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Auf „schlauen" Wegen durch Griechenland

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Es gibt Sehnsüchte, die schiebt man vor sich her, fest darauf vertrauend, daß sie sich eines Tages erfüllen werden. Heuer erfüllte sich mein Wunsch einer Reise nach Griechenland. Da hatte ich einst die „Sagen des klassischen Altertums" verschlungen, dann im humanistischen Gymnasium Homer und Plato in der Originalsprache gelesen, mit Dramenfiguren wie Antigone oder Orest mitgefiebert, in der Kirche immer wieder Texte aus Paulusbriefen an griechische Gemeinden gehört und doch bisher versäumt, das betreffende Land aufzusuchen. Nun erst führte mich im Oktober 1997 die fur-che-Leserreise „Stätten des Paulus und der Antike" nach Griechenland.

Wie mir muß es vielen gehen. Nach dem Flug nach Thessaloniki kam es am Abend im Hotel zu einer „Vorstellrunde" der 25 Reiseteilnehmer. Obwohl es durchwegs vielgereiste und hochgebildete Leute waren - vor allem Mediziner, Pädagogen, Priester, Techniker - kannten die meisten noch nicht das griechische Festland.

Was soll man über die Stationen der Reise berichten, ohne in eine simple Aufzählung zu verfallen? Lassen sich die vielen Empfindungen mitteilen? Was ist nicht alles in lebhafter Erinnerung geblieben: das Nachdenken über die Anfänge des europäischen Christentums in Philippi, wo die Cäsarmörder ihre letzte Schlacht verloren und der Apostel Paulus nach der Taufe der Purpurhändlerin Lydia im Gefängnis saß; die Faszination der Felsenregion der Meteora-klöster, zu denen man einst in Körben hinaufgezogen werden mußte; der Besuch in der Werkstatt eines Ikonenmalers; das Staunen vor prachtvollen Ikonen, Fresken oder Mosaiken in alten Sakralbauten, zum Beispiel im Kloster Osios Loukas; der fröhliche Lauf durchs Stadion von Delphi; der feierliche Schauer angesichts der Königsgräber in Mykene oder der Tempel auf der Athener Akropolis; der Klang der fallenden Münzen im für seine phantastische Akustik berühmten antiken Theater in Epidauros; der Augenblick am Areopag, wo Paulus einst den unbekannten Gott verkündet, doch auf sein Reden von der Auferstehung nur als Antwort erhalten hatte: „Darüber wollen wir dich ein andermal hören."

Eine Woche Griechenland bedeutet ständige Konfrontation mit europäischer Kultur, nicht nur in Thessaloniki, der europäischen Kulturhauptstadt 1997, deren Wahrzeichen, den Weißen Turm, die Venezianer im 15. Jahrhundert zum Schutz gegen die Türken errichteten. Kaum ein Ort, eine Ruine, ein Museum, ein Sakralbau, zu dem es nicht Interessantes zu sagen gab, kaum ein Name, der nicht Assoziationen auslöste - vom wie üblieh von Wolken umgebenen Götterberg Olymp angefangen über den Musenberg Parnass oder die Stadt Thiva (einst das siebentorige Theben, die Heimatstadt des Ödipus und der Antigone, aber auch des Evangelisten Lukas) bis zu Akrokorinth, das schon in Schillers „Die Kraniche des Iby-kus" des Wanderers Blicken winkte.

Reiseleiter Peter Hofrichter, Professor für Patrologie und Alte Kirchengeschichte an der Universität Salzburg hatte alles Wissenswerte parat, las überall die passenden Texte aus der Bibel oder vom antiken Reiseführer Pausanias vor und machte vieles am Urchristentum verständlich. Die Erkenntnisse der modernen Bibelwissenschaft (etwa daß die Hälfte der biblischen Paulus-Briefe nicht von Paulus stammt) vertrat er überzeugend, aber ohne Anspruch auf Unfehlbarkeit. Nadia, die einheimische Reiseleiterin, sehr fachkundig und menschlich, lehrte uns, daß es in Griechenland neben dem normalen immer auch einen „schlauen" Weg gibt. Kleine Extras - die Athos-Ausstellung in Thessaloniki, die Höhlenkapelle der heiligen Paraskevi oder das Denkmal bei den Thermopylen - bauten sie und Professor Hofrichter mühelos ins Reiseprogamm ein. Chauffeur Christos ließ nie ein Gefühl der Unsicherheit aufkommen.

Bis auf ein Hotel, das aber nur eine Nacht Quartier war, lobten die Teilnehmer den Reiseverlauf. Wetterglück war vorhanden- erst beim Abflug von Athen gab es einen Wolkenbruch. „Biblische Reisen Österreich" bietet diese Tour übrigens regelmäßig an. Vielleicht sehen einander manche Leser dieses Beitrages bei Philippi oder auf einer der nächsten furche-Leserreisen wieder.

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