre heute, im psychologischen Neoverismo, Maupassant gar nicht so schwer zu verfilmen. Wir haben immerhin bis heute drei passable „Bel-ami”-Ver- filmungen, Renoirs „Landpartie”-Fragment u. a„ „Une vie” allerdings erst einmal vorher (1947: Finnland). Das hat schon seinen Grund; die Geschichte von der Frau, deren Mann sie mit der Zofe und der Gattin des Freundes betrügt,’ ist reichlich quälend, der Mann ist ein Mannsbild, und die Lammsgeduld der Frau nicht mehr ganz natürlich. Da helfen auch Renoirs verzweifelte Kamerabemühungen, die madige Stichigkeit des Eastmancolor durch stimmungssatte Motive von der Normandieküste aufzusprengen, nicht viel: der Film knarrt in allen Gelenken, das Publikum lacht, die Schell weint und weint und schnurrt noch mit Tränen in den Augen um den grauslichen Kater. Es ist zum Verzweifeln.

Und wieder der Krieg … Der Wüstenkrieg in Afrika, der große deutsch-englische Zweikampf (auffallend verlegen drückt sich die italienische Produktion um das Thema) ist in dieser Woche auch durch einen deutschen und einen englischen Film repräsentiert. Der deutsche, „Rommel ruft K a i r o”, bezieht aus dem Spionagefall Eppler fast dokumentarische Züge; Adrian Hoven und Peter van Eyck geben dem spannenden Geschehen scharfe Konturen. Menschlicher, fairer geriet der englische ..Eiskalt in Alexandrien”. Die nationale Verbrüderung einer unterschiedlichen Gruppe auf der Höllenfahrt von Tobruk nach Alexand.ien erinnert irgendwie an „Niemandsland”.

Der Hauch schwermütiger Poesie liegt über der Romanverfilmung denn der Wind kann nicht lese n”. Fast ist der Krieg hier der Unterlegene und die Liebe (zwischen dem englischen Offizier und der Japanerin) auch noch im menschlichen Untergang Siegerin. Ein unsagbar reizvolles Profil — Yoko Tanis — hebt diese moderne englische Butterflyfassung aus hundert Vorgängern.

Amerikas erstes Bühnen-Musical, „Oklahoma”, dessen sensationeller Bühnenerfolg am Broadway vom Krieg tief in die Friedenszeit reichte, hat der gebürtige Wiener Fred Zinnemann vor fünf Jahren in der Riesenpracht des beginnenden Mike-Toddismus und wohl auch noch mit Resten der Erinnerung an den Glanz der Wiener Tanzoperette inszeniert. Es gibt eine farbige Prunk-, Tanz- und Musikentfaltung ohnegleichen, mit Ruhepunkten, Höhepunkten — und leisen Anläufen zu Ermüdung und Erschöpfung.

In Deutschland reicht es in solchen Dingen noch zu einem so sauberen und schmissigen Spielchen mit Caterina Valente wie „Hier bin ich — hier bleib ich”. In Oesterreich liegen Operette, Singspiel und Musical tot. Warum eigentlich?

Filmschau (Gutachten der Katholischen Filmkommission für Oesterreich), Nr. 10, vom 7. März 1959: III (Für Erwachsene und reifere Jugend): „Der weiße Teufel von Arkansas” — IV (Für Erwachsene): „Auferstehung”, „Ewiger Rembrandt” , „Die Liebe der Marjorie Morningstar”, „Sturm über Eden”, „Tobruk”, „Der Vampyr von Soho” — IV a (Für Erwachsene mit Vorbehalt): „Geliebte Bestie — VI (Abzulehnen): „Nackt wie Gott sie schuf”, „Stockholm, 2 Uhr nachts”. — = bemerkenswerter Film.

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